Enge Verflechtungen
Für unsere alt gewordenen Eltern, für die wir Sorge tragen, verlassen Frauen ihre osteuropäischen Heimatländer und lassen oft genug dafür ihre eigenen Kinder und Eltern zurück. Aus Syrien fliehen die Menschen zu Tausenden, und nicht wenige von ihnen suchen in unserem Land Schutz und Sicherheit. Unsere Kleidung wiederum bringt uns in Berührung mit den Lebensumständen der Menschen, die sie hergestellt haben. Menschen arbeiten unter elenden Bedingungen, während sie Kleidungsstücke weben, färben, nähen, damit wir sie billig kaufen können. Arbeitsschutz, geregelte Arbeitszeiten, soziale und ökologische Standards sind für sie Fremdwörter. Und es ist noch nicht lange her, dass aufgrund amerikanischer Immobiliengeschäfte viele Menschen die Sorge um das selbst Ersparte umgetrieben hat. Erschreckend deutlich wurde dabei, wie eng verflochten Märkte und Lebenswelten sind.
"Weit weg ist näher, als du denkst", dieser Claim der Jahreskampagne 2014 fasst in Worte, dass Solidarität und Gerechtigkeit weltweit gelten - und mit dem eigenen Verhalten beginnen.
Im Jahr 2014 will der Deutsche Caritasverband (DCV) mit seinem Hilfswerk Caritas international unter dem genannten Motto die weltweiten wirtschaftlichen Verknüpfungen und Verflechtungen thematisieren und damit einen Beitrag zu einer humaneren Globalisierung leisten. Diese wäre durch eine nachhaltige Wirtschafts- und Lebensweise und eine solidarische Weltgemeinschaft gekennzeichnet. In unserer Lebenswelt sind Mobiltelefone anschauliche Beispiele für die Anliegen der Kampagne 2014. Eine Forderung lautet daher, dass Hersteller von Elektronikgeräten verpflichtet werden sollten, die Einhaltung der Menschenrechte über die gesamte Lieferkette nachzuweisen.
Seinem Leitbild gemäß setzt sich der DCV dafür ein, dass Benachteiligte weltweit zu ihrem Recht kommen und künftige Generationen eine lebenswerte Umwelt vorfinden. Im Rahmen der Kampagne 2014 und mit der Initiative für Solidarität und gesellschaftlichen Zusammenhalt (2012-2014) wird die Caritas in Deutschland Aktionen und Aktivitäten entwickeln, die zu einer nationalen und internationalen Solidarität beitragen.
"Weit weg ist näher, als du denkst" - diese Erfahrung macht in der Erzählung vom barmherzigen Samariter (Lk 10,25ff.) der Mann, der nach einem Raubüberfall halbtot auf der Straße liegen bleibt. Die Erzählung fordert Nächstenliebe als ein Handeln ein, das vor dem Tod rettet. Dabei werden drei Personen mit der Situation konfrontiert. Die ersten beiden, hochrangige religiöse Vertreter, entpuppen sich als falsche Helden, weil sie auf die Situation nicht opferbezogen reagieren. Der Samariter, einer, der vermeintlich weit weg ist, "erbarmt sich". Er behandelt die Wunden und veranlasst die weitere Versorgung des Opfers. Er löst die Situation ethisch-pragmatisch. "Geh und handle genauso!" - so der Auftrag Jesu. Wir haben noch viel zu tun, um diesem Auftrag gerecht zu werden, und oft müssen wir bei uns selbst beginnen, um Verhältnisse weit weg zu verändern.