Ein eigenständiger Fachdienst in der Caritas
Aktuell gibt es eine breite Diskussion über die Ausrichtung, Rolle und Aufgaben der Allgemeinen Sozialberatung in der Diözesanreferentenkonferenz ASB. Das Profil der ASB basiert auf fachlichen Standards, die in den Qualitätsleitlinien der Allgemeinen Sozialberatung in der Caritas im Jahr 2007 fortgeschrieben wurden.1
Insgesamt besteht für alle Dienste der Caritas ein zunehmender Finanzierungsdruck durch den Rückgang von öffentlichen Mitteln, aber auch Kirchensteuermitteln. In der ASB kann als Folge beobachtet werden, dass ASB-Mitarbeiter(innen) zunehmend andere Aufgaben mit wahrnehmen müssen und die Anzahl der ASB-Stellen bundesweit rückläufig ist. Parallel dazu werden fachliche Standards insofern infrage gestellt, als das Leistungsspektrum der ASB zunehmend auf refinanzierte Leistungsmodule beschränkt wird.
Hinzu kommen in den letzten Jahren konzeptionelle Diskussionen, wie Caritasdienste mit ihren Angeboten den Bedarfen der Menschen gerecht werden, wie sie zum Beispiel in der Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Sinus-Milieus, der Vernetzung der Dienste, der regionalen Etablierung von Caritaszentren und dem Ansatz der Sozialraumorientierung zum Ausdruck kommen.
Vor diesem Hintergrund werden in der Diözesanreferentenkonferenz ASB zwei Ausrichtungen der Allgemeinen Sozialberatung diskutiert:
Zum einen geht es um ein Modell, das die ASB als methodisches Handlungskonzept versteht, das Bestandteil der Arbeit anderer Fachdienste ist. Dieses Modell basiert auf der Annahme, dass beispielsweise Leistungsmodule wie das Clearing, die Erstberatung, die Weitervermittlung in andere spezialisierte Fachdienste oder zu Kooperationspartnern sowie die materielle Existenzsicherung bereits heute in unterschiedlichen Diensten wie etwa der Schuldnerberatung oder der Wohnungslosenhilfe Bestandteil des Leistungsangebotes sind. In diesem Verständnis wird die ASB auf einzelne Leistungsbestandteile reduziert, die ohne weiteres durch andere Fachdienste erbracht werden können und teilweise erbracht werden.
Dem gegenüber steht das Modell der ASB als eigenständiger Fachdienst mit einem eigenen Profil und mit klaren Aufgabenstellungen, die über die vorgenannten Leistungsmodule hinausgehen.2 Die wesentlichen Ziele und Aufgabenstellungen sind zuletzt innerhalb der Qualitätsleitlinien wie folgt beschrieben worden:
- Erhalt und Sicherung der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben;
- Entwicklung, Erhaltung und Verbesserung der Selbsthilfekompetenz der Nutzer(innen) zur eigenverantwortlichen Lebensgestaltung;
- Respektieren und Akzeptieren von Nutzer(inne)n in ihrem Menschsein;
- Erhaltung und Schaffung von Bedingungen für eine menschenwürdige Lebensqualität, Bekämpfung von Armut.
Hierzu bedarf es Mitarbeiter(innen), die sich als qualifizierte Generalisten verstehen und über ein umfassendes und differenziertes Methodenrepertoire verfügen.
ASB bringt Armut ins gesellschaftliche Bewusstsein
Der ASB kommt eine herausgehobene Bedeutung hinsichtlich des sozialpolitischen Engagements der Caritasverbände zu, indem sie einerseits innerverbandlich als anerkannte Fachstelle für den Armutsbereich das Thema im Bewusstsein anderer Fachbereiche aufrechterhält und anderseits lokale soziale und politische Entwicklungen im Sozialraum erkennt, bewertet und beeinflusst. So zu finden in den Praxisindikatoren der Qualitätsleitlinien zum Themenbereich „Politische Verantwortung“. Weiter heißt es: „Die Allgemeine Sozialberatung positioniert ihre Mitarbeiter(innen) in relevanten politischen Gremien und meldet sich angemessen in der Öffentlichkeit zu Wort.“
Im Ergebnis der Diskussion innerhalb der Diözesanreferentenkonferenz ASB kann ein eindeutiges Votum für das Modell des eigenständigen Fachdienstes konstatiert werden. Gerade vor dem Hintergrund der gesellschaftspolitischen Themen, die in den letzten Jahren im Deutschen Caritasverband diskutiert und über Projekte vorangebracht wurden, wie die Befähigungsinitiative, Teilhabeinitiative und die aktuelle Solidaritätsinitiative, hat die ASB wichtige Aufgaben nach ihrem Selbstverständnis bearbeitet. Zukünftig wird ihr verstärkt die Aufgabe zukommen, den sozialraumorientierten Handlungsansatz für sich weiterzuentwickeln und unter Berücksichtigung der fünf handlungsleitenden Prinzipien3 gemeinsam mit anderen Fachbereichen Wirkung in den Sozialraum zu entfalten. Hier kann die ASB durch ihren bisherigen Ansatz der sozialraumbezogenen Arbeit auf eine gute Grundlage zurückgreifen und sich in diesem Sinn als Motor für die Sozialraumorientierung der Caritas und als wirksames Instrument der Armutsbekämpfung in den unterschiedlichen Sozialräumen erweisen.
Anmerkungen
1. Veröffentlicht im Carinet unter „Arbeitsgruppen“, „Caritas Deutschland“, „Beiträge“, „Ordner Qualitätsmanagement“, „Ordner Qualitätsleitlilnien“: „Qualitätsleitlinien Allgemeine Sozialberatung“, eingestellt am 2. Mai 2008.
2. Siehe dazu auch den Titelbeitrag von Michaela Hofmann und Ulrich Thien in neue caritas Heft 5/2013.
3. Die fünf Prinzipien der Sozialraumorientierung sind: Orientierung an den Interessen und am Willen der Individuen; Unterstützung von Eigeninitiative und Selbsthilfe; Konzentration auf die Ressourcen; zielgruppen- und bereichsübergreifende Sichtweise; integrative Kooperation und Koordination.