Wie ehrenamtliches Engagement für Ältere digital gelingen kann
Das bürgerschaftliche Engagement - nicht nur der älteren Menschen - wandelt sich stetig. Damit einhergehend verändern sich auch die Anforderungen an die Einrichtungen und Organisationen, die mit Engagierten zusammenarbeiten. Bereits vor der Coronapandemie gab es in vielen Einrichtungen Ideen, wie die Zusammenarbeit mit den Engagierten in Teilen digitalisiert werden könnte. Durch die Pandemie hat diese Entwicklung nun in vielerlei Hinsicht einen Schub erfahren. Mit einem Mal mussten neue Wege gegangen werden, um mit den Menschen zu kommunizieren, das Engagement zu koordinieren und zu begleiten. Gleichzeitig mussten die Organisationen ihre internen Strukturen und Projekte entsprechend anpassen. Es ergaben sich neue Engagementfelder, in denen sich ältere Menschen einbringen konnten, und viele Mitarbeitende standen vor der Herausforderung, sich mit diesen Entwicklungen zurechtfinden zu müssen.
Nur die wenigsten Organisationen hatten eine Digitalisierungsstrategie. Vielmehr wurde ad hoc und spontan auf Werkzeuge zurückgegriffen, die gerade verfügbar waren, um das Beste aus der Situation zu machen. Es mangelte oft an technischem Know-how, an Hardware und an Anweisungen, wie mit der neuen Situation umgegangen werden konnte.
"Das Telefon wurde mit einem Mal wieder zu meinem wichtigsten Kommunikationsmittel." Diese Aussage eines Quartiersmanagers war bezeichnend. Eingeordnet in ein Arbeitsumfeld zwischen Homeoffice, Laptop der Kinder und privatem Handy zeigte diese Situation zweierlei: zum einen den verantwortungsvollen Umgang mit der sowie das Bewusstsein für die Zielgruppe und die Aufgabe, Kontakte zwischen Menschen zu ermöglichen. Auf der anderen Seite das Problem einer nicht vorhandenen durchgängigen digitalen Kommunikationsinfrastruktur auf beiden Seiten.
Nach und nach etablierten sich digitale Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten, die jedoch nicht für alle zugänglich waren und es auch weiterhin nicht sind. Trotz Videokonferenzen, Messenger-Gruppen und digitalen Hilfe- und Nachbarschaftsportalen verschwanden viele Menschen aus dem Blickfeld der Organisationen. Insbesondere traf es die Älteren, die nicht an "moderne" Kommunikationsmedien angeschlossen oder im Umgang damit geübt waren. Ohne Kontakt oder Technik kann eine:r Einsteiger:in nur schwer der Umgang mit der benötigten Technik erklärt werden. Gerade aber die Zielgruppe der älteren und ungeübten Nutzer:innen benötigt diese intensive und zeitaufwendige direkte Ansprache, um digital teilnehmen zu können.
Angebotsstrukturen sind zusammengebrochen
Eine weitere Entwicklung, die aus vielen Einrichtungen der Altenarbeit berichtet wurde, ist das Zusammenbrechen von Angebotsstrukturen während der Pandemie. Nach mehr als rund zwei Jahren fast nicht stattfindender "Live"-Angebote haben Menschen sich teilweise anders orientiert oder sind für die Einrichtungen nicht mehr erreichbar. Die ursprünglichen Motive für das Engagement, wie zum Beispiel soziale Kontakte, die persönliche Weiterentwicklung, eigene Erfahrungen einzubringen oder etwas mitzugestalten, konnten nicht mehr in bekannter Weise bedient werden. Strukturen müssen also neu aufgebaut werden, sofern sie nicht (weiterhin) brachliegen sollen.
Nachdem die Pandemie hoffentlich fast im Griff ist und die so oft zitierte "neue Normalität" begonnen hat, ergeben sich daraus auch Chancen für die Organisationen und neue Engagementfelder für ältere Menschen.
Zielgruppe miteinbeziehen
Im Mittelpunkt der weiteren Überlegungen steht die Frage, wie digitale Technik bei der Umsetzung folgender Ziele helfen kann.
◆ Wie kann die Lebensqualität der Bewohner:innen im Quartier oder in der Einrichtung verbessert werden?
◆ Wie kann eine zielgerichtete und schnelle Beratung angeboten werden?
◆ Wie kann ich schneller und passgenauer im Quartier informieren und kommunizieren?
◆ Wie kann die Begleitung der Engagierten unterstützt werden?
◆ Oder auch: Wie können neue Engagierte gewonnen werden?
Durch Kreativprozesse können alle bisherigen Zwänge beiseitegelegt und neue Angebote und Prozesse entwickelt werden. Engagierte und betroffene Personen von Beginn an einzubeziehen verhindert eine einseitige organisationsorientierte Sicht. Vorteilhaft ist es, eine Digitalisierungsbegleitung hinzuzuziehen, da Erfahrungen und Wissen transferiert und Möglichkeiten und Grenzen im weiteren Prozess besser ausgelotet werden können.
Vorurteilen gegenüber älteren Menschen entgegentreten
"Das können die älteren Menschen doch gar nicht" ist ein Vorurteil, das leider oft zu hören ist und in zweierlei Kontexten angewendet wird. Zum einen, wenn es um die Teilnahme an digitalen Angeboten oder die Nutzung digitaler Instrumente geht, und zum anderen von ehrenamtlich Engagierten, die Teilaspekte in digitalen Angeboten übernehmen und entwickeln möchten.
Die moderne Erwachsenenbildung weiß jedoch, dass sich Lernen im Alter anders darstellt. Der Nutzen der zu erlernenden Technik steht bei vielen älteren Menschen im Mittelpunkt des kritischen Interesses. Welchen Mehrwert bringt die eingesetzte Technik für meinen Alltag? Werden durch die Teilnahme oder mein Engagement meine Bedürfnisse und Wünsche erfüllt? In vielen Fällen ist eine intensivere Einführung und Begleitung notwendig. In jedem Fall sollte aber die Motivlage der Interessierten berücksichtigt werden.
Es wird davon ausgegangen, dass für engagierte Menschen, die sich bereiterklären, anderen zu helfen oder mitzuwirken, eine Begleitung durch eine hauptamtliche Person hilfreich bis unabdingbar ist. Diese sollte den äußeren Rahmen bereitstellen, Ressourcen ermöglichen, die Qualifizierung und Begleitung der Helfenden organisieren sowie Stütze sein und Halt geben. Es sollte nicht vergessen werden, dass im Zeitalter fortschreitender Digitalisierung auch die hauptamtlichen Mitarbeitenden selbst Lernende sind und auch fort- und weitergebildet werden müssen.
Ältere vermitteln Älteren digitales Wissen
Um ältere Menschen zu erreichen - und insbesondere die, die bislang außen vor stehen -, bietet sich an, ältere Menschen als Technik-Lots:innen und -coaches zu gewinnen. Diese können anderen Älteren technisches Wissen in verschiedensten Formen, von der Sprechstunde oder dem App-Café bis hin zur Online-Kursleitung vermitteln. Wenn diese Grundlage geschaffen ist und Menschen eine Anlaufstelle für ihre technischen Fragen haben, können andere digitale Angebote im Quartier oder der Einrichtung darauf aufsetzen.
Ältere Engagierte können für die Öffentlichkeitsarbeit und Nachbarschaftsnetzwerke genauso begeistert werden wie für die Entwicklung eigener Angebote. Dies können Stadtteilbegehungen, anwendungsbezogene Einführungsschulungen, Lese-Cafés per Videokonferenz, Screencasts, Podcasts, Sitzgymnastik-Anleitungen, Messenger-Ketten, nachbarschaftliche Hilfen, Installationen von Alltagstechnologien oder Hilfen bei der Teilnahme am digitalen Gottesdienst sein.
Auch wenn ehrenamtlich engagierte ältere Menschen gewonnen werden sollen, spielt die Zielgruppe selbst eine entscheidende Rolle. Kein Werbemedium und keine Social-Media-Plattform ist im Sozialraum so effektiv wie die persönliche Empfehlung. Um neue oder ergänzende Zielgruppen zu erreichen, generationenübergreifende Kontakte zu knüpfen oder die interne Kommunikation zu fördern, sollte frühzeitig auf digitale Instrumente gesetzt werden. Es ist jedoch wichtig, den Kern des bürgerschaftlichen Engagements nicht aus den Augen zu verlieren und diesen mit den Organisationsinteressen abzugleichen.
Wenn digitale Technologien eingeführt werden, kann es nur darum gehen, die Wünsche und Bedürfnisse der Menschen besser und passgenauer zu bedienen. Die Instrumente sollen helfen, tragfähige soziale Netzwerke im Sozialraum aufzubauen, um die Teilhabe im Alter zu ermöglichen und zu gewährleisten.
Tafeln unter Druck
Dabei sein ist alles
Ein Quartier für alle
Digitale Teilhabe: souverän und sicher im Internet
Gestärkte Teilhabe: Träger sollten ihr Portfolio erweitern
Schutz für Kinder
Für Vielfalt, Wandel und Zukunftsfähigkeit in der Sozialwirtschaft
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