Wie man die richtigen Mitarbeiter findet und bindet
In der ländlichen Region Eifel hatten sich 2010 erstmals Schwierigkeiten abgezeichnet, Pflegefachkräfte für die vier Caritas-Sozialstationen zu finden. Die Annahme, dass es sich um eine dauerhaft neue Situation handeln würde, wurde durch die gesamtgesellschaftliche Diskussion zur demografischen Entwicklung und den damit verbundenen Fachkräftemangel untermauert. Ein Blick auf verschiedene Wirtschaftsunternehmen zeigte, dass diese mit viel Geld in die Offensive gingen. Es bestand also Handlungsbedarf, und das Projekt "Aufbau einer strategischen Personalentwicklung im Caritasverband Westeifel" ging an den Start.
Der Caritas-Vorstand ergreift die Initiative
Der Vorstand des Caritasverbandes Westeifel fasste den Beschluss, Personalentwicklung (PE) als festen Bestandteil der strategischen Unternehmensentwicklung zu implementieren. Die Verbandsleitung machte das Thema zur Chefsache und benannte erste Orientierungspunkte: Zum einen waren begrenzte personelle und finanzielle Ressourcen zu berücksichtigen und zum anderen sollte in Form des Projektmanagements gearbeitet werden.
Eine Projektgruppe wurde eingerichtet, die sich aus interessierten Mitarbeiter(inne)n unterschiedlicher Funktionen und Ebenen sowie der Mitarbeitervertretung zusammensetzte. Ziel des Projekts war es, ein maßgeschneidertes Personalentwicklungskonzept zu erarbeiten.
Der Diözesan-Caritasverband Trier (DiCV) stellte durch das Referat Personalentwicklung prozessbegleitend seine fachliche Expertise zur Verfügung. Erkenntnisse und Ergebnisse sollten damit auch anderen Mitgliedsverbänden und Trägern zur Verfügung gestellt werden können. Folgende Themen wurden bearbeitet:
- Zunächst sollte definiert werden, was Personalentwicklung ist. Personalpolitische Leitlinien wurden festgelegt.
- Daten zu wesentlichen Personalkennzahlen wurden erhoben.
- Ein Personalentwicklungskonzept wurde nach dem Modell „Mitarbeiterlebenszyklus" erarbeitet.
- Alle Personalentwicklungsaktivitäten des Verbandes wurden mit Hilfe des „Mitarbeiterlebenszyklus" entwickelt und systematisiert.
- Prioritäten für die jeweils nächsten Schritte wurden gesetzt.
Was ist Personalentwicklung, und was braucht sie?
Die Arbeitsphase zur Auseinandersetzung mit den Inhalten der PE bis hin zur Entscheidung für das Modell des „Mitarbeiterlebenszyklus" waren wesentlich für die Implementierung der „Grundidee Personalentwicklung" und richtungsweisend für den weiteren Verlauf des Projektes. In dieser Phase ging es um die Reflexion folgender Aspekte: Haltung der Führungskräfte gegenüber den Mitarbeiter(inne)n, Haltung der Mitarbeiter(innen) gegenüber Dienstgeber und Führungskräften und das Aushandeln von Rahmenbedingungen zukünftiger Personalarbeit. Bezeichnend für die Diskussion war die Frage: „Müssen wir jetzt alle Wünsche der Mitarbeiter(innen) erfüllen oder gibt es auch Grenzen?"
Allen Beteiligten wurde deutlich, dass PE sowohl dem verbandlichen Erfolg als auch der Mitarbeiterzufriedenheit dient. Dazu gehört, dass zur richtigen Zeit die richtige Person für die richtige Stelle gefunden und gebunden werden kann. Für die Mitarbeitenden muss die Möglichkeit bestehen, sich auf Grundlage ihrer Fähigkeiten einzubringen und weiterzuentwickeln.
Diese Grundaussagen dienten den Führungskräften als Leitlinie, sich beispielsweise in Vorstellungsgesprächen zu positionieren, wenn Pflegefachkräfte Arbeitszeiten wünschen, die für die Sozialstation schwer realisierbar sind. Im Gespräch mit dem/der Bewerber(in) soll deutlich werden: Der Verband hat attraktive Rahmenbedingungen, erwartet umgekehrt aber auch Eigeninitiative und Eigenverantwortung der künftigen Mitarbeitenden.
Was ist der „Mitarbeiter-Lebenszyklus"?
Die Projektgruppe hat sich auf das Modell des „Mitarbeiter-Lebenszyklus" zur Systematisierung der Personalentwicklung geeinigt. Einfach, übersichtlich, gut handhabbar, entwicklungsorientiert – das waren die wesentlichen Kriterien für die Auswahl. Der „Mitarbeiter-Lebenszyklus" beschreibt die beruflichen Phasen des Mitarbeiters im Verband. Dabei sind die jeweiligen Phasen voneinander abhängig, gleich wichtig und bieten Erfolgschancen sowohl für den Dienstgeber als auch für den/die Mitarbeiter(in).
Bei der Auseinandersetzung mit diesem Modell stellte sich heraus, dass der Verband bereits eine Menge in Sachen Personalentwicklung zu bieten hatte, nur war den Akteuren oft nicht bewusst, welche der vorhandenen Aktivitäten und Angebote in das künftige PE-Konzept gehörten. Mit dem „Mitarbeiterlebenszyklus“ stand nun ein Modell zur Verfügung, mit dem die Zusammenhänge erkannt, Prioritäten gesetzt und die Personalentwicklung des Verbandes kontinuierlich weiterentwickelt werden konnte.
Was ist wichtig für den nächsten Schritt?
Für die Weiterentwicklung des Konzepts erwies sich die Arbeit mit Personalkennzahlen als sehr hilfreich. Zentral waren hier die Kennzahlen zur Altersstruktur, zur Krankheitsquote sowie zur Fluktuation. Insbesondere die Altersstrukturanalyse zeigte, dass es für den Verband wichtig ist, die Arbeitsfähigkeit älter werdender Mitarbeiter(innen) zu erhalten und damit auch die Zufriedenheit der Mitarbeiter(innen) zu stärken. Ein betriebliches Gesundheitsmanagement wurde als vorrangig benannt. Sowohl die Organisation mit ihren Strukturen als auch der/die einzelne Mitarbeiter(in) wurde in den Blick genommen. In vergleichbaren Prozessen wurden weitere Themen priorisiert, bearbeitet und in das PE-Konzept integriert.
Mittlerweile Routine
Zielgruppenspezifische Maßnahmen der Personalgewinnung – insbesondere unter Nutzung der Social Media –, ein Einarbeitungskonzept für Führungskräfte sowie strukturierte Nachfolgeplanung für ausscheidende Führungspersonen sind hier wichtige Handlungsfelder. Das PE-Konzept wurde in das Qualitätsmanagement eingebunden. Die Prozesse werden regelmäßig überprüft und verbessert. Jährlich ermittelt der Verband anhand der Altersstruktur und der Aufgaben den aktuellen Personalbedarf. Zudem werden die Mitarbeitenden regelmäßig über eine Mitarbeiterbefragung eingebunden und aufgefordert, die Erkenntnisse in lösungsorientierten Maßnahmen umzusetzen.
Was trägt zum Gelingen des Projektes bei?
Personalentwicklung ist Chefsache und dies war für das Gelingen des Projekts entscheidend. Der Einbezug der Mitarbeitenden ist obligatorisch und die fachliche Begleitung durch den DiCV gewinnbringend. Wichtige Arbeitsprinzipien waren: anfangen und dranbleiben, und zwar pragmatisch, systematisch, verbindlich. Außerdem war es hilfreich, im ersten Schritt mit 80 Prozent Zielerfüllung bei den einzelnen Themenfeldern zufrieden zu sein, dafür aber alle Themen in einem ersten Jahreszyklus zu bearbeiten. In den Folgejahren wurden dann, im Sinne eines kontinuierlichen Weiterentwicklungsprozesses, die Maßnahmen ausgebaut. Inzwischen ist bei den Mitarbeitenden angekommen, dass es bei ihrem Arbeitgeber viele Möglichkeiten gibt, etwa durch weitere gezielte Qualifikation, den Arbeitsplatz zu finden, der den eigenen Talenten und Neigungen am besten entspricht.
Bis die Wirkungen eines PE-Konzepts für die Basis der Mitarbeiter(innen) spürbar wird, braucht es jedoch Geduld. Hilfreich in der Anfangsphase sind Aktivitäten wie der Gesundheitstag sowie Wohlfühl- und Schulungsangebote.
Nutzen der Personalentwicklung
Der Caritasverband Westeifel wurde 2018 vom Institut „Great Place to Work" als einer der besten Arbeitgeber im Bereich Gesundheit und Soziales in Deutschland ausgezeichnet. Er ist inzwischen in der Lage, überdurchschnittlich viele neue Mitarbeiter(innen) bei einer wachsenden Betriebsgröße zu akquirieren und kann auf eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit verweisen. Dies unterstützt die Qualität der Leistungserbringung gegenüber den Klient(inn)en und Patient(inn)en und stärkt das Image des Verbandes in der Öffentlichkeit.
Fakten und Daten über den Caritasverband Westeifel
Der Caritasverband Westeifel hat etwa 500 Mitarbeitende, etwa 550 Ehrenamtliche, Altersdurchschnitt: 47,13 (65 Mitarbeitende älter als 60 Jahre), vier Sozialstationen mit circa 220 Pflegekräften, 110 Mitarbeitende in Hauswirtschaft und Betreuung, 100 in Beratungs- und Sozialdiensten, 40 im Familienservice und 30 in Unterstützungsstellen und Verwaltung.
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