Versöhnen mit Polen, aber wie?
Insgesamt starben durch den deutschen Angriffskrieg fast sechs Millionen polnische Bürger:innen, die meisten Zivilisten, drei Millionen von ihnen waren jüdischer Abstammung. Wie kann man nach Massenmorden und Kriegsverbrechen der Deutschen und ihrer Vertreibung nach Kriegsende wieder in ein nur irgendwie menschliches Verhältnis kommen? Lang vor jedem Gedanken an Versöhnung muss die Anerkennung eigener Schuld und der aufrichtige Versuch der Wiedergutmachung kommen: 1955 bestellte der Deutsche Caritasverband (DCV) einen engagierten Mann zum Leiter seiner Pressestelle in Freiburg. Alfons Erb, Jahrgang 1907, war nicht nur international erfahrener Redakteur und Pressesprecher zweier Bischöfe während des Dritten Reichs, er war zugleich Vizepräsident der deutschen Sektion der internationalen katholischen Friedensbewegung Pax Christi. Klug, wortgewandt, argumentationsstark war Alfons Erb, und zudem kaum zu entmutigen. 1964 erlebte er auf einer Bußwallfahrt das noch zerstörte Polen und das zahllose individuelle Leid polnischer KZ-Opfer. Der Krieg war fast 20 Jahre vorüber, aber die Bundesrepublik Deutschland hatte noch keinerlei Hilfe geleistet. Erb ließ das keine Ruhe; als ehemaliger Gestapo-Häftling und wider Willen kriegserfahrener Wehrmachtssanitäter konnte er sich in die Lage der Traumatisierten versetzen. Er begann nach alter Werthmann-Devise zu dokumentieren und zu publizieren. Und zu organisieren, bis er 1973 ein Hilfswerk aufgebaut hatte mit dem Satzungsziel, zur Verständigung und Versöhnung zwischen dem polnischen und deutschen Volk, aber auch mit anderen Ländern Mittel- und Osteuropas, beizutragen: das Maximilian-Kolbe-Werk, benannt nach einem heldenhaften Pfarrer, der im KZ für einen anderen in den Hungerbunker ging und dort umgebracht wurde, getragen vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken und dreizehn katholischen Verbänden (darunter die Caritas).
Heilende Kraft persönlicher Begegnung
Das Werk lud und lädt bis heute ehemalige KZ-Häftlinge und Hinterbliebene zu Erholungs- und Austauschreisen nach Deutschland ein, unterstützt von 80 Ehrenamtlichen. Und es half von Anfang an den oft auch materiell Bedürftigen durch Pakete und individuelle finanzielle Unterstützung. Dafür baute es einen Spenderstamm auf, der oft seit Jahrzehnten treu die Arbeit mitfinanziert. Wichtig ist die Kontaktpflege zu Journalist:innen und Medien, ohne deren Mitwirkung das unvergessene Leid nicht breitenwirksam vermittelt werden kann. Die Hilfe wurde nun ausgedehnt auch auf KZ-Opfer aus dem Baltikum, der Ukraine, Belarus und Russland, insgesamt rund 15.000 Menschen.
Wichtig ist nach wie vor die menschliche Begegnung - und die Bildung: Schulen bundesweit laden die ehemaligen Häftlinge ein, um mit den Berichten selbst erlebter unheilvoller Geschichte jungen Deutschen Zeugnis zu geben. Was Alfons Erb konkret organisierte, das trieb sein Präsident Georg
Hüssler auf diplomatischem und kirchlichem Weg voran. Die harmlos klingend benannte Diaspora-Hilfe des DCV versorgte Kranke und Menschen mit Behinderung hinter dem damals "Eisernen Vorhang"
diskret, aber wirksam mit lebenswichtigen Medikamenten, zu denen sie keinen anderen Zugang hatten. Und nach Gründung der Gewerkschaft Solidarność und dem Aufstand der Werftarbeiter in Danzig entsandte Hüssler eine nicht endende Kolonne von Hilfsgütertransporten. Zur Unterstützung der notleidenden Kriegsopfer, aber auch der Streikenden in das vom Kriegsrecht schwer getroffene, damals noch kommunistisch regierte Polen. Ein kleiner Anteil am Ende des Ostblocks gebührt daher auch dem DCV, zeitlich liegt er noch vor Willy Brandts Kniefall vor dem Denkmal für die Opfer des Krieges in Warschau als einem offiziellen Zeichen von Schuldanerkenntnis und Sühnebereitschaft. Alfons Erb hat geholfen, den Weg zu bereit.
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