Wie geht’s den sozialen Einrichtungen und Diensten im zweiten Jahr der Pandemie?
Zum vierten Mal hat die Bank für Sozialwirtschaft (BfS) vom 20. September bis zum 18. Oktober in Kooperation mit den Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege, dem Deutschen Verein, dem Bundesverband der privaten Anbieter und der Universität Köln eine Umfrage zur Situation der Einrichtungen und Dienste in der Pandemie durchgeführt. Rund 1400 Teilnehmer(innen) haben an der Studie teilgenommen, deren Ergebnisse hier präsentiert werden.1
Pandemieauswirkungen dominieren die Arbeit
Es zeigt sich, dass die Pandemie nach wie vor die Arbeit der Einrichtungen und Dienste stark tangiert. Vor allem Krankenhäuser (88 Prozent), Tagespflegeeinrichtungen (76 Prozent), Vorsorge- und Rehaeinrichtungen (65 Prozent) und stationäre Pflegeeinrichtungen (52 Prozent) beklagen im Befragungszeitraum gesunkene Auslastungen.2 In allen Feldern der sozialen Arbeit zeigt sich, dass Nachfrageeinbrüche mit Nennungen zwischen 33 und 46 Prozent als wichtigste Ursache für Auslastungsdefizite genannt werden. Unterschiedlich werden die rechtlichen Rahmenbedingungen bewertet: Vor allem bei der Tagespflege, den Werkstätten für Menschen mit Behinderung, bei den Hilfen für besondere Lebenslagen, den Vorsorge- und Rehaeinrichtungen und den Arbeitsmarktdienstleistungen werden diese als Ursachen benannt (Nennungen über 36 bis 44 Prozent). Deutlich seltener werden rechtliche Rahmenbedingungen als Ursache für eine geringere Auslastung in der stationären (17,8 Prozent) und ambulanten Pflege (9,4 Prozent) angeführt. In der stationären Pflege, bei den ambulanten Pflegediensten, bei ambulant betreuten Wohngemeinschaften und ambulant betreuten Wohnformen der Eingliederungshilfe, der Kinder- und Jugendhilfe und den Krankenhäusern schlägt ein anderes Thema stark zu Buche: der Personal- beziehungsweise Fachkräftemangel.
Die große Bedeutung der Schutzschirme
Die gute Nachricht ist: Die Schutzpakete des Bundes und der Länder wirken in der Pandemie. Für die stationäre Pflege, die Tagespflege und die ambulante Pflege ist der Pflege-Rettungsschirm nach § 150 SGB XI hier von extrem hoher Bedeutung und wird von allen genannten Einrichtungstypen mit über 80 Prozent als im Untersuchungszeitraum genutztes Instrument angegeben. Aber auch das Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) wird in vielen Bereichen weiterhin gebraucht. Eine ergänzende Caritas-interne Abfrage hat hier ergeben, dass vor allem Einrichtungen der Kinder- und Jugendreha und Müttergenesung auf Unterstützung angewiesen sind, wenn erkrankte ungeimpfte Kinder und Jugendliche die Maßnahme nicht antreten oder in den Einrichtungen erkranken. Es ist sehr zu begrüßen, dass die Schutzschirme durch den Bundestag erneut bis ins Frühjahr 2022 verlängert wurden. Von hoher Bedeutung sind in allen Bereichen mit Ausnahme des Pflegesektors auch die Programme der Landesregierungen.⁴
Weiterentwicklung der Schutzschirme auf der Tagesordnung
Wie schon in früheren Befragungen zeigt sich auch diesmal, dass die Refinanzierung von Mehraufwendungen für Personal, Schutzkleidung und -ausstattung sowie sonstiger Sachmittel ein Dauerthema bleibt.⁵ In allen Handlungsfeldern beklagen die Befragten - allerdings in unterschiedlichem Maße (zwischen 4,4 Prozent im Bereich der Vorsorge und Reha, bis zu 12,5 Prozent im Bereich der Eingliederungshilfe) -, dass Nachverhandlungsmöglichkeiten verweigert werden.6 Das macht deutlich: Es muss in dieser Legislaturperiode gelingen, Regelungen in allen Sozialgesetzbüchern zu verankern, die hier verbindliche Regelungen auch für zukünftige pandemische Situationen schaffen und dabei Verhandlungslösungen verbindlich vorsehen.
Digitalisierung nimmt mit Krise an Fahrt auf
Vielfach wird berichtet, dass die Coronakrise zu einem Digitalisierungsschub in der Gesellschaft geführt hat. Dieser zeigt sich auch im Sozial- und Gesundheitswesen. Über 80 Prozent der Teilnehmer(innen) geben an, dass der IT-Ausstattung (Hard- und Softwareausstattung) und digitalen Bildungsplattformen hohe Bedeutung bei der Bewältigung der Pandemie zukommt. 82,2 Prozent der Befragten berichten über einen Ausbau ihrer Hard- und Software. 75,8 Prozent haben intensiv in die Schulung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern investiert 7.
Die Befragung zeigt klar, dass das Thema Fachkräftemangel auch bei der Digitalisierung eine Hauptrolle spielt. Zu den bedeutsamsten Hürden für den Einsatz von Technik und Digitalisierung zählt das Problem der Personalknappheit, welches von 72,5 Prozent der Befragten genannt wurde (siehe Abbildung). Aber auch eine unzureichende Finanzierungsbasis durch Hilfsprogramme (63,3 Prozent) und juristische Hürden, zum Beispiel hinsichtlich des Datenschutzes, werden häufig benannt. Es zeigt sich, dass hier erhebliche finanzielle Anstrengungen nötig sind, damit die freie Wohlfahrtspflege anschlussfähig bleibt.
Anmerkungen
1. Bank für Sozialwirtschaft: Vierte Befragung zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Sozial- und Gesundheitswesen, Köln im Oktober 2021, https://www.sozialbank.de/covid-19/umfrage
2. Ebd., Folien S. 21/22.
3. Ebd., Folien S. 23/24.
4. Ebd., Folien S. 35/36.
5. Ebd., Folien S. 43/44.
6. Ebd., Folien S. 27/28.
7 Ebd., Folien S. 51/52.
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