Es gibt neue Bilanzrichtlinien für den Jahresabschluss
Die Bundesregierung hat am 7. Januar 2015 einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der Bilanzrichtlinie 2013/34/ EU (Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz - BilRUG) beschlossen, der zwischenzeitlich als Regierungsentwurf vorliegt. Die Änderungen betreffen im Wesentlichen das Handelsrecht. Sie ziehen aber auch Folgeänderungen im Aktiengesetz, im GmbH-Gesetz, im Publizitätsgesetz und in weiteren Verordnungen, wie beispielsweise der KHBV (Krankenhaus-Buchführungsverordnung) nach sich.
Insgesamt werden über 200 Änderungen an 75 Paragraphen vorgenommen, welche sich zukünftig auf den Jahresabschluss auswirken. Erstmalige Anwendung finden die neuen Regelungen, mit wenigen Ausnahmen, für Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2015 beginnen.
Etwa 7000 Unternehmen sollen entlastet werden
Eine für die Praxis der Unternehmen relevante Änderung des BilRUG ist die Anhebung der sogenannten gesetzlichen Schwellenwerte. Sie dienen nach dem Handelsrecht der Einstufung von Kapitalgesellschaften in die Größenklassen klein, mittelgroß und groß (s. Abb. 1, S. 21):
Es besteht ein Wahlrecht zur Anwendung der neuen Schwellenwerte für die Jahre 2014 oder 2015. Diese sind jedoch spätestens 2016 anzuwenden. Wie der Gesetzentwurf darlegt, soll die Anhebung der Schwellenwerte dazu führen, dass rund 7000 mittelgroße Kapitalgesellschaften in Deutschland zu kleinen Kapitalgesellschaften werden. Bei circa 40.000 mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften in Deutschland bedeutet dies einen Anteil von 17,5 Prozent.
Bilanzsumme und Umsatzerlöse neu definiert
Ergänzt wird die deutliche Erhöhung der Schwellenwerte durch eine neue Definition der Bilanzsumme und der Umsatzerlöse. Im Handelsgesetzbuch (HGB) wird erstmals geregelt, dass ein auf der Aktivseite ausgewiesener nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag nicht in die Bilanzsumme einzubeziehen ist.
Deutlich relevanter stellt sich die Neudefinition der Umsatzerlöse dar. Als Umsatzerlöse waren bislang Erlöse auszuweisen, die für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit typisch sind. Soweit Erlöse nicht für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit typisch sind, waren diese unter den "sonstigen betrieblichen Erträgen" zu erfassen. Es musste also im Einzelfall nach dem Geschäftsmodell einer Gesellschaft entschieden werden, ob ein Erlös typisch oder untypisch war. Nun wird die Restriktion "von für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit der Kapitalgesellschaft typischen Erlöse" gestrichen. Damit sind zum Beispiel Mieterträge einer Krankenhaus- oder Altenheim-GmbH oder Personalverkäufe in Zukunft unter den Umsatzerlösen auszuweisen. Lediglich Erträge ohne Leistungstausch bleiben "sonstige betriebliche Erträge". Hierbei handelt es sich um Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen, Schadenersatzerstattungen und Spendenerträge.
Für Non-Profit-Unternehmen bleibt abzuwarten, ob bei dem unveränderten Kriterium der Arbeitnehmerzahlen und einer Neudefinition der Umsatzerlöse tatsächlich die Anzahl der mittelgroßen Kapitalgesellschaften sinkt, da gerade in diesen Bereichen erfahrungsgemäß der Anteil der sonstigen betrieblichen Erträge hoch sein kann.
Geänderte Abschreibung
Hinsichtlich der Bewertungsvorschriften für entgeltlich erworbene Geschäfts- oder Firmenwerte schrieb das HGB bislang die Abschreibung dieser Werte nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer vor. Sofern ein Geschäfts- oder Firmenwert über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren abgeschrieben wurde, musste im Anhang eine Begründung zur Entscheidung über die Abschreibungsdauer vorgenommen werden. Sofern nach BilRUGdie Nutzungsdauer nicht verlässlich geschätzt werden kann, sieht der Regierungsentwurf grundsätzlich einen Zeitraum von zehn Jahren vor. Im Anhang muss künftig bei entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwerten der Zeitraum der Abschreibung hingegen immer erläutert werden.
"Außerordentliche Posten" werden gestrichen
Zukünftig sind "außerordentliche Erträge", "außerordentliche Aufwendungen" und das "außerordentliche Ergebnis" in der Gewinn- und Verlustrechnung nicht mehr separat auszuweisen. Diese Angaben werden durch Einführung einer neuen Anhangsangabe ersetzt. Danach sind im Anhang der Betrag und die Art der einzelnen Ertrags- und Aufwandsposten von "außergewöhnlicher" Größenordnung oder "außergewöhnlicher" Bedeutung zu nennen und zu erläutern. Neu ist, dass auch für jeden einzelnen Ertrags- und Aufwandsposten von "außergewöhnlicher" (vorher "außerordentlicher") Größenordnung eine entsprechende Anhangsangabe vorzunehmen ist. Es müssen also nicht nur besondere Vorgänge außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (zum Beispiel im Falle von Unternehmenstransfers) erläutert werden, sondern auch für die Geschäftstätigkeit völlig typische einmalige Vorgänge von besonderer Dimension, zum Beispiel auch einmalige, sehr große Geschäftsvorfälle unter dem Posten "Umsatzerlöse". Beispielhaft sind hier Grundstücksverkäufe zu nennen, die zu einem deutlichen Ergebnisbeitrag geführt haben. Diese waren bislang ohne weitere Erläuterungen unter den sonstigen betrieblichen Erträgen auszuweisen. Zukünftig handelt es sich um Umsatzerlöse (siehe oben), die im Anhang aufgrund der "außergewöhnlichen" Größenordnung erläutert werden müssen. Im Ergebnis hat der Gesetzgeber zwar das "außerordentliche Ergebnis" aus der Gewinn- und Verlustrechnung gestrichen, den Informationsbereich im Anhang jedoch deutlich erweitert.
Viele Neuerungen und Änderungen im Anhang
Nach den neuen Vorschriften (§ 284 HGB-E) sind Anhangsangaben künftig in der Reihenfolge der einzelnen Posten der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung darzustellen. Darüber hinaus sind Angaben zur Ausübung von Wahlrechten vorzunehmen. In die Herstellungskosten einbezogene Zinsen für Fremdkapital sind erstmals einzeln zu beziffern und im Anlagegitter postenbezogen darzustellen. Die Entwicklung des Anlagevermögens ist nun verpflichtend in einem dem Anhang beizufügenden Anlagengitter darzustellen. Bislang durfte diese Darstellung auch noch in der Bilanz erfolgen. Diese alte gesetzliche Regelung wurde in der Praxis allerdings selten bis gar nicht angewendet.
Die sogenannten "sonstigen Pflichtangaben" im Anhang haben mit insgesamt 20 Änderungen die umfassendsten Neuerungen im Rahmen des BilRUG erfahren. Folgende Änderungen sind für gemeinnützige Einrichtungen und Organisationen relevant:
- Die Auswirkung von nicht in der Bilanz enthaltenen Geschäften auf die Finanzlage ist anzugeben.
- Verpflichtungen betreffend die Altersversorgung und verbundene oder assoziierte Unternehmen müssen bei den sonstigen finanziellen Verpflichtungen angegeben werden.
- Die Angabepflichten betreffend Unternehmen, an denen Beteiligungen bestehen, wurden erweitert.
- Der Zeitraum, über den Geschäfts- oder Firmenwerte abgeschrieben werden, soll generell erläutert werden (siehe oben).
- Außergewöhnliche Geschäftsvorfälle (siehe oben) sind im Anhang darzustellen.
- Der Nachtragsbericht über Vorgänge von besonderer Bedeutung nach dem Stichtag wurde aus dem Lagebericht in den Anhang verlagert; im Ergebnis muss damit der Nachtragsbericht zukünftig nicht mehr nur von mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften gemacht werden.
- Ein Ergebnisverwendungsvorschlag ist im Anhang darzustellen.
Wie ist die Änderung zu beurteilen?
An der Vielzahl und am Detaillierungsgrad der Regelungen zeigt sich die Reichweite der durch das BilRUG angestoßenen Reformierung. Die zentralen Änderungen des BilRUG betreffen die handelsrechtliche Rechnungslegung. Insgesamt werden die Anforderungen an das Rechnungswesen weiter steigen. Ausweislich des Regierungsentwurfs geht der Gesetzgeber davon aus, dass aufgrund einer Reduktion von Informationspflichten (beispielsweise durch die erstmalige Einstufung als kleine Kapitalgesellschaft und hieraus resultierende Erleichterungen bei der Veröffentlichung von Jahresabschlüssen im elektronischen Bundesanzeiger) die Wirtschaft um rund 87 Millionen Euro entlastet wird. Vorteilen im Zusammenhang mit eventuellen Informationspflichten steht jedoch eine Vielzahl von Änderungsvorschriften gegenüber, insbesondere im Anhang. Derzeit ist nicht davon auszugehen, dass der Regierungsentwurf im Rahmen des weiteren Gesetzgebungsverfahren noch große Änderungen erfährt. Da die Zeit drängt, weil der Gesetzgeber die EU-Richtlinien bis zum 20. Juli 2015 in nationales Recht umsetzen muss, ist der Spielraum für weitere Anpassungen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens stark eingeschränkt. Es ist daher sinnvoll, sich zeitnah mit den entsprechenden Vorschriften auseinanderzusetzen und im Rechnungswesen die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen.
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Mit Blick auf das Ganze
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