Das Zuhause sichern
Jeder Mensch braucht ein Zuhause." Das Motto der diesjährigen bundesweiten Caritas-Kampagne klingt banal. Doch bezahlbarer Wohnraum ist bekanntlich knapp, auch in Ingolstadt. Diese Erfahrung machen schon Normalverdiener(innen), die eine Wohnung suchen. Umso schwieriger ist es für Menschen mit sozialen Problemen, ein Zuhause zu finden. Zumal dann, wenn sie zuvor ihren Wohnraum verloren haben, etwa aufgrund von Mietschulden, die zur Kündigung oder Räumungsklage führten. Um Wohnungsverluste zu verhindern, haben die Caritas-Wohnheime und Werkstätten Ingolstadt vor zwei Jahren die ambulante Beratung "Mein Wohnraum" ins Leben gerufen. "Die Idee für eine solche Stelle gibt es schon seit rund 20 Jahren, wenngleich man früher eher daran dachte, direkt Wohnungslose zu beraten und nicht solche, denen der Verlust der Wohnung droht. Doch sie ist immer an der Finanzierung gescheitert", erklärt Einrichtungsleiter Michael Rinnagl. Umso froher sei er, dass sie diese Beratungsstelle jetzt endlich hätten und es dafür zu einer Kooperationsvereinbarung mit der Stadt Ingolstadt gekommen sei. Finanziell möglich gemacht hat das Projekt der Europäische Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen (EHAP), der es gemeinsam mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales für drei Jahre zu 90 Prozent finanziert - hinzu kommt ein Eigenanteil der Caritas.
Rund 350 Hilfesuchende sind inzwischen im Büro des Projektes "Mein Wohnraum" sowie bei Hausbesuchen beraten worden - Partner(innen) und Kinder nicht mitgezählt. Klassische Obdachlose suchen die Beratung kaum auf. "Zu uns kommen zum Teil Menschen, die nicht gelernt haben, mit Geld angemessen umzugehen, zum Großteil aber auch Familienväter, die Niedriglöhne beziehen oder arbeitslos geworden sind, sowie Alleinerziehende, denen durch Trennung der Wohnungsverlust droht", fasst die Sozialpädagogin der Caritas, Christa Hamela, zusammen.
Von Kündigung überrascht
Ein Beispiel für Letztere ist die 25-jährige Sabrina Huber, die in Wirklichkeit anders heißt. Sie hat eine fünf Jahre alte Tochter, bezieht zurzeit Arbeitslosengeld II und wurde von einer Wohnungskündigung überrascht. Was sie nicht wusste: Ihr Ehemann, der sie kurze Zeit später verließ und auszog, hatte Mietschulden von rund 1400 Euro hinterlassen. Die zuständige Sachbearbeiterin im Jobcenter sah den drohenden Wohnungsverlust und vermittelte die jetzt Alleinerziehende zu der Caritas-Beratungshilfe. Christa Hamela begleitete die Hilfesuchende zu den Behörden. Mit Erfolg: Das Jobcenter übernahm vorerst auf Darlehensbasis die Mietschulden, so dass der Vermieter die Kündigung zurückzog. Die Schulden muss Sabrina Huber erst in Raten zurückzahlen, wenn sie eine Arbeit hat. Die gelernte Bäckereifachverkäuferin sucht bereits. Insgesamt hat sie wieder mehr Lebensenergie gewonnen.
Die Krise entschärfte sich auch dadurch, dass es der Alleinerziehenden gelang, für die Tochter eine sozialpädagogische Hilfe über das Jugendamt sowie einen Kindergartenplatz zu finden. Das Kind hatte sehr unter der Trennung der Eltern gelitten. "In der Situation, in der ich steckte, hätte ich das ohne Frau Hamela nicht geschafft. Ich war psychisch viel zu labil, um allein die Ämtergänge zu machen", sagt die Mutter. "Die Begleitung war eine große Entlastung für mich."
Zu achtzig Prozent erfolgreich
Nicht immer läuft es so ideal wie bei Sabrina Huber. "Es kommt sehr darauf an, ob Vereinbarungen mit den Ämtern eingehalten werden oder sich doch wieder alte Verhaltensweisen einschleichen, die zum Wohnungsverlust führen", erklärt Christa Hamela. Doch selbst, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, ist noch Hilfe möglich. "Auch dann versuche ich, an den Leuten dranzubleiben." Oft ist es der Caritasmitarbeiterin dann immerhin gelungen, ihre Klient(inn)en zu Fachstellen wie der Schuldnerberatung oder Suchtambulanz zu vermitteln. "In achtzig Prozent der Fälle hat es so zumindest irgendeinen Erfolg gegeben. Nur bei ungefähr 20 Prozent wurde die Beratung leider ohne Ergebnis abgebrochen", zeigt sich die Sozialpädagogin mit ihrer bisherigen Bilanz zufrieden.
Ein Ziel, das sie nun verfolgt, ist, Ehrenamtliche zu gewinnen, die sie bei der Hilfe für die Betroffenen unterstützen. Dafür hat Christa Hamela bereits im Bürgerhaus Nachbarschaftshilfen über ihre Arbeit informiert. Sie wünscht sich, dass Menschen in ihrer Umgebung sensibel dafür sind, wo Wohnungslosigkeit droht, sowie freiwillige Helfer(innen) im Projekt, die Betroffene mit kleinen Dienstleistungen unterstützen: zum Beispiel mit Fahrten zu Ärzt(inn)en, Begleitung zu Behörden oder kleinen Renovierungsarbeiten in der Wohnung. So könnten auch Ehrenamtliche zu Brückenbauern werden, um Menschen in Krisensituationen ein Zuhause zu sichern.
Voraussetzung ist, dass die Beratungsstelle über das Jahr 2018 hinaus besteht. Nach der Anschubfinanzierung durch EHAP hofft Michael Rinnagl darauf, "dass in Zukunft die Stadt Ingolstadt dazu einen Teil beiträgt".
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