Strategische Personalgewinnung bringt`s
Ein Umdenken in der Personalgewinnung ist unabdingbar, die aktuellen Herausforderungen machen es notwendig. Zu nennen sind vor allem der Fachkräftemangel, der demografische Wandel, die Digitalisierung, die neuen Erwartungshaltungen der "Generation Y" - der zwischen 1980 und 2000 Geborenen -, insgesamt: der Wechsel vom Arbeitgeber- zum Bewerbermarkt. Dieser vieldiskutierte Paradigmenwechsel findet nicht erst gerade eben statt, er hat in Wirklichkeit längst stattgefunden.
Während das Bewusstsein für die Notwendigkeit eines Umdenkens vorhanden ist, bereitet die Umsetzung noch Schwierigkeiten. Bei der Personalgewinnung nehmen die Themen Arbeitgebermarkenbildung und Personalmarketing stark an Bedeutung zu.
Der aktuelle conQuaesso Jobs Recruiting Report für die Sozialwirtschaft1 zeigt unter anderem, dass die Arbeitsmarktsituation im Geschäftsjahr 2018 im Vergleich zum Vorjahr als schwieriger beurteilt wurde. Die befragten sozialwirtschaftlichen Unternehmen fühlten sich durch den Arbeitskräftemangel zu 40 Prozent stark bis sehr stark eingeschränkt. Damit einhergehend ist ein erhöhter Wettbewerbsdruck zu verzeichnen.
Digitaler Nachholbedarf
Der aktuelle Report zeigt auch, dass sozialwirtschaftliche Unternehmen sich zu rund 90 Prozent als immer noch nicht ausreichend digitalisiert ansehen. Digitale Rekrutierungsmöglichkeiten wurden zwar zunehmend genutzt, der Schwerpunkt lag dabei aber weiterhin auf der Veröffentlichung von Stellenanzeigen auf der eigenen Homepage oder in Online-Jobbörsen. Soziale Medien wie Instagram und Youtube ebenso wie Google-Marketing fanden nur wenig Verwendung.
Die zentralen Gründe dafür, digitale Personalgewinnungsinstrumente wie die genannten nicht oder nur selten zu nutzen, lagen auch 2018 in fehlenden Ressourcen (Zeit und Arbeitskraft) sowie in fehlendem Know-how. Auch Unsicherheiten beim Thema Datenschutz hinderten die befragten Unternehmen daran, zum Beispiel soziale Medien und Apps zur Personalgewinnung zu nutzen.
Bildung einer Arbeitgebermarke
Bevor digitale Recruitingwege erfolgreich genutzt werden können, sollten sich Unternehmen eine grundlegende Frage im Hinblick auf die Personalgewinnung stellen, nämlich die nach der eigenen Arbeitgebermarke. Was macht zum Beispiel die eigene Einrichtung aus, und wofür steht sie? Wie gehen die Mitarbeitenden miteinander um? Wer passt zum Unternehmen? Wie wird geführt? Was soll erreicht werden?
Das Fundament der Arbeitgebermarke bilden die Attraktivitätsfaktoren des Unternehmens.2 Diese lassen sich unter anderem in der Vergütung, in Karrieremöglichkeiten, Arbeitszeit und -platz, Teamevents, Gesundheitsförderung sowie in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestalten. Bei der kritischen Betrachtung der eigenen Arbeitgebermarke lohnt sich auch ein Vergleich mit der Konkurrenz. Daraus lassen sich wiederum Fragen für die eigene Positionierung ableiten: Wo lässt sich das eigene Unternehmen positiv hervorheben - und wo liegt bisher ungenutztes Potenzial?
Ist die Arbeitgebermarkenbildung erfolgreich, können die richtigen Mitarbeitenden gewonnen werden (und weniger passende "abgeschreckt"). Die Voraussetzung dafür ist, dass die Arbeitgebermarkenbildung zielgruppenspezifisch erfolgt - und dass die Attraktivitätsfaktoren auch authentisch nach innen gelebt werden. Die Arbeitgeber-Eigenschaften gilt es schließlich, konsistent über alle Kanäle zu kommunizieren. Gerade bei der Suche nach Fachkräften spielen digitale Wege eine entscheidende Rolle. Denn schließlich sind die Google-Suche sowie soziale Medien (vor allem Instagram) vielfach die Wege, mittels derer potenzielle Mitarbeitende nach Jobs suchen und sich über interessante Unternehmen informieren.
Optimierung des eigenen digitalen Auftritts
Dem Google-Marketing und damit den Bereichen der Suchmaschinenwerbung (SEA - Search Engine Advertising) und der Suchmaschinenoptimierung (SEO - Search Engine Optimization) kommt im Recruiting eine große Bedeutung zu. Bei der Suchmaschinenwerbung wird ein Budget eingesetzt, um durch die Schaltung von Google-Kampagnen den Suchenden in Form von Anzeigen die eigenen Inhalte an prominenter Stelle präsentieren zu können. Neben einer solchen aktiv platzierten Werbung spielt aber auch die suchmaschinenoptimierte Gestaltung der eigenen Seiten und Angebote eine wichtige Rolle, um in der Suchergebnisliste nach vorn zu rücken. Diese SEO-gerechte Gestaltung lässt sich, zumindest bedingt, beeinflussen und verbessern.
Neben dem primären Ziel, gut und schnell gefunden zu werden, gilt es im nächsten Schritt, den Suchenden ein positives Nutzererlebnis zu bieten. Dieses setzt sich aus verschiedenen Bereichen zusammen: Bei der Homepage und speziell auch der Karriereseite muss die visuelle Darstellung stimmig und attraktiv die Arbeitgebermarke widerspiegeln. Ebenso muss eine hohe Benutzerfreundlichkeit gesichert sein. Schließlich sollte die Mobiloptimierung der Inhalte (Responsive Design) gewährleistet sein, so dass zum Beispiel Stellenanzeigen von allen Endgeräten aus komfortabel abrufbar sind.
Online-Stellenportale nehmen eine zentrale Multiplikator-Funktion ein. Dabei sind sowohl die Stellenbörsen externer Anbieter als auch mitunter trägereigene Börsen zu nennen. Eigene Jobbörsen, wie sie unter anderem die Caritas bietet3, haben verschiedene Vorteile: Sie können zur Stärkung und Profilierung der Arbeitgebermarke beitragen und damit als strategisches Instrument genutzt werden. Sie bilden dabei die Möglichkeit, Werte, sinnstiftende Arbeit und kulturelle Offenheit umfassend darzustellen. Neben der reinen Stellensuche können hier weitere Funktionen und Inhalte (zum Beispiel Berufsorientierung) geboten werden.
Digitale Wege und analoge Zugänge pflegen
Social-Media-Kanäle (wie zum Beispiel Facebook, Instagram, Youtube) können ebenfalls eine starke Multiplikator-Funktion übernehmen. Facebook bietet beispielsweise die Möglichkeit, Jobanzeigen in einer speziellen Beitragsform zu veröffentlichen. Auf allen Kanälen ist es möglich, mit Budgeteinsatz Inhalte als Werbung zu schalten und sie zielgruppenspezifisch zu verbreiten. Während sich Interessierte auf Instagram mit starken Bildern besonders gut "abholen" lassen, können auf Youtube unter anderem Imagefilme, Karrierevideos oder Video-Testimonials wirkungsvoll zum Einsatz kommen
Die richtige Kombination macht`s
Um das (digitale) Recruiting erfolgreich zu gestalten, lohnt es sich, die "digitale Reise" potenzieller Mitarbeitender - die diese unternehmen, bevor sie sich im Idealfall für ein Unternehmen entscheiden - zu betrachten und zu gestalten. Wenn Online-Nutzer(innen) durch gelungene Positionierung und Präsentation des Unternehmens selbst zum Unternehmen finden und letztlich zu neuen Mitarbeitenden werden, kann man von (erfolgreichem) Inbound Recruiting sprechen. Authentizität, eine kongruente Darstellung des Unternehmens über alle genutzten Plattformen und eine crossmediale Streuung von Inhalten (online und in Printmedien) können als Erfolgsfaktoren bei der Nutzung von Online-Plattformen und Social Media genannt werden
Analoge Wege sind weiter gangbar
Erfolgsentscheidend ist aber auch die Kombination digitaler mit bewährten analogen Maßnahmen. Die Frage muss also auch lauten: Wo sind die gesuchten Führungs- beziehungsweise insbesondere Fachkräfte analog unterwegs, wo können sie (auch) analog erreicht werden? Es lohnt sich, bei der Personalgewinnung lokale Zeitungen, Vereinsstrukturen, Karriere-Abende (oder sonstige Treffen), Mitarbeiterempfehlungen, Schulkooperationen oder Messen mitzudenken.
Für die erfolgreiche Nutzung all dieser Wege gilt es, als Unternehmen engagiert zu sein, sich zu vernetzen - zum Beispiel Kooperationen aufzubauen - und die Vernetzung zu nutzen, um über das Unternehmen zu informieren. Auch das Empfehlungsmanagement ist ein starkes Instrument des Recruitings. Dieses kann gelingen, wenn Anreize geschaffen werden und Mitarbeitende motiviert sind, ihren Dienstgeber gern und aktiv weiterzuempfehlen.
Strategische Personalgewinnung ist Chefsache
Die Personalgewinnung muss als Führungsaufgabe betrachtet und als diese auch von den Führungskräften verstanden werden -, denn einem erfolgreichen Recruiting liegt stets eine unternehmensspezifische und nachhaltige Strategie zugrunde. Diese basiert auf der Fokussierung der richtigen und relevanten Zielgruppen, auf der Entwicklung und Förderung der Arbeitgebermarke und auf einer passenden Kommunikationsstrategie.
Personalgewinnung erfordert neben der individuellen Strategie auch klare Verantwortlichkeiten. Der Personalabteilung kommt künftig eine Schlüsselrolle zu: Sie entscheidet langfristig über die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen der Sozialwirtschaft. Personaler(innen) müssen dazu IT-Prozesse verstehen, um diese auch planen zu können. Denn die Umsetzung von Prozessen im Personalbereich erfolgt zunehmend digital.
Recruiting umfasst über die reine Personalgewinnung hinaus nun auch Aspekte des (digitalen) Marketings. Dieses kann die Auffindbarkeit und Reichweite eines Unternehmens insgesamt verbessern. Es erfordert jedoch auch in gewissem Umfang digitalbezogenes Wissen sowie die Schaffung notwendiger Ressourcen. Insgesamt muss die Sozialbranche im Recruiting (pro-) aktiver werden und vielfältige Wege gehen, um Personalmarketing zu betreiben, Mitarbeitende zu binden und neues Personal zu gewinnen.
Anmerkungen
1. Malovecki, M. et al.: Wie rekrutiert die Sozialwirtschaft? Zweite Auflage mit Daten für das Geschäftsjahr 2018; mehr Infos und Bestellmöglichkeit: www.contec.de/blog/ presse-und-publikationen/conquaesso-jobs-recruiting-report-2-auflage
2. Fragen zur Arbeitgeber-Attraktivität der Caritas sind ein Themenbereich der Feuer-und-Flammen-Tour im Rahmen des Zukunftsdialogs "Caritas 2020". Mehr zu den Tourberichten: www.caritas.de/feuerundflamme
3. www.caritas.de/jobs
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