Gemeinsam stärker in einem schwierigen Wettbewerb
Rund ein Drittel aller Krankenhäuser befindet sich in kirchlicher Trägerschaft. Die christlichen Krankenhäuser tragen im Sinne der Subsidiarität verlässlich zur Sicherung der Krankenhausversorgung bei und gewährleisten gerade in ländlichen Regionen oft die wohnortnahe Versorgung. Auch wenn zunehmend von "Gesundheitswirtschaft" gesprochen wird, wissen sie sich ihrem Auftrag verpflichtet, sich kranker Menschen im Namen und Geist Jesu Christi anzunehmen.
Um zukünftige Entwicklungen in der medizinischen und pflegerischen Versorgung, Herausforderungen im Hinblick auf den Anpassungsbedarf der Kliniken, Personalentwicklung, Kooperationen und Intensivierung von Verbundstrukturen ging es bei der ersten gemeinsamen Jahrestagung des Katholischen Krankenhausverbandes Deutschlands (KKVD) und des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes (DEKV) im September 2012 in Berlin.
Intensive Zusammenarbeit
Seit 2005 positionieren sich KKVD und DEKV gemeinsam unter dem Signet "Christliche Krankenhäuser in Deutschland" (CKiD) zu krankenhauspolitischen Gesetzgebungsverfahren, führen Gespräche mit Gesundheitspolitiker(inne)n und treten mit einer gemeinsamen Kommunikationsstrategie für die Anliegen ihrer Mitgliedseinrichtungen ein. Im Fokus der Jahrestagung standen strategische Konzepte für eine veränderte Trägerlandschaft 2020 und Zukunftsmodelle neuer Verbund- und Kooperationsstrukturen im kirchlichen Bereich. Erfolgversprechenden Schritten und Strategien auf dem Weg dorthin widmete sich eine Studie der Prognos AG Basel mit dem Titel "Krankenhauslandschaft 2020 - im Verbund stärker!" (s.a. S. 9 ff. in neue caritas Heft 21/2012).1 Die Quintessenz: "Der Weg in die Zukunft führt über starke Verbünde und verbindliche Kooperation - auch ökumenisch!"
Seit Jahren ist aufgrund des stark zunehmenden Wettbewerbs im gesamten Krankenhausbereich ein deutlicher Konsolidierungsprozess zu beobachten. Zählte der KKVD 2001 rund 480 katholische Krankenhäuser mit 111.000 Betten zu seinen Mitgliedern, so sind es aktuell 435 Kliniken mit 98.000 Betten. Überwiegend wurden Standorte zu regionalen Verbünden zusammengelegt, einzelne Einrichtungen geschlossen oder umgewidmet. Laut der Studie ging in den letzten zehn Jahren bundesweit die Zahl aller Krankenhäuser um sieben Prozent zurück, die der öffentlichen Häuser um 23 Prozent, die der freigemeinnützigen um 14 Prozent. Dagegen stieg der Anteil privater Krankenhäuser um 29 Prozent. Der Konsolidierungstrend betraf besonders mittelgroße (200 bis 500 Betten) sowie kleinere Krankenhäuser.2
Als maßgebliche Herausforderungen benennt die Prognos AG im Wesentlichen den Fachkräftemangel, die Öffnung der ambulanten Versorgung für Kliniken im Bereich spezialisierter Leistungen (zum Beispiel ambulante Operationen), den Ausbau und die Verbesserung sektorübergreifender Versorgungsstrukturen (etwa durch Medizinische Versorgungszentren [MVZ]) sowie die Erschließung neuer Finanzierungsinstrumente und die Optimierung von Organisationsstrukturen durch ein handlungsfähiges Management.
Pluspunkt: Aus-/Fortbildung
Eindeutige Stärken sieht die Studie bei den christlichen Krankenhäusern im Bereich der Aus- und Weiterbildungsförderung. Eine große Chance im Kampf gegen den Fachkräftemangel liege in ihrem Engagement für die Ausbildung in den Pflegeberufen und dem Weiterbildungsangebot für Ärztinnen und Ärzte: Über zwei Drittel der kirchlichen Träger bilden aus. Durch attraktive Rahmen- und Arbeitsbedingungen, gezielte Ausbildung und wirkungsvolle Fort- und Weiterbildung können sie Fachkräfte aus dem eigenen Ausbildungsfundus rekrutieren.
Ein weiteres zentrales Thema der Studie ist die patientennahe Versorgung. Deshalb stehen die Träger und die christlichen Krankenhausverbände für einen ungehinderten, vom Gesetzgeber gewollten Zugang zur ambulanten Versorgung durch MVZ an und in Trägerschaft von Krankenhäusern. Dabei sei die Gründung von MVZ nicht nur auf dem Land, sondern im Bedarfsfall auch in städtischen Ballungszentren erforderlich.
Bereits heute positionieren sich die kirchlichen Krankenhäuser im Wettbewerb mit neuen Versorgungsformen und ambulanten Leistungsangeboten. Evangelische und katholische Krankenhäuser arbeiten regional und lokal bereits gut zusammen: So haben sich Anfang 2012 zehn katholische und evangelische Krankenhäuser zum "Verbund christlicher Kliniken Brandenburg" zusammengeschlossen. Mit dem "Klinikum Mittelmosel" ist ein neues Verbundkrankenhaus aus einem evangelischen und einem katholischen Träger hervorgegangen (s.a. S. 12ff. in neue caritas Heft 21/2012). Ökumenische Kooperationen gibt es auch auf der fachlichen Ebene: So arbeitet das Flensburger Diakonissenkrankenhaus bereits seit 2005 mit seinem katholischen Nachbarn, dem St. Franziskus-Hospital, eng zusammen. Stets werden die jeweiligen Spezialisierungen in die Behandlungskette einbezogen.
Investitionen werden zukünftig immer mehr über die Innenfinanzierung der Träger in Verbindung mit Fremdkapital, Leasingverträgen und Partnerschaften in Versorgungsketten erfolgen müssen. Diesen Trends müssen auch kirchliche Krankenhäuser verstärkt Rechnung tragen. Schließlich haben die christlichen Krankenhäuser das Management als eines der großen Zukunftsthemen im Hinblick auf Solidität und Wettbewerbsstärke erkannt. Die Studie zeigt die Optimierungspotenziale auf. Die große Mehrheit der befragten Geschäftsführungen will mit ihren Häusern im Markt wachsen: Dies erfordert flexibles und zügiges Handeln, um die Effizienz zu steigern und Einsparpotenziale zu realisieren.
Während allgemein die Zunahme von Verbundstrukturen erwartet wird, sieht allerdings nur die Hälfte der Befragten die eigene Einrichtung künftig in einen größeren Verbund integriert. Mit diesem Ergebnis wird man sich in den einzelnen Regionen und Bistümern intensiv auseinandersetzen müssen.
Politik in die Pflicht nehmen
Die Prognos-Studie und Diskussionen sowohl auf der Jahrestagung als auch in den Verbandsgremien zeigen den Handlungsbedarf für die nächsten Jahre auf: Einerseits muss auf der verbandlichen Ebene in Richtung Bundes- und Landespolitik für eine ausreichende Refinanzierung der Leistungen und Rahmenbedingungen Sorge getragen werden, damit Investitionen in den medizinischen Fortschritt, die sich demografiebedingt verändernden Behandlungsbedarfe und die Sicherstellung der wohnortnahen Versorgung möglich sind (vgl. a. Statement S. 14 in neue caritas Heft 21/2012). Bund und Länder müssen ihrer Finanzierungsverantwortung zur Sicherstellung der Versorgung nachkommen . Die rigide Kostendämpfungspolitik der letzten Jahre ging einseitig zulasten der Mitarbeitenden und Patient(inn)en in den Krankenhäusern. Zugleich müssen innerverbandlich die Chancen regionaler Verbünde und verbindlicher Kooperationen in alle Richtungen genutzt werden - sektorübergreifend wie innerkonfessionell und ökumenisch.
Ein großes Anliegen der CKiD ist es ebenfalls, die einzelnen Mitgliedshäuser in die Kommunikationsstrategie einzubeziehen. Für eine bessere regionale Vernetzung christlicher Krankenhäuser untereinander und mit anderen Diensten und Einrichtungen wird eine Kommunikation über Initiativen, Projekte und Best-Practice-Ansätze ein wesentlicher Baustein sein. Die CKiD fördern aus diesem Grund die Vernetzung der Verantwortlichen für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit aus den katholischen und evangelischen Krankenhäusern. Ein erstes Netzwerktreffen bei der Jahrestagung diente zum Austausch über die gemeinsame Kommunikationsstrategie und die Frage, was das christliche Profil für die Öffentlichkeitsarbeit bedeutet und wie es in geeigneter Form in der eigenen Kommunikationsstrategie zur Geltung kommt.
Anmerkungen
1. Zur Studie: www.christliche-krankenhaeuser.de/Downloads/Presse/Publikationen. Hier finden sich auch die größten 27 CKiD-Träger.
2. Vgl. hierzu S. 11 der Prognos-Studie.