Bundesgeförderte Asylverfahrensberatung: Damit Menschen zu ihrem Recht kommen
Die Bundesregierung will - so der Koalitionsvertrag - eine behördenunabhängige, flächendeckende Asylverfahrensberatung (AVB) fördern. Damit wird eine langjährige Forderung der Verbände der freien Wohlfahrtspflege umgesetzt. Einige wegweisende Entscheidungen zur Einführung der AVB wurden bereits getroffen, andere Fragen stehen noch aus.
Was ist Asylverfahrensberatung?
Ein Asylverfahren kann die Frage nach Leben und Tod berühren. Sein Ausgang ist entscheidend dafür, ob Asylsuchende Schutz vor Verfolgung oder existenzbedrohenden Gefahren finden. Wenn den Schutzsuchenden Informationen fehlen, sie ihre Fluchtgründe nicht ausreichend vortragen oder ihre besonderen Bedarfe unentdeckt bleiben, hat dies nicht nur juristische Folgen für die betroffene Person, sondern womöglich auch existenzielle. Asylsuchenden fehlen oft die Kenntnisse der deutschen Sprache und Rechtsordnung, um sich selbstständig in dem Behördenlabyrinth des Asylverfahrens zurechtzufinden.
Hier setzt die AVB an: Qualifizierte Sozialarbeiter:innen beraten die Schutzsuchenden individuell zum Asylverfahren, informieren zu Rechten und Pflichten und unterstützen bei der Beschaffung von verfahrensrelevanten Dokumenten.
Was ist der aktuelle Stand?
Wohlfahrtsverbände, Kirchen und Nichtregierungsorganisationen halten seit Jahren aus eigenen Mitteln und Landesmitteln unabhängige Beratungsangebote zum Asylverfahren vor. Dieses Angebot ist jedoch nicht flächen- und bedarfsdeckend. In einigen Bundesländern gibt es keine behördenunabhängigen Beratungsangebote zum Asylverfahren.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) führte seit 2019 eine Beratung von Asylsuchenden in der Form von Gruppen-Informationsveranstaltungen in Eigenregie durch, geregelt in § 12 a AsylG. Auch eine individuelle Beratung durch BAMF-Mitarbeitende konnte in Anspruch genommen werden. Allerdings beschränkt sich der Inhalt der behördlichen Beratung auf allgemeine Informationen zum Asylverfahren. Die in diesem existenziellen Feld notwendige Rechtsberatung und individuelle Unterstützung sind dort nicht vorgesehen.
Wo stehen wir jetzt?
Seit Anfang 2022 stehen die Verbände der BAGFW in einem engen Austausch mit dem zuständigen Bundesinnenministerium zur Einführung der bundesfinanzierten AVB. Zunächst wurden Zielsetzung, Inhalt und Umfang der Beratung besprochen. Die AVB ist demnach eine freiwillige, behördenunabhängige und individuelle Beratung, die auch eine Rechtsberatung umfasst. Sie leistet einen Beitrag zur Identifizierung besonderer Schutzbedarfe der Asylsuchenden. Im Rahmen der Einführung der AVB sollen spezielle Beratungsstellen für queere und weitere besonders vulnerable Schutzsuchende eingerichtet werden.
Auf dieser Basis erfolgte die Änderung des § 12 a Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylG) im Winter 2022 im Gesetz zur Beschleunigung der Asylverfahren und Asylklageverfahren. Das Gesetz sieht nunmehr vor, dass die AVB behördenunabhängig durchgeführt werden soll, laut Gesetzesbegründung vor allem durch die Träger der freien Wohlfahrtspflege.
Für das Jahr 2023 sind im Bundeshaushalt 20 Millionen Euro vorgesehen, mit denen in allen Bundesländern Beratungsstrukturen aufgebaut werden sollen (Verteilung gemäß Königsteiner Schlüssel). Ende Januar 2023 veröffentlichte das BAMF als zuständige Behörde den Förderaufruf zur AVB, zusammen mit einem Merkblatt für die förderfähigen Kosten. Bis Ende Februar waren die Verbände der BAGFW und weitere interessierte Akteure dazu aufgerufen, Interessenbekundungen einzureichen. Die BAGFW geht gemeinsam vor und hat den Landes- und Diözesanverbänden ein abgestimmtes Verfahren vorgelegt. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass sich weitere Organisationen aus dem Feld an der AVB oder an der besonderen Rechtsberatung für queere und weitere besonders vulnerable Schutzsuchende beteiligen wollen.
Wie geht es weiter?
Ein wichtiges Ziel der Verbände im Rahmen der Gespräche mit dem Bundesinnenministerium und den Parteien der Regierungskoalition ist eine auskömmliche und nachhaltige Förderung für die AVB. Bei einigen wichtigen Punkten, zum Beispiel bezüglich der Eingruppierung der Beratungskräfte, konnte die BAGFW wichtige Zugeständnisse im vorliegenden Merkblatt zur Förderung erreichen. Auch weiterhin werden sich die Verbände dafür einsetzen, dass die Förderung einen nachhaltigen Aufbau der Beratungsstrukturen erlaubt. Durch den Fachkräftemangel, die steigenden Energiekosten und geringer werdenden Möglichkeiten, Eigenmittel einzubringen, sind die Träger der Migrationsdienste bereits jetzt unter Druck.
Noch offen sind aktuell Fragen hinsichtlich der Qualifizierung und Qualitätssicherung, des Controllings und viele mehr. Der Aufbau eines so komplexen Beratungsfeldes stellt Herausforderungen an die Caritas und erfordert, dass die Expertise aller Ebenen eingebunden wird. Dafür wurde bereits im Jahr 2021 ein bundesweites Themennetzwerk eingerichtet. Ein enger Austausch ist auch unabdingbar, da die mancherorts bestehende Förderung für die AVB durch Landesmittel entfallen wird, wenn eine Bundesfinanzierung besteht. Oberstes Ziel des Deutschen Caritasverbandes ist es, einen reibungslosen Übergang zwischen den Förderungen zu gewährleisten, die Expertise im Verband zu erhalten und mit dazu beizutragen, dass Asylsuchende künftig überall eine qualifizierte rechtliche Beratung zum Asylverfahren in Anspruch nehmen können.
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