Nur Transparenz schafft Vertrauen
Die Caritasverbände und ihre Mitgliedsorganisationen sind in hohem Maße auf das Vertrauen von Politik, Gesellschaft und privaten Geldgebern angewiesen. In den letzten Jahren mehren sich die Angriffe auf die freie Wohlfahrtspflege und die Vorwürfe, es fehle an Transparenz.
Kritisiert wird, die sehr frei gestaltbare Rechtsform des Vereins werde von der Wohlfahrtspflege missbraucht. In der Tat findet ein großer Teil ihrer entgeltfinanzierten sozialwirtschaftlichen Tätigkeit in Form der steuerrechtlich privilegierten Zweckbetriebe statt. Im Gegensatz zum Recht der Kapitalgesellschaften ist der Schutz des Rechtsverkehrs beim eingetragenen nichtwirtschaftlichen Verein deutlich geringer ausgestaltet. Der Gesetzgeber ist nicht davon ausgegangen, dass eingetragene nichtwirtschaftliche Vereine in großem Umfang wirtschaftlich tätig sein werden. Anerkannt ist allerdings, dass ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb der Eintragung in das Vereinsregister nicht im Wege steht, wenn er wie bei der Wohlfahrtspflege für die Verfolgung des satzungsgemäßen Zwecks unentbehrlich ist (Nebentätigkeitsprinzip). Gefordert wird aber auch in diesem Fall, dass Gläubigerschutzinteressen dem Betrieb der wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe nicht entgegenstehen dürfen. Sicherlich sind auch bei der in großem Umfang sozialwirtschaftlich tätigen freien Wohlfahrtspflege Gläubigerschutzinteressen betroffen. Um dem Vorwurf des Missbrauchs zu begegnen, sollte die Wohlfahrtspflege daher freiwillig die gleichen gläubigerschützenden Anforderungen erfüllen, die der Gesetzgeber zum Beispiel einer GmbH auferlegt: Dazu gehören etwa die Beachtung
- bestimmter Vorgaben der Mindestkapitalausstattung,
- der Bilanzierungs-, Publizitäts- und Prüfungspflichten nach §§ 238-342e HGB
- einschließlich der Besonderheit der Konzernrechnungslegung bei Vereinen mit ausgegründeten Tochtergesellschaften im Allein- und Mehrheitsbesitz,
- der Unbeschränkbarkeit der Vertretungsmacht der Vereinsorgane im Außenverhältnis.
Die Wohlfahrtspflege ist daher nicht nur aus politischen Gründen, sondern auch von Rechts wegen gehalten, mehr für den Gläubigerschutz und für die Transparenz zu tun.
Nur schwer durchschaubar für die Öffentlichkeit sind die historisch gewachsenen komplexen Verbandsstrukturen und die Finanzierungsgrundlagen der Caritas. Auch die von ihr und ihren korporativen Mitgliedern ausgegründeten als gemeinnützig anerkannten Kapitalgesellschaften (GmbH, AG) sind oft sehr intransparent, weil etwa Daten zur Identität der Anteilseigner und ihre Anteile weder intern noch öffentlich preisgegeben werden.
Die Caritasverbände und ihre die kirchlichen Autonomieprivilegien in Anspruch nehmenden Mitgliedsorganisationen sollten nicht nur ihre wichtigsten selbstverpflichtenden Rechtsgrundlagen (Satzungen, Leitbilder, Qualitätsgrundsätze, Verhaltenskodizes) und Unternehmensbeteiligungen publizieren, sondern auch keine Zweifel über ihre Zugehörigkeit zur Caritas und zur katholischen Kirche aufkommen lassen. Die organisierte Caritas erhält ihr Gesicht durch ihre Mitarbeiter(innen) und durch ihre Repräsentanten und Funktionsträger. Da aus verständlichen Gründen nicht alle Mitarbeiterdaten veröffentlich werden können, sollte wenigstens die Identität der wichtigsten Repräsentanten der Öffentlichkeit zugänglich sein (zum Beispiel im Internet). Während sich die Identität gewerblicher Unternehmen von ihren gewinnbeteiligten Anteilseignern ableitet, verstehen sich die in den Organen der Caritas tätigen Katholiken als demokratisch legitimierte Garanten und Treuhänder der besonderen Zweckbindung ihrer Organisation. Die Caritas ist daher bei der Darstellung ihrer Identität auf die ihrer Glaubwürdigkeitsgaranten und Gewährsträger angewiesen.
Zur notwendigen Transparenz der Caritas gehört auch, wesentliche Wirtschaftsdaten der Öffentlichkeit (zum Beispiel im Internet) besser zugänglich zu machen. Die derzeitige Einrichtungsstatistik ist sehr wichtig, reicht allerdings nicht aus. Zu Recht wird das Fehlen einer Finanzstatistik der freien Wohlfahrtspflege bemängelt. Zu begrüßen sind die gemeinsam vom DCV und dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland entwickelten Transparenzstandards.