Was macht die Finanzkrise mit unseren Stiftungen?
Im Caritasverband der Erzdiözese München und Freising bestehen verschiedene kleinere Stiftungen, die vor vielen Jahren für einen bestimmten sozialen Zweck gegründet wurden und seitdem treuhänderisch von Verantwortlichen im Verband verwaltet werden. Jährlich werden im Rahmen von Vorstands- und Verwaltungsratssitzungen die Überschüsse dieser Stiftungen für die angegebenen sozialen Zwecke verteilt. Die Stiftungen leisten damit einen unverzichtbaren Beitrag an sozialer Unterstützung und ermöglichen eine inhaltliche Arbeit, die vom Caritasverband selbst nicht finanziert werden könnte. Mit Ausbruch der Finanzkrise im Jahre 2008 und der darauffolgenden Wirtschaftskrise ist diese Unterstützung durch rückläufige Kapitalerträge gefährdet. Mit jedem weiteren Jahr laufen vergleichsweise hochverzinsliche und sichere Kapitalanlagen aus und können nur zu deutlich niedrigeren Zinskonditionen angelegt werden.
Veränderte Rahmenbedingungen für Geldanlagen
Ein Weg zur Stärkung der Kapitalbasis und damit zum teilweisen Ersatz wegfallender Kapitalerträge ist die weitere Professionalisierung des Stiftungsfundraisings. Mittelfristig wird man aber an einer Änderung der Kapitalanlagestrategie nicht vorbeikommen, um den Stiftungszweck dauerhaft aufrechterhalten zu können.
Die Welt befindet sich in einem rasanten Änderungsprozess. Gesetzmäßigkeiten des Marktes, die über Jahrzehnte das Handeln an den Kapitalmärkten prägten, scheinen überholt und nicht mehr gültig zu sein. Die teilweise vollkommen gegensätzlichen Meinungen in Fachkreisen zur künftigen Entwicklung des Euro, das Pro und Contra über den Fortbestand der gemeinsamen Währung zeigen aber auch die Hilflosigkeit der Beteiligten im Umgang mit den neuen Herausforderungen an den Kapitalmärkten.
Stiftungen werden von dieser Entwicklung in zweifacher Weise bedrängt. Weil sich der Staat und die öffentliche Hand mehr und mehr aufgrund verordneter Schuldenbremse und der generell unsicheren Haushaltslage aus der sozialen Verantwortung in der Gesellschaft zurückziehen, kommt den Stiftungen und ihren Erträgen im Bereich der sozialen Arbeit eine wachsende Bedeutung zu. Und obgleich die inhaltlichen Anforderungen zunehmen, wird es für die Verantwortlichen in den Stiftungen zunehmend schwieriger, Erträge aus dem Stiftungsvermögen zu generieren. Die Voraussetzungen hierzu haben sich nach dem Ausbruch der Finanzkrise vollständig geändert.
Gesetzliche Anforderungen und Zielkonflikte
Nach den rechtlichen Grundlagen ist das Vermögen einer Stiftung in seinem Bestand ungeschmälert zu erhalten. Es ist darüber hinaus sicher und wirtschaftlich zu verwalten. Diesen Forderungen konnten in der Vergangenheit durch ein rentenlastiges Depot, das mit sicherheitsorientierten Titeln ausgestattet war (beispielsweise Bundesanleihen, gedeckte Pfandbriefe), verbunden mit einer Laufzeitenstrategie bei "normalem" Verlauf der Zinsstrukturkurve ohne weiteres entsprochen werden. Seit einigen Jahren kann aber diese gesetzliche Forderung praktisch nicht mehr erfüllt werden. Staatsanleihen und Titel vor allem aus südeuropäischen Ländern bergen hohe Risiken bis hin zu einem möglichen Totalausfall. Anleihen aus "sicheren" Staaten wie der Bundesrepublik werfen im mittel- und kurzfristigen Bereich teilweise negative Renditen ab und auch langfristige Werte bleiben zum Teil deutlich hinter den Inflationsraten zurück, so dass von einem realen Werterhalt des Vermögens nicht mehr gesprochen werden kann.
Trotzdem ist es notwendig, Ziele für die Kapitalanlage zu definieren, die dem rechtlichen Rahmen der Stiftung nicht widersprechen. Diese lassen sich bei Stiftungen generell auf drei Kernziele zusammenfassen:
- Realer Erhalt des Stiftungsvermögens
Dies ist aktuell mit Neuanlagen ein kaum zu erreichendes Ziel. Wer in den zurückliegenden Jahren dieses Ziel auf lange Sicht konsequent verfolgt hat, kann gegebenenfalls von der Vergangenheit eine gewisse Zeit zehren. - Liquidität der Mittel
Um den Stiftungsauftrag zu erfüllen und die laufend anfallenden Aufwendungen zu decken, sollte neben einem konstanten Zufluss von Erträgen zumindest für einen großen Teil der Kapitalanlagen auf hohe Liquidität der Anlagen geachtet werden. - Regelmäßiger Zufluss von Erträgen aus der Kapitalanlage
Um den Stiftungsauftrag kontinuierlich erfüllen zu können, sind möglichst regelmäßige Kapitalerträge unabdingbare Voraussetzung.
Bereits in der Vergangenheit handelte es sich hier um teilweise konkurrierende Ziele, denn hohe Kapitalerträge waren mit "sicheren" Anlagen nur begrenzt möglich. Aktuell lassen sich mit sicherheitsorientierten Anlagen kaum Erträge generieren. Dabei ist kritisch zu hinterfragen, was heute noch als sichere Anlage gelten kann. Auch hier gehen die Expertenmeinungen weit auseinander. Rentenpapiere haben generell und Staatsanleihen im Speziellen viel von ihrem Nimbus als sicherer Hafen eingebüßt. Realwerte wie Unternehmensbeteiligungen und Immobilien haben an Bedeutung zugenommen, wobei auch diese Werte eine Reihe von Fragen aufwerfen, die es vor der Investition zu beantworten gilt: Besteht bereits eine "Blasenbildung"? Wie werden sich die Werte entwickeln, wenn das "Gelddrucken" (Quantitative easing) weltweit weiter zunimmt oder aber aufgegeben wird, um die Währung nicht weiter zu schwächen? Wird der Euro weiter Bestand haben oder wird er (teilweise) ersetzt durch nationale Währungen? Welche Auswirkung wird diese Loslösung von der Gemeinschaftswährung für die einzelnen Länder und deren Gesellschaften haben?
Was ist in Zukunft zu tun?
Zunächst empfiehlt es sich, Anlagerichtlinien zur Festlegung der Grundsätze der Anlagepolitik zu erstellen. Neben der Möglichkeit, einem Stifterwillen nachzukommen, kann mit diesem Instrument das Anlagerisiko verringert werden.
Den größten Einfluss auf die künftige Ertragslage der Stiftungen wird die zu erwartende dauerhafte Niedrigzinsphase der Kapitalmärkte haben. Weil ein niedriges Zinsniveau eine wesentliche Grundvoraussetzung für eine Entschuldung der Staaten ist, ist zu erwarten, dass ein vergleichsweise niedriges Zinsniveau beziehungsweise eine niedrige oder auch negative Realverzinsung ein Dauerzustand bleiben wird.
Damit muss aber (früher oder später, sofern noch nicht erfolgt) auch eine strategische Neuausrichtung in der Anlagepolitik erfolgen. Wesentlich ist hier der Grundsatz der Diversifikation der Anlagewerte in Anlageklassen und Anlageregionen. "Klumpenrisiken" sind zu vermeiden. Liquide Mittel sollten auf verschiedenen Banken mit unterschiedlichen Einlagensicherungsfonds verteilt werden. Es ist ratsam, die Entwicklungen auf dem Markt der sogenannten Schwellenländer in Zukunft nicht völlig außer Acht zu lassen. In einigen Schwellenländern sprechen alleine die demografischen Verhältnisse deutlich für eine zukünftige positive Entwicklung der Arbeitsmärkte beziehungsweise der gesamten Region. Durch günstigere Verschuldungsquoten und einer Währungspolitik selbstständig agierender Notenbanken, die der Politik der deutschen Notenbank vor der Euro-Einführung ähnelt, haben diese Währungen teilweise bessere Entwicklungschancen als Dollar und Euro derzeit. Da man diese Entwicklungen nur schwer beziehungsweise überhaupt nicht mit eigener, nachhaltiger Expertise verfolgen kann, ist die Beauftragung eines externen Verwalters anzuraten. Die Auswahl des oder der externen Beauftragten sollte sehr sorgfältig vorgenommen werden. Bei den Kosten sollte auf die Transparenz des Anbieters geachtet werden (versteckte Kosten). Auch empfiehlt es sich, mehrere Angebote einzuholen und die Zusammenarbeit mit mehreren Vermögensverwaltern anzustreben. Das ersetzt aber nicht die laufende Kontrolle der Arbeit und des Erfolges des Vermögensverwalters. Gegebenenfalls ist ein Wechsel des Managers beziehungsweise der Gesellschaft nötig.
Kapitalanlage in Spezialfonds
Die Vermögensanlage in einem speziell für eine Stiftung aufgelegten Spezialfonds hat durch die Saldierung der Vermögensveränderungen im Fonds gegenüber den Vermögensverwaltungen ohne Fondsmantel den Vorteil, dass die Stiftungsbilanz durch Bewertungsänderungen nur moderat beeinflusst wird. Darüber hinaus ist im Spezialfonds gegenüber dem Publikumsfonds eine kundenindividuelle Anlagepolitik möglich. Der ständig gewährleistete Kontakt zwischen Kapitalanleger und Fondsmanager bietet einen kontinuierlichen Informations- und Erfahrungsaustausch. Allerdings erfordert der Spezialfonds eine gewisse Größenordnung des Investments, und es ist ein noch größeres Augenmerk auf die Wahl des Fondsmanagements zu legen. Bankenunabhängige Angebote sollten ebenso mit in die Prüfung einbezogen werden wie das klassische Angebot der Hausbank. Die Erfahrung zeigt, dass aktiv am Markt agierende Verwalter mit solider Titelauswahl langfristig die größeren Erfolge vorweisen können.