Bye, bye – oder darf es ein bisschen mehr sein?
Am Rande einer Veranstaltung äußerte sich ein langjähriger Vorstand eines Caritasunternehmens, der kurz vor seinem Ruhestand war: "Ich fühle mich mit meinem Ausstieg im Stich gelassen. In die Einarbeitung neuer Mitarbeiter(innen) stecken wir so viel Energie. Da gibt es Einführungstage, Schulungen und Coachings. Ich weiß nicht, wie es mir gelingen soll, gut loszulassen. Wer wird alles übernehmen? Und wie ich bei dieser Arbeitsbelastung und Corona auch noch meine eigene Nachfolge organisieren soll, ist mir völlig unklar."
Die demografische Entwicklung lässt vermuten, dass dies kein Einzelfall ist. Das Institut für Mittelstandsforschung Bonn schätzt die Zahl der Nachfolgen in Deutschland in ihrer Veröffentlichung "Daten und Fakten - Unternehmensnachfolgen in Deutschland 2018 bis 2022"1 auf 150.000 Unternehmen. Die Zunahme der zur Übergabe anstehenden Unternehmen ist vor allem auf die Alterung der Unternehmer(innen) zurückzuführen. Zahlen für die Nachfolge im Topmanagement der Unternehmen der Sozial- und Gesundheitsbranche liegen nicht vor, dürften jedoch vergleichbar sein.
Der Wechsel in der Unternehmensspitze ist nicht nur aus der individuellen Sicht des Gehenden, sondern auch für die Einrichtungen mit Risiken behaftet. Dabei ist es nicht nur die Frage, ob entsprechend qualifizierte Führungskräfte auf dem umkämpften Bewerbermarkt zu finden sind. In der Beratung der Unternehmen und aus den Erfahrungsberichten zeigt sich, dass im Übergang der Führungsverantwortung Fallstricke lauern, die zu zeitweisen Krisen in den Unternehmen führen können. Der Wechsel an der Spitze löst oft weitere Veränderungen auf den Führungsebenen darunter aus. Unruhe und Ungewissheiten im Unternehmen sind spürbar. Die Zusammenarbeit und das Klima können sich erheblich wandeln.
Deshalb ist der Übergang im Unternehmen gut zu begleiten. Dabei kommt den Aufsichtsgremien eine wichtige Rolle zu. Diese beginnt bei der Auswahl des neuen Topmanagements, geht über die Begleitung der Einarbeitung bis hin zur institutionalisierten Regelarbeit zwischen Aufsichtsgremium und Leitungsgremium. Bis sich die emotionale Lage im Unternehmen wieder beruhigt und die Kooperation eingespielt hat, vergeht einige Zeit. Externe Übergangsbegleitung sorgt für Klarheit und Entlastung der Beteiligten.
Einen wertschätzenden Übergang planen
Auch für die "Gehenden" selbst ist der Übergang in den Ruhestand nach jahrzehntelangem Engagement häufig herausfordernd, wie das Beispiel zeigt. Mit den geburtenstarken Jahrgängen geht zudem eine Generation in den Ruhestand, die einen wesentlichen Beitrag zum Auf- und Ausbau der Unternehmen geleistet hat und sich damit stark mit der Arbeit identifiziert. Damit sind ausdrücklich nicht nur Topmanager(innen) und Führungskräfte gemeint. Der Eintritt in den Ruhestand ist planbar. Ein frühzeitiges, professionelles "Offboarding" und Übergangsmanagement schafft Gestaltungsraum, um die Veränderungen für die Organisation und den Gehenden gut zu gestalten.
Gerade bei werteorientierten Unternehmen wie der Caritas gilt es daher einen gelungenen, wertschätzenden Übergang zu planen. Workshops wie "Los!Lassen - die Führungsaufgabe, Ausstieg, Übergabe und Neuausrichtung zu gestalten" der Fortbildungs-Akademie des Deutschen Caritasverbandes zeigen, wie Betroffene und Verantwortliche in den Unternehmen diesen Übergang gemeinsam vorbereiten können. Dazu gehört auch eine Abschiedskultur, die die Lebensarbeitsleistung von langjährigen Mitarbeitenden angemessen würdigt. In Zeiten von Corona, in denen Verabschiedungen zum Teil auch ganz entfallen, eine Herausforderung, die dringend Lösungen braucht.
Anmerkung
1. Die Publikation ist abrufbar unter Kurzlink: https://bit.ly/3xPJDM8
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