Weiterhin Umsatzsteuerbefreiungen für Bildungsleistungen
Die Bewertung der Ergebnisse des Gesetzgebungsverfahrens fällt aus Sicht des Deutschen Caritasverbandes (DCV) zwiespältig aus. Als Erfolg kann verbucht werden, dass die bisherige Umsatzsteuerbefreiung der Bildungsleistungen einschließlich Vorträgen belehrender Art (zunächst) in der bisherigen Formulierung bestehen bleibt. Positiv zu bewerten ist auch die Ausweitung der bisherigen Regelung in § 4 Nr. 14 d Umsatzsteuergesetz (UStG) zur "Apparategemeinschaft" zugunsten einer "Kostengemeinschaft" im neuen § 4 Nr. 29 UStG. Dadurch werden Kooperationen und Joint Ventures im unmittelbar sozialen Bereich ganz erheblich erleichtert.
Die Neuformulierung von § 4 Nr. 18 UStG und damit Streichung der Verbände der freien Wohlfahrtspflege im Umsatzsteuerrecht konnte trotz intensiver Lobbyarbeit nicht verhindert werden. Begründet wird dies von der Politik mit der konsequenten Umsetzung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie der EU. Demnach soll die Steuerbefreiung zukünftig allen Unternehmern zustehen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben. Auch soll sie nur für eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen gelten, soweit hierfür nicht eine andere Befreiungsnorm vorrangig ist. Leistungen wie etwa die Schuldnerberatung und Frauenhäuser werden somit zukünftig weiterhin vom Anwendungsbereich des § 4 Nr. 18 erfasst. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass es auch Leistungen geben wird, für die weder eine speziellere Befreiungsnorm besteht noch der Anwendungsbereich des § 4 Nr. 18 UStG (neue Fassung) gelten wird. Die Lobbyarbeit des DCV wird sich deshalb auf eine Klarstellung im Rahmen des Anwendungserlasses zu § 4 Nr. 18 UStG AO konzentrieren, um die steuerlichen Risiken für die Träger der freien Wohlfahrtspflege zu senken.
Wie schwerwiegend die Konsequenzen dieser rechtlichen Unbestimmtheit sein können, zeigt sich im Kontext des Bundesteilhabegesetzes. Durch die Trennung der Leistungen der Behindertenhilfe in Einzelleistungen wurden seitens des Bundesfinanzministeriums Zweifel am Erhalt der Umsatzsteuerbefreiung für Verpflegungsleistungen in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe geäußert. Dies hätte aus Sicht der Menschen mit Behinderung eine Verteuerung der Leistungen zur Folge beziehungsweise ginge auch mit wirtschaftlichen Belastungen für die betroffenen Einrichtungen einher. Aufgrund der deutlichen Kritik der Verbände der freien Wohlfahrtspflege und der Fachverbände der Behindertenhilfe fand hierzu am 12. November 2019 ein Fachgespräch zwischen der Wohlfahrtspflege und den relevanten Ministerien statt. In dem Gespräch zeichnete sich eine Lösung für das Lobbyanliegen ab, die in Abstimmung mit den Bundesländern Gegenstand eines Anwendungsschreibens des Bundesfinanzministeriums zur Umsatzsteuer sein könnte. Demnach ist die Verpflegung eine eng verbundene Leistung zur Eingliederungshilfe und damit umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 16h UStG, wenn das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz anwendbar ist (das ist bei den besonderen Wohnformen der Behindertenhilfe in der Regel der Fall). Es kann sein, dass eine solche Regelung zunächst für einen Übergangszeitraum getroffen wird. Sollte das Abstimmungsergebnis mit den Ländern erst nach dem 1. Januar 2020 vorliegen, wird eine Nichtbeanstandungsregelung erwogen, um für die betroffenen Leistungserbringer und Menschen mit Behinderung schnellstmöglich Rechtssicherheit zu gewährleisten. Während es beim Jahressteuergesetz 2013 noch gelungen war, die Umsatzsteuerpflicht für "Essen auf Rädern" abzuwenden, war dies beim Jahressteuergesetz 2019 nicht mehr möglich.
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