Kompetentes Personal ist viel wichtiger als die Räumlichkeiten
Seit zehn Jahren werden in den Kindertageseinrichtungen der im Landesverband Katholischer Kindertageseinrichtungen in der Diözese Stuttgart organisierten Trägerschaften Eltern mittels eines einheitlichen Fragebogens befragt. Pro Jahr beteiligen sich daran zwischen 40 und 100 Einrichtungen; in der Summe wurden zwischen 2008 und 2017 in 704 Einrichtungen Eltern um ihre Meinung gebeten - teilweise bereits zwei- oder dreimal im zeitlichen Abstand von zwei bis drei Jahren. Die Beteiligungsquote der Eltern beträgt im Durchschnitt 60 Prozent - in den vergangenen Jahren leicht steigend. Insgesamt liegen Daten von über 19.000 Eltern aus den Jahren 2008 bis 2017 vor.
Jede Einrichtung erhält von der jährlich angebotenen Elternbefragung ein Einrichtungsergebnis, in dem die durchschnittliche Beurteilung der verschiedenen Aspekte der Arbeit durch die Eltern dieser Einrichtung im Vergleich zum Gesamtergebnis dargestellt wird. Damit bietet sich den Einrichtungen einerseits die Möglichkeit, die individuellen Stärken und Schwächen zu identifizieren. In welchen Bereichen fällt die Beurteilung der Arbeit in der Einrichtung im Vergleich besser oder schlechter aus? Andererseits haben sie die Chance, sich mit dem Durchschnitt der teilnehmenden Einrichtungen zu vergleichen.
Darüber hinaus bieten die Daten der Elternbefragung aber auch auf Träger- und Verbandsebene die Chance, langfristige Entwicklungen abzulesen und die Erfolge der Arbeit an übergeordneten Konzepten und Projekten zu evaluieren. Im Folgenden werden ausgewählte Ergebnisse zur Gesamtbeurteilung der Einrichtungen durch die Eltern dargestellt.
Die Gesamtbeurteilung fällt positiv aus
Insgesamt lässt sich der beruhigende Befund festhalten, dass mehr als fünf von sechs befragten Eltern zu einer guten oder sehr guten Gesamtbeurteilung ihrer Einrichtung kommen: Vier von zehn befragten Eltern (41 Prozent) beurteilen ihre Einrichtung insgesamt "sehr gut". Weitere 45 Prozent kommen zu einer "eher guten" Einschätzung, etwa zwölf Prozent zu einer "mittelmäßigen", ein Prozent zu einer "eher schlechten" und nur 0,1 Prozent zu einer "sehr schlechten".
Betrachtet man die Beurteilungen im Zeitverlauf, stellt man fest, dass der Anteil der sehr gut beurteilenden Eltern von 38 Prozent im Zeitraum 2008 bis 2010 auf 42 Prozent im Zeitraum 2011 bis 2014 und schließlich auf 44 Prozent im jüngsten Zeitraum von 2015 bis 2017 gestiegen ist. Dies kann als sichtbares Ergebnis der intensiven Arbeit in den Einrichtungen zur Weiterentwicklung ihres Angebots und der pädagogischen Arbeit interpretiert werden, die langfristig Früchte trägt und von den Eltern honoriert wird. Zum Zeitpunkt der Publikation dieses Artikels liegen die Ergebnisse der Elternbefragung 2018 vor, an der sich weitere 113 Einrichtungen und über 3500 Eltern (Teilnahmequote 67 Prozent) beteiligt haben. Die Ergebnisse zeigen, dass sich der Anteil der "sehr guten" Beurteilungen weiter erhöht hat, sich der positive Trend also fortsetzt.
Auffällig ist jedoch, dass die Einrichtungen den Erwartungen der bildungsfernen Eltern weniger gut entsprechen (40 Prozent sehr gut) als denen der bildungsnahen Eltern (44 Prozent sehr gut). Zudem hat sich die Beurteilung durch die bildungsfernen Eltern im Zeitverlauf weniger verbessert (plus fünf Prozentpunkte) als bei den bildungsnahen Eltern (plus neun Prozentpunkte). Die bisherige Weiterentwicklung der Einrichtungen scheint also vornehmlich auf Erwartungen der bildungsnahen Eltern zugeschnitten zu sein. Damit stellt sich die Frage, wie die bildungsfernen Eltern noch stärker in den Prozess integriert werden können.
Faktoren, die entscheidend für die Zufriedenheit sind
Für die Gesamtbeurteilung der Kindertageseinrichtung durch die Eltern lassen sich verschiedene Faktoren feststellen, von denen im Folgenden drei herausgegriffen werden: (1) Die Zufriedenheit der Eltern mit der Förderung ihrer Kinder in der Einrichtung, (2) die Zufriedenheit der Eltern mit den Rahmenbedingungen der Arbeit in den Einrichtungen und (3) die Zufriedenheit der Eltern mit der Zusammenarbeit zwischen Einrichtung und Elternhaus.
Im Ergebnis kommt der Zufriedenheit mit den Rahmenbedingungen ein größeres Gewicht für die Beurteilung zu als den beiden anderen Faktoren. Die Beurteilung der Zusammenarbeit zwischen Einrichtung und Elternhaus ist demgegenüber etwas weniger wichtig und den geringsten Einfluss hat die Zufriedenheit der Eltern mit der Förderung ihrer Kinder.
Betrachtet man die Rahmenbedingungen im Detail und analysiert einzelne Teildimensionen, so erhält die Fachkompetenz des Personals eine überragende Bedeutung. Im Vergleich dazu haben der bauliche Zustand des Gebäudes, der Zustand der Außenanlagen sowie die Öffnungszeiten nur einen untergeordneten Einfluss. Wichtiger scheint hingegen die personelle Besetzung.
Dabei zeigt sich im Zeitverlauf eine interessante Verschiebung: Während die Fachkompetenz anfangs einen auffallend großen Einfluss auf die Gesamtbeurteilung hat, sinkt dieser mit der Zeit leicht. Umgekehrt steigt die Bedeutung der personellen Besetzung, deren Gewicht im Zeitraum von 2015 bis 2017 um etwa die Hälfte gegenüber den beiden vorhergehenden Zeiträumen zugenommen hat. Erste Ergebnisse der Befragung aus 2018 bestätigen diesen Trend. Damit lässt sich festhalten, dass die Eltern sich in jüngster Zeit bei der Gesamtbeurteilung ihrer Einrichtung zwar immer noch dominant von der fachlichen Kompetenz des Personals leiten lassen, dass aber die personelle Besetzung in der Wahrnehmung der Eltern an Bedeutung gewinnt.
Vor dem Hintergrund der Befunde scheint es zentral, die pädagogisch-fachliche Qualifikation der Mitarbeiter(innen) zu fördern und derartige Aktivitäten auch an die Eltern zu kommunizieren. Die Tatsache, dass in jüngster Zeit die personelle Besetzung als Faktor für die Gesamtbeurteilung an Gewicht gewonnen hat, führt aber zu der Vermutung, dass die Eltern nicht nur eine Betreuung durch gut qualifizierte Mitarbeiter(innen) wünschen, sondern auch durch eine ausreichende Anzahl von Mitarbeiter(inne)n.
Positive Sicht der Eltern lässt mit der Zeit etwas nach
Für die Weiterentwicklung der Einrichtungen ist interessant, dass Eltern, die mit ihren Kindern vor weniger als zwei Jahren vor der Befragung neu in die Einrichtung gekommen sind, häufiger mit sehr gut bewerten (46 Prozent) als Eltern, deren Kinder bereits zwei Jahre oder länger in der Einrichtung betreut werden (39 Prozent). Es lässt sich vermuten, dass die anfänglich sehr positive Sicht der Eltern nach einiger Zeit etwas gedämpft wird (obwohl auch diese überwiegend "eher gut" oder "sehr gut" beurteilen). Dies mag mit der Erfahrung zusammenhängen, dass sich im Jahresverlauf wiederholende Veranstaltungen und Projekte im ersten und zweiten Jahr als neu und interessant wahrgenommen werden, aber bei weiteren Wiederholungen eine gewisse Gewöhnung einsetzt.
Dass diese Ernüchterung bei den Eltern der fünf- bis sechsjährigen Kinder noch etwas ausgeprägter ist als bei denen der drei- bis vierjährigen, deutet darauf hin, dass der rückläufige Anteil der sehr guten Beurteilungen sich nicht allein durch sich wiederholende Veranstaltungen erklärt, sondern auch dadurch, dass spezifische Angebote für die älteren Kinder vermisst werden.
Die nach zwei Jahren auftretende Ernüchterung der Eltern ist in jüngster Zeit stärker geworden, obwohl die Beurteilung der Einrichtungen im Zeitverlauf insgesamt besser wird. Während der Rückgang in den Jahren 2008 bis 2010 nur vier Prozentpunkte betrug, liegt er in den Jahren 2011 bis 2014 bei acht Prozentpunkten und seit 2015 bei elf Prozentpunkten (vgl. Abbildung). Auch wenn dieser Rückgang in 2018 mit sieben Prozentpunkten etwas geringer ausfällt, leitet sich hieraus der Vorschlag ab, bei der Weiterentwicklung der Arbeit in den Einrichtungen ein besonderes Augenmerk auf die Eltern zu richten, deren Kinder bereits zwei Jahre oder länger betreut werden.
Die Zufriedenheit der Eltern stets neu erarbeiten
Auch wenn nur ausgewählte Ergebnisse vorgestellt werden können, zeigen diese gleichwohl: Die Zufriedenheit der Eltern ist kein Zufall, sondern Ergebnis einer systematisch angelegten, langfristigen Arbeit an der Weiterentwicklung in den Einrichtungen. Natürlich ist nicht allein die Sicht der Eltern maßgeblich für die Beurteilung der Qualität der Arbeit, aber für ein Monitoring ist auch eine regelmäßig, mit einem einheitlichen, validen Verfahren durchgeführte Elternbefragung ein wertvoller Baustein.
Die vertiefte Analyse der hier skizzierten Ergebnisse zeigt, dass es für die Einrichtungen sinnvoll ist, Schwerpunkte bei ihrer Arbeit zu setzen. Aus einem Vergleich des jeweiligen Einrichtungsergebnisses mit dem Gesamtergebnis eines Jahres beziehungsweise mit jahresübergreifenden Ergebnissen lassen sich Hinweise auf die spezifischen Stärken und Schwächen der einzelnen Kitas ableiten. Eine Elternbefragung im Abstand von zwei bis drei Jahren wird damit zu einem festen Element des QM, mit dessen Hilfe sich die Arbeit in der Einrichtung evaluieren und innerhalb des durch das Gütesiegel des Verbands Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder (KTK) sowie das diözesane QM gesetzten Rahmens gegebenenfalls neu ausrichten lässt.
Die Einrichtungen stehen vor der Aufgabe, Bildungsgerechtigkeit herzustellen und allen Kindern gleiche Chancen zu eröffnen, was in Kirche und Caritas noch eine besondere Akzentuierung erfährt. Daher ist die etablierte Praxis in der Elternarbeit in den letzten Jahren durch Überlegungen ergänzt worden, spezifische Zielgruppen stärker an die Einrichtungen heranzuführen. Dazu benötigen die einzelnen Einrichtungen Wissen über aktuelle Trends, Sichtweisen und Erwartungen der verschiedenen Elterngruppen und Milieus. Aus den exemplarisch zusammengestellten Ergebnissen kann etwa abgeleitet werden, dass die Erwartungen von bildungsfernen und vermutlich sozial schwachen Familien weniger gut erfüllt werden und insbesondere die Eltern der bereits längere Zeit in einer Einrichtung betreuten Kinder seltener positiv gestimmt sind als die "neuen Eltern".
Die gesellschaftlichen Anforderungen, aber auch die sich verringernde Zahl von Geschwisterkindern haben die Förderung der Kinder in den Einrichtungen aus Sicht der Eltern zu einem zentralen Baustein der Sozialisation gemacht. Die Eltern beobachten die Arbeit in den Einrichtungen daher genau und lassen sich bei der Gesamtbeurteilung zum Beispiel vom Zustand der Räume und der Ausstattung beeinflussen. Wichtiger ist aber der personelle Faktor, denn das Bild der Eltern von der Kompetenz der Fachkräfte in den Einrichtungen und von der personellen Besetzung bestimmt wesentlich das Gesamtbild. Entsprechend sollten Fluktuation, Krankenstand und Vertretungsregelungen nicht dem Zufall überlassen, sondern von Trägern und Leitungen als gestaltbare Größen begriffen werden. Ebenso sind Fort- und Weiterbildung sowie Personalentwicklung nicht nur ein Schlüssel zur Zufriedenheit der Mitarbeitenden, sondern auch der Eltern.
Die Zufriedenheit der Eltern ist kein statischer Zustand, der - einmal erreicht - von den Einrichtungen "verwaltet" werden kann. Er muss in einem dynamischen Prozess ständig neu erarbeitet werden. Denn jedes Jahr nehmen die Einrichtungen Kinder neuer Eltern auf, denen Konzeption, Bildungsförderung und Projekte jeweils wieder nahegebracht werden müssen. Erschwert wird dies durch zwei gesellschaftliche Wandlungsprozesse: Zum einen steigt die Heterogenität der Eltern durch Zuwanderung und die Pluralisierung von Werten, woraus für die Einrichtungen unterschiedliche und zum Teil einander entgegenstehende Bildungsaspirationen, Erziehungsziele und Haltungen der Eltern erwachsen. Zum anderen sind die von den Eltern artikulierten Erwartungen an die Einrichtungen im Laufe der Zeit "anspruchsvoller" geworden. Darin liegen besondere Herausforderungen, die mit einem einheitlichen Ansatz in der Bildungsförderung und in der Kommunikation zusehends weniger bewältigt werden können. Das steigende Anspruchsniveau bietet aber auch die Chance, mit mehr interessierten Eltern über die Förderung ihrer Kinder und über Methoden und Projekte ins Gespräch zu kommen und Elemente aus dem pädagogischen Ansatz und aus der Konzeption in einem kindbezogenen Dialog zu vermitteln.
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