Entlastung schmälert humanitäre Hilfe
Es ist gut, dass die deutsche Regierung sich Anfang September auf das dritte Entlastungspaket geeinigt hat. Die sozialen Folgen steigender Energiekosten können mit den dafür vorgesehenen 65 Milliarden Euro spürbar abgemindert werden. Trotzdem bleibt zu befürchten, dass vor allem einkommensschwächeren Teilen der Bevölkerung hierzulande ein harter Winter bevorsteht. Bei aller berechtigten Sorge sollten wir aber im Blick behalten, dass es uns in Deutschland auch im kommenden Winter vergleichsweise gut gehen wird.
Im internationalen Kontext erleben wir seit Monaten, wie der Krieg in der Ukraine immer größere Kreise zieht. Unsere Caritas-Partner in Syrien berichteten bereits eine Woche nach Kriegsausbruch von exorbitant steigenden Preisen für Brot. Ganz ähnliche Nachrichten erreichen uns aus Afrika - deckte doch der Kontinent ungefähr ein Drittel seines Weizenbedarfs aus der Ukraine und Russland.
Laut den Vereinten Nationen stieg die Zahl der vom Hunger bedrohten Menschen im vergangenen Jahr um 46 Millionen auf nun 828 Millionen Menschen. Fast 100 Millionen mehr, als in Europa leben. Neben dem Krieg in der Ukraine sind die Gründe dafür die wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronakrise sowie die Folgen des Klimawandels, die insbesondere am Horn von Afrika zu einer verheerenden Dürre geführt haben.
Allein das Wissen darum, dass die Menschen, die am meisten unter den Folgen des Klimawandels leiden, am wenigsten dazu beigetragen haben, müsste eigentlich ausreichen, damit sie sich unserer Solidarität gewiss sein sollten. Leider hat die politische und mediale Fokussierung auf den Krieg in der Ukraine dazu geführt, dass internationale Geberländer bereits gemachte Zusagen im Rahmen der humanitären Hilfe nicht wie versprochen erfüllen. Auch die Bundesregierung plant die Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit gegenüber dem laufenden Jahr um 2,3 Milliarden Euro zu senken. Die humanitäre Hilfe soll um 700 Millionen Euro gekürzt werden.
Bei allem Verständnis für innenpolitische Notwendigkeiten ist es viel zu kurz gedacht, ausgerechnet hierbei zu sparen. Weltweiter Hunger und Armut führen zu einer Zunahme an Konflikten und diese wiederum zu Flucht und Vertreibung. Wie sehr alles miteinander verwoben ist, lässt sich derzeit in Pakistan gut beobachten: Der Klimawandel führte zu einer verheerenden Flut und die Flut dazu, dass der Winterweizen nicht ausgesät werden kann. Es droht Hunger - und mit wem verhandelt die pakistanische Regierung über Weizenlieferungen? Mit Russland.