Malteser: Ehrenamt will gemeinsam gestaltet sein
Ehrenamtliches Engagement hat für die Malteser schon seit den Anfängen eine herausragende Bedeutung. Insbesondere der Malteser Hilfsdienst versteht sich als ehrenamtlich geprägter und vom Ehrenamt getragener Verband. Mehr als 50.000 Menschen engagieren sich in den unterschiedlichsten Diensten der katholischen Hilfsorganisation. Und Ehrenamtliche übernehmen bei den Maltesern seit jeher auch Führungsverantwortung, an den rund 500 Standorten der Malteser bis in die obersten Gremien.
Der gesellschaftliche Wandel und die damit verbundenen Veränderungen in Art und Umfang des Engagements stellen das Erfolgsmodell des Malteser Hilfsdienstes, der in diesen Tagen sein 70-jähriges Bestehen begeht, vor Herausforderungen. Dazu zählen die abnehmende Bindung an Vereine und Institutionen und der Trend hin zu spontanem oder projekthaftem Engagement. Gleichzeitig führt die hohe Regelungsdichte in qualifizierten Diensten, wie sie die Malteser erbringen, insgesamt zu einer rückläufigen Bereitschaft, Verantwortung zu tragen.1
Die Malteser haben bereits vor zehn Jahren einen breit angelegten Strategie- und Organisationsentwicklungsprozess angestoßen, um ihren ehrenamtlichen Kern zu bewahren und fit für die Zukunft zu machen. Die Schlüssel dazu sind eine gute Führung im Ehrenamt, eine lebendige Verbandskultur und attraktive Engagement-Bedingungen.
Im Herbst 2022 wollten die Malteser zum zweiten Mal nach 2015 in einer Vollbefragung von allen ihren Ehrenamtlichen wissen, wie sie die Bedingungen ihres Engagements einschätzen. Die Zusammenarbeit mit einem Münchner Institut stellte sicher, dass methodisch seriös und unter Einhaltung des Datenschutzes befragt wurde und die Ergebnisse als repräsentativ gelten können. Fast 8000 Ehrenamtliche haben per Post oder E-Mail geantwortet. Die für eine solche Befragung beachtliche Rücklaufquote von 18,1 Prozent liegt noch einmal drei Prozentpunkte über der Beteiligung an der Erstbefragung vor acht Jahren.
Hochzufrieden - aber nicht wunschlos glücklich
Ziel der Befragung war zunächst eine Bestandsaufnahme: Wie geht es den Ehrenamtlichen bei den Maltesern? Wie zufrieden sind sie mit ihrer Tätigkeit, mit den Rahmenbedingungen, und wie bewerten sie die Führung, das Miteinander und die Gestaltungsmöglichkeiten?2
Insgesamt ist die Zufriedenheit der Ehrenamtlichen hoch: Fast alle Befragten (93 Prozent) sind der Ansicht, dass man bei den Maltesern anderen Menschen gut helfen kann. 77 Prozent würden ihr Ehrenamt anderen weiterempfehlen. Die Befragung lässt erkennen, woran das liegt: Drei von vier Ehrenamtlichen (72 Prozent) sind mit den Rahmenbedingungen zufrieden (siehe Abbildung 1). 78 Prozent der Befragten erleben die Malteser als vertrauensvolle und wertschätzende Gemeinschaft. Und 80 Prozent geben an, auch in emotional belastenden Situationen Rückhalt zu erhalten. Insgesamt fühlen sich 65 Prozent der Ehrenamtlichen gut geführt. Sogar 84 Prozent geben an, dass die Führungskräfte erreichbar sind, wenn sie gebraucht werden. Dies ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil die meisten Führungskräfte ihre Funktion selbst ehrenamtlich ausführen.
Die Malteser sind eine katholische Organisation, bei der die tätige Nächstenliebe im Vordergrund steht: Für zwei Drittel der Befragten ist ihr Helfen Ausdruck gelebten Glaubens. Die Einladung, mehr Glaubenserfahrung mit den bereits vorhandenen Angeboten zu machen, wollen die Malteser künftig noch deutlicher aussprechen.
Weitere Zukunftsaufgaben zeigen sich bei Digitalisierung und Transparenz. Derzeit werden die gerade in den Jahren der Pandemie geschaffenen digitalen Angebote, wie Schulungen zur Nutzung der Malteser Cloud oder auch digitale Ehrenamts-Abende, erst von der Hälfte der Befragten als Unterstützung wahrgenommen.
Führungsrolle für Frauen attraktiver machen.
Optimistisch stimmt, dass 46 Prozent der Befragten sich vorstellen können, sich in den Gremien der Malteser zu engagieren - 52 Prozent würden auch eine Führungsrolle einnehmen. Dieses Potenzial gilt es zu heben - und, wie die Befragung zeigt, auch für (junge) Frauen noch attraktiver zu gestalten.
Die Befragung diente auch einer Standortbestimmung im Organisationsentwicklungsprozess: Trägt die intensivierte Ehrenamtsarbeit der letzten Jahre Früchte? Lassen sich Fortschritte aufzeigen, die auch von den Ehrenamtlichen so wahrgenommen werden? Dies wurde anhand von sieben zentralen Fragen gemessen. Im Rückwärtsvergleich zu 2015 zeigt sich in allen Punkten eine signifikante Verbesserung (vgl. Abbildung 2). Das gilt besonders für die Unterstützung durch hauptamtlich Mitarbeitende (+ 16 Prozentpunkte) und die Gewinnung neuer Ehrenamtlicher (+ zwölf Prozentpunkte).
Mit den Ergebnissen der Befragung wird derzeit auf allen Verbandsebenen weitergearbeitet.3 Damit verbunden ist die Einladung an die Basis, weiterhin aktiv an der Gestaltung ihres jeweiligen Ehrenamts mitzuwirken. Dafür stehen aus dem bisherigen Prozess umfangreiche Erfahrungen und erprobte Beteiligungsformate zur Verfügung.
Die Führungskräfte prägen entscheidend, wie die ehrenamtlich Engagierten die Malteser wahrnehmen. Sie sind damit sowohl ein wichtiger Hebel für eine hohe Zufriedenheit unter den Ehrenamtlichen als auch ein Personenkreis, den die Malteser weiter besonders fördern wollen, etwa durch weitere Entlastung von administrativen Tätigkeiten durch hauptamtlich Mitarbeitende in den Geschäftsstellen oder durch die Bildung von gleichberechtigten Führungstandems aus Ehren- und Hauptamtlichen. Im Mai 2024 treffen sich 500 Führungskräfte der Malteser aus ganz Deutschland in Seeheim bei Darmstadt zum dritten Kongress "Führen im Ehrenamt". Drei Tage lang werden ihre Themen und ihre Qualifizierung im Mittelpunkt stehen.
Die Malteser werden auf ehrenamtliche Führung und Mitgestaltung auch in Zukunft nicht verzichten, und sie wollen weiterhin möglichst viele Menschen für das Ehrenamt begeistern. Die Organisation hat in den zurückliegenden Krisen viel Aufmerksamkeit und Zulauf registriert. Höchst engagierte Menschen sind in ihren Reihen: 59 Prozent der Ehrenamtlichen sind seit mindestens fünf Jahren dabei. 68 Prozent aller Befragten sind einmal in der Woche oder häufiger im Einsatz. Fast jede:r Zweite ist in mehr als einem Dienst aktiv. Angesichts großer gesellschaftlicher Herausforderungen und Nöte wird der Malteser Hilfsdienst als große katholische Hilfsorganisation auch im siebzigsten Jahr seines Bestehens gebraucht.4 Das in seinen Reihen organisierte ehrenamtliche Engagement ist als helfender und integrierender Faktor nicht nur hochgradig wirksam, sondern unverzichtbar. Die Ehrenamtsbefragung zeigt auf, dass eine konsequente Ehrenamtsarbeit diese wertvolle Ressource stärken kann, wenn die Ehrenamtlichen beteiligt werden und den Mehrwert ihres Mitwirkens erleben können.
Anmerkungen
1. Waren 1999 noch 36,8 Prozent ehrenamtlich in leitenden Tätigkeiten engagiert, so waren es 2019 lediglich 26,3 Prozent. Siehe Simonsen, J. et al. (Hrsg.): Freiwilliges Engagement in Deutschland. Zentrale Ergebnisse des Fünften Deutschen Freiwilligensurveys (FWS 2019). Berlin, 2021, S. 32.
2. Der Fragebogen bestand aus 35 Fragen zu fünf Themenbereichen: "Rahmenbedingungen", "Erfolgreiches Miteinander", "Transparente Kommunikation und Teilhabe", "Bestärkende Führung" und "Glauben und Helfen". Hinzu kamen eine offene Frage "Warum ich mich für die Malteser entschieden habe und mich weiterhin gerne bei den Maltesern engagiere" sowie Angaben zum Tätigkeitsfeld und zur jeweiligen Malteser-Biografie.
3. Insgesamt wurden fast 300 Berichte für die verschiedenen Organisationseinheiten erstellt. Aus Anonymitätsgründen mussten mindestens sieben Personen je Einheit teilgenommen haben, um eine Auswertung zu ermöglichen.
4. Aktuelle Zahlen dazu, welch hohen Stellenwert die Bevölkerung dem Ehrenamt bei der Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen wie Klimawandel, Pandemie, Naturkatastrophen oder Einsamkeit beimisst, liefert der Malteser Ehrenamtsmonitor (www.malteser.de/ehrenamtsmonitor). Im Auftrag der Malteser untersucht das Befragungsinstitut YouGov dreimal jährlich in einer repräsentativen Umfrage Einstellungen und Engagementbereitschaft der Menschen in Deutschland.
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