Vom Servicehelfer zum Wohnbereichsleiter
Labinot Beqaj leitet den Wohnbereich Agnes im Haus Adam Müller-Guttenbrunn der Caritas in Stuttgart-Rot. Zugewandt, souverän und mit offenem Blick geht der 29-Jährige durch Gänge und in Zimmer des Pflegeheims. Er kümmert sich um die Bewohner(innen), stimmt sich mit den 22 Mitarbeitenden ab oder klärt wichtige organisatorische Dinge. "Ich arbeite sehr gerne hier und freue mich jedes Mal bei der Übergabe, was wir alles erledigt und gut hinbekommen haben", sagt Beqaj. Geboren im Kosovo, kam er im Jahr 2000 mit seiner Mutter und den Geschwistern nach Stuttgart zum Vater. Nach dem Start in einer internationalen Klasse gelang ihm zügig der Wechsel an eine Hauptschule, wo er den Abschluss machte.
Beqaj absolvierte ein Praktikum im Einzelhandel, aber "das war nicht mein Ding", erinnert er sich. Einen bereits zugesagten Ausbildungsplatz konnte er nicht antreten, denn seine Mutter hatte einen schweren Unfall, der zu monatelangen Krankenhaus- und Rehaaufenthalten führte. "Da habe ich gespürt, dass ich gebraucht werde, dass ich Menschen helfen will und dass ich das auch gut kann." Eine Schulsozialarbeiterin machte ihn auf den passenden Beruf aufmerksam. "Sie erzählte mir von der Ausbildung zum Servicehelfer und ich habe mich spontan beworben", erzählt Beqaj. Das war 2009. Er gehört somit zu den "Pionieren" dieses noch jungen Berufs. Die zweijährige Ausbildung "Servicehelfer im Sozial- und Gesundheitswesen" startete 2007 als Modellprojekt der Robert-Bosch-Stiftung in Baden-Württemberg, erhielt 2010 die staatliche Anerkennung und wird seit 2013 vom Verein Caro Ass (siehe Infokasten) vorangetrieben. Der Beruf vereint zwei Ziele. Erstens: Junge Menschen mit schwierigen Startchancen erhalten eine berufliche Perspektive und eine Ausbildung, bei der Sozialkompetenz mehr zählt als Noten. Zweitens: Arbeitgeber im Sozial- und Gesundheitswesen (Krankenhäuser, Kliniken, Pflegeheime, Einrichtungen der Behindertenhilfe) nehmen die Wünsche ihrer Patient(inn)en oder Bewohner(innen) auf und werden dank der Servicehelfer(innen) dem klar gestiegenem Bedarf an Dienstleistung und Assistenz in ihren Häusern gerecht.
Zeit für die Bewohner
Der schulische Ausbildungsanteil (rund 40 Prozent) erfolgt am Bildungszentrum des Wohlfahrtswerks für Baden-Württemberg in Stuttgart, der praktische Teil bei 23 Kooperationspartnern. Dazu zählt auch das Haus Adam Müller-Guttenbrunn mit 106 Pflegeplätzen. Hier hatte sich Labinot Beqaj vorgestellt und probegearbeitet - erfolgreich. Diese Hospitanz ist wichtig für jede Einrichtung, denn sie zeigt schnell die Eignung der Bewerber(innen). "Zuverlässigkeit, Arbeitsfleiß und Freundlichkeit" nennt Einrichtungsleiter Joachim Treiber als Voraussetzungen. "Wir machen gute Erfahrungen mit Servicehelfern in unseren Hausgemeinschaften." Zwei Stellen pro Jahr kann er anbieten und einige der erfolgreichen Absolvent(inn)en übernimmt er anschließend. "Die jungen Leute bringen einen frischen Blick mit. Sie sind nah dran an den Bewohnern und haben Zeit für sie. Sie sind sicht- und ansprechbar, wenn sie ihre Aufgaben erledigen." Dazu gehören Dienste wie Tische eindecken, Essen vorbereiten, Bewohner(innen) zu Terminen begleiten, mit ihnen Spaziergänge machen, vorlesen, aber auch Pflegehilfsmittel einräumen oder Getränke verteilen. All diese Tätigkeiten tragen dazu bei, die pflegerischen Fachkräfte zu entlasten.
Labinot Beqaj hat seine Servicehelfer-Zeit in bester Erinnerung: "Es gibt viel Abwechslung und man lernt die unterschiedlichsten Menschen kennen, die sich über Unterstützung freuen. Viele haben keine Angehörigen mehr, da sind Servicehelfer ein bisschen wie Familie." Aber es sind auch Herausforderungen zu meistern: "Wenn ein Bewohner stirbt, ist dies sehr emotional, zumal, wenn man die Person jeden Tag begleitet hat." Beqaj hat für seinen Beruf von Anfang an viel Respekt im Familien- und Freundeskreis erfahren. Dies, seine eigene Begeisterung und das positive Feedback seines Arbeitgebers bestärkten ihn darin, sich weiterzuqualifizieren. 2014 beendete er erfolgreich die Ausbildung zum Altenpfleger. Seit April 2017 hat der junge Vater als Wohnbereichsleiter noch mehr Verantwortung. Zu den pflegerischen Tätigkeiten kommen Aufgaben hinzu wie Dienstpläne erstellen, Projekte betreuen und "für gute Stimmung sorgen", wie er lächelnd ergänzt.
Zwei junge Männer absolvieren aktuell im Haus Adam Müller-Guttenbrunn die Ausbildung zum Servicehelfer, ein weiterer hat sie letztes Jahr abgeschlossen und wurde übernommen. Alle haben ihr motivierendes Vorbild direkt im Haus. Denn Labinot Beqajs Weg ist eine echte Erfolgsgeschichte. Das sieht auch Joachim Treiber so: "Er hat den Überblick, die Ruhe und die fachliche Kompetenz. Wir sind sehr froh, dass er bei uns ist."
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