Die Zustiftung – ein Eigentor?
Die Caritas verwirklicht ihre Zwecke mittels verschiedener Rechtsformen. Neben Vereinen und GmbHs sind auch Stiftungen häufig ein geeignetes Instrument. Wollen Privatpersonen oder juristische Personen Stiftungen finanziell unterstützen, sollte mit Bedacht agiert werden.
Üblicherweise werden Zuwendungen an Stiftungen in zwei Kategorien unterteilt: Spenden zur zeitnahen Verwendung und Zustiftungen zum dauerhaften Erhalt. Letztere darf die Stiftung nicht verbrauchen, da sie Teil des Grundstock-Vermögens sind. Nur ihre Erträge werden für den Stiftungszweck herangezogen. Spenden hingegen müssen von gemeinnützigen und kirchlichen Stiftungen innerhalb des laufenden und der nächsten beiden Kalenderjahre verwertet werden. Mustersatzungen von Stiftungsbehörden gehen meist implizit von einer Beschränkung auf diese beiden Optionen aus. Auch Fachleute limitieren ihre Beratung häufig auf diese zwei Instrumente.
Der Nutzen von Zustiftungen ist allerdings häufig gering. Das gilt insbesondere für Stiftungen, deren Satzung nicht den nominalen, sondern den realen Vermögenserhalt festschreibt. Vermögenserträge müssen dann zunächst die Geldentwertung ausgleichen. Nur mit dem überschießenden Teil dürfen sie die eigentlichen Aufgaben der Stiftung erfüllen. Wegen der angestiegenen Teuerung und negativen Realzinsen sind sie herausgefordert. Für den realen Vermögenserhalt der Zustiftung müssen folglich zum Teil weitere Finanzquellen erschlossen werden. Die Zustiftung ist deshalb bisweilen keine Erleichterung für den Stiftungsvorstand, sondern eine zusätzliche Last.
Zustiftungen sind unflexibel
Ein zweischneidiges Schwert ist die Zustiftung nicht nur wegen der Pflicht zum Vermögenserhalt. Sie ist auch unflexibel. Wohltäter:innen wollen etwas Positives bewirken: die Altenpflege fördern, das Gemeindeleben stärken, das Klima schützen. Das geschieht aber nur dann, wenn Geld vom Konto abgehoben und für diese Zwecke verwendet werden darf.
Bei Überlassung substanzieller Beträge an eine Stiftung entspricht ein dritter Weg der Intention von Zuwendenden und den Bedürfnissen der Stiftung meist besser: die Zuwendung in die Kapitalrücklage. Die Kapitalrücklage gehört zum langfristigen Eigenkapital der Stiftung, aber nicht zum auf Dauer zu erhaltenden Grundstockkapital. Kapitalgeber und Stiftung können die Funktion der Kapitalrücklage frei vereinbaren. Sie kann Erträge generieren, den Vermögenserhalt absichern, das Förderniveau verstetigen, Notgroschen sein oder verbraucht werden.
Das Instrument der Kapitalrücklage ist spätestens seit 2013 durch die Stellungnahme des Instituts der Wirtschaftsprüfer zur Rechnungslegung von Stiftungen (IDW RS HFA 5) anerkannt. Steuerlich gilt sie bei gemeinnützigen Stiftungen in der Regel als "Zuwendung zur Erhöhung des Vermögens" (§ 62 Abs. 3 Nr. 2 Abgabenordnung) und unterliegt deswegen nicht der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung. Aufseiten des Förderers ist die Zuwendung im gleichen Jahr in Höhe von bis zu 20 Prozent des Gesamtbetrages der Einkünfte absetzbar. Der darüber hinausgehende Betrag kann in den Folgejahren geltend gemacht werden (§ 10 b Abs. 1 Satz 9 EStG). Insoweit besteht ein Unterschied zur Zustiftung, die bereits im ersten Jahr in Höhe von bis zu einer Million Euro (Alleinveranlagte) beziehungsweise zwei Millionen Euro (Zusammenveranlagte) geltend gemacht werden kann.
Zustiftungen können sich als Klotz am Bein erweisen. Nützlicher ist die Zuwendung in die Kapitalrücklage.
Anmerkung
Der vorliegende Artikel basiert auf einem Beitrag der Autoren in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 3. August 2022.
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