„Zehn Zusagen für Mitarbeitende in der Caritas“ geben die Tonart vor
Ende Mai 2022 hat die Geschäftsstelle der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) den Entwurf einer neuen Grundordnung des kirchlichen Dienstes (GrO) veröffentlicht; diese neue Ordnung soll bis zum Jahresende durch die Vollversammlung der DBK verabschiedet werden. Mit der Veröffentlichung sind der Deutsche Caritasverband (DCV) und andere Beteiligte eingeladen worden, zu dem Entwurfstext Position zu beziehen.
Die Caritas hat in einer ersten Stellungnahme das Beteiligungs- und Diskussionsverfahren begrüßt, das die DBK dem angestrebten Beschluss voranstellt. Sie befürwortet auch den neuen Ordnungstext als Grundlage für die Gestaltung der Dienstgemeinschaft in Kirche und Caritas und für einen dringend notwendigen Paradigmenwechsel: An die Stelle individueller Verpflichtungen der Mitarbeitenden in Bezug auf ihre persönliche Lebensführung betont der Ordnungsentwurf die gemeinsame Verantwortung von Dienstgebern und Mitarbeitenden, das katholische Selbstverständnis in den Einrichtungen sichtbar werden zu lassen. Der Entwurf der neuen Grundordnung folgt beispielsweise in seinem Tenor den "Zehn Zusagen für Mitarbeitende in der Caritas", die die Kommission Caritasprofil der Delegiertenversammlung erarbeitet und der Caritasrat in seiner Sitzung im März 2022 freigegeben hatte.1 Im August hat der Vorstand des DCV nach Konsultation mit den Mitgliedern des Caritasrates und den Fachverbänden eine Stellungnahme zum Entwurf abgegeben.
Die Neuerungen im chronologischen Überblick
Im Gegensatz zur derzeitigen "Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse" spricht der Textentwurf nur noch von der "Grundordnung des kirchlichen Dienstes". Konsequenterweise sollen nun auch ehrenamtliche Tätige in den Geltungsbereich der Ordnung (Artikel 1 GrO) aufgenommen werden.
Der DCV begrüßt grundsätzlich diese Erweiterung, weil Ehrenamtliche in Kirche und Caritas eine wichtige Funktion haben; die Dienstgemeinschaft wird durch ihr Engagement mitgeprägt. Es ist jedoch aus Sicht der Caritas klarzustellen, dass die arbeitsrechtlichen Regelungen für Ehrenamtliche nicht angewandt werden können.
Der Grundordnungsentwurf erläutert in Artikel 2 GrO stärker als bisher die Eigenart und die Grundprinzipien des kirchlichen Dienstes sowie die Verantwortung der Rechtsträger für den Erhalt und die Stärkung des christlichen Selbstverständnisses in katholischen Einrichtungen.
Nach dem Textentwurf (Artikel 3 GrO) können alle Mitarbeitenden unabhängig von ihren konkreten Aufgaben, ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrem Alter, ihrer Behinderung, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung und ihrer Lebensform Repräsentant:innen der unbedingten Liebe Gottes und damit einer den Menschen dienenden Kirche sein, solange sie eine positive Grundhaltung und Offenheit gegenüber der Botschaft des Evangeliums mitbringen und den christlichen Charakter der Einrichtung achten.
Stärker als bisher werden in Artikel 4 GrO Handlungsaufträge und Ziele für den Dienstgeber formuliert. Auch wenn es sich um Programmsätze handelt, wird deutlich, dass Dienstgeber beispielsweise verantwortlich sind für eine Gleichstellung von Frauen und Männern im kirchlichen Dienst oder für die Gewährleistung der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf. Die Personalführung in den Einrichtungen muss die Entfaltung der fachlichen Qualifikation und Charismen der Mitarbeitenden im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit fördern.
Ausgeweitet werden soll die Bestimmung zur Fort- und Weiterbildung, die derzeit am Ende der Grundordnung eher ein Schattendasein führt und nun mit Artikel 5 GrO in die Mitte des Regelungstextes rücken soll. Bedeutsam dabei ist, dass alle Mitglieder der Dienstgemeinschaft nicht nur Anspruch auf berufliche Fort- und Weiterbildung haben, sondern ihnen auch geeignete Fort- und Weiterbildungen angeboten werden sollen, um spezifische spirituelle, religiöse und ethische Kompetenzen erwerben zu können, die dazu beitragen, das christliche Selbstverständnis der Einrichtungen zu stärken.
Hinsichtlich der persönlichen Eignung von Mitarbeitenden in kirchlichen Dienstverhältnissen unterscheidet der Entwurf der Grundordnung zwischen Anforderungen bei der Begründung des Dienstverhältnisses (Artikel 6 GrO) und im laufenden Dienstverhältnis (Artikel 7 GrO). Wie bisher wird von allen Mitarbeitenden die Identifikation mit den Zielen und Werten der katholischen Kirche erwartet. Personen, die das Selbstverständnis der Einrichtung inhaltlich prägen, mitverantworten und nach außen repräsentieren, kommt eine besondere Bedeutung zu; sie sollen daher katholisch sein.
Der Grundordnungsentwurf sieht bei der Einstellung von Mitarbeitenden vor, dass solche Bewerber:innen nicht angestellt werden, die sich kirchenfeindlich betätigen oder aus der katholischen Kirche ausgetreten sind.
Die Caritas blickt differenzierter auf das Thema Kirchenaustritt
Der Deutsche Caritasverband vertritt demgegenüber einen differenzierten Umgang mit dem Thema Kirchenaustritt. Es sollen personenbezogene Aspekte des Kirchenaustritts sowie die generelle Haltung der Mitarbeitenden in die Bewertung des Sachverhaltes einfließen können. Deshalb schlägt die Caritas vor, dass generell nicht eingestellt wird, wer sich kirchenfeindlich betätigt, und dies in der Regel für Personen gilt, die aus der Kirche ausgetreten sind. Dies lässt im Einzelfall andere Entscheidungen zu.
Im laufenden Dienstverhältnis werden Loyalitätsanforderungen in erster Linie auf das Verhalten im Dienst bezogen. Außerdienstliches Verhalten ist rechtlich nur bedeutsam, wenn es öffentlich wahrnehmbar ist, grundlegende Werte der katholischen Kirche verletzt und dadurch deren Glaubwürdigkeit beeinträchtigt wird. Der Kernbereich privater Lebensgestaltung, vor allem das Beziehungsleben und die Intimsphäre, bleibt rechtlichen Bewertungen entzogen. Arbeitsrechtlich bedeutsam ist lediglich kirchenfeindliches Verhalten, das nach den konkreten Umständen objektiv geeignet ist, die Glaubwürdigkeit der Kirche zu schmälern. Der Grundordnungsentwurf sieht weiter vor, dass bei katholischen Mitarbeitenden der Austritt aus der katholischen Kirche in der Regel zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt, von der ausnahmsweise abgesehen werden kann, wenn schwerwiegende Gründe des Einzelfalls diese als unangemessen erscheinen lassen. Der Deutsche Caritasverband setzt sich dafür ein, dass nicht nur ausnahmsweise, sondern generell von einer Beendigung abgesehen werden kann, wenn schwerwiegende Gründe des Einzelfalls diese als unangemessen erscheinen lassen.
Dritter Weg soll auch weiter gelten
Sehr ausführlich soll in Artikel 8 GrO der sogenannte Dritte Weg geregelt werden. Dabei will die katholische Kirche - im Gegensatz zur evangelischen Kirche - weiterhin ausschließlich an der Gestaltung der Arbeitsbedingungen durch paritätisch besetzte Kommissionen festhalten und keine (kirchengemäßen) Tarifverträge zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervereinigungen zulassen.
Ungeachtet dessen besteht auch für alle Mitarbeitenden des kirchlichen Dienstes Koalitionsfreiheit (Artikel 9 GrO); dies umfasst auch die Werbung für den Beitritt zu Koalitionen wie Gewerkschaften.
Nach Artikel 10 GrO gilt auch weiterhin das Mitarbeitervertretungsrecht zur Beteiligung der Mitarbeitenden der Einrichtungen an den Entscheidungen des jeweiligen Dienstgebers.
Über den vorgelegten Grundordnungsentwurf hinaus setzt sich der Deutsche Caritasverband dafür ein, dass eine neue Grundordnung nach fünf Jahren, unter Einbindung der verschiedenen Beteiligten des kirchlichen Dienstes, evaluiert wird.
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