Idealverein - quo vadis?
Die Rechtsform des „gemeinnützigen“ Vereins ist neben der GmbH sowie der Stiftung die im caritativen Bereich am häufigsten anzutreffende Rechtsform. So sind neben Verbänden auch einige Sozialunternehmen als Träger von Krankenhäusern, Altenheimen sowie sonstigen caritativen Einrichtungen vereinsrechtlich organisiert. Der nichtwirtschaftliche Verein nach § 21 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), auch Idealverein oder kurz e.V. genannt, ist jüngst durch Urteile des Kammergerichts (KG) Berlin, in denen Vereinen ihre Eintragungsfähigkeit abgesprochen wurde, in den Fokus rechtlicher und steuerlicher Betrachtung geraten.
Nach § 21 BGB erlangt ein Verein, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereinsregister. Auf dieser Rechtsgrundlage hat das KG Berlin nunmehr zum wiederholten Mal seine Auffassung mitgeteilt, wonach eine wirtschaftliche Betätigung eines Vereins, die nicht bloßer Nebenzweck zu seinem ideellen Hauptzweck ist, dazu führe, dass der Verein nicht als Idealverein in das Vereinsregister eingetragen werden könne. Dies sei selbst dann der Fall, wenn der Verein mit seiner wirtschaftlichen Betätigung einen steuerbegünstigten Zweck verfolgt und der insoweit bestehende wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in gemeinnützigkeitsrechtlicher Hinsicht als sogenannter Zweckbetrieb einzuordnen und auf dieser Weise steuerbegünstigt ist.
Im jüngsten Fall des KG Berlin vom 7. März 2012 (Az. 25 W 95/11) ist das Gericht davon ausgegangen, dass der Antragsteller die Förderung der Klaviermusik (Unterstützen und Ausbilden von Pianisten und Komponisten) im Wesentlichen nur durch entgeltliche Konzerte und Veröffentlichen von entgeltlicher Klaviermusik erreichen könne, was einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb von nicht nur untergeordneter Bedeutung erfordere. Dann aber könne er aus vereinsrechtlicher Sicht kein Idealverein sein, auch wenn er nach seiner Satzung steuerbegünstigt ist. Dieses Schicksal hatte 2011 bereits einen Verein getroffen, der eine Kindertagesstätte betreiben wollte (Urteil des KG Berlin vom 18. Januar 2011, Az. 25 W 14/10).
Prüfen, ob der e.V. die richtige Rechtsform ist
Aus gemeinnützigkeitsrechtlicher Sicht gilt in Bezug auf die wirtschaftliche Betätigung von Vereinen etwas anderes, selbst wenn es sich nicht nur um eine wirtschaftliche, sondern darüber hinaus auch um eine ertragsteuerpflichtige Betätigung handelt. Die Finanzverwaltung ist inzwischen von der Geprägetheorie abgerückt und erlaubt, dass eine steuerbegünstigte Körperschaft Mittel zur Finanzierung des steuerbegünstigten Zwecks durch eine gegebenenfalls auch überwiegende steuerpflichtige wirtschaftliche Betätigung erlangt. Für die Fälle des KG Berlin hieße das, dass selbst eine überwiegend steuerpflichtige wirtschaftliche Betätigung des Vereins der Anerkennung als steuerbegünstigte Körperschaft nicht schadet, solange die Erträge aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dem steuerbegünstigten Zweck zugutekommen.
Dies ändert aber nichts an der abweichenden vereinsrechtlichen Beurteilung. Zwar ist die vereinsrechtliche Praxis derzeit weitestgehend noch eine andere. Die Urteile des KG Berlin sind rechtsdogmatisch aber kaum angreifbar. Zudem haben die Vereinsregister auch bei bereits eingetragenen Vereinen die Möglichkeit, diesen die Rechtsfähigkeit nachträglich zu entziehen. Daher ist mehr aus vereinsrechtlicher denn aus gemeinnützigkeitsrechtlicher Sicht bei der Aufnahme einer Tätigkeit zu prüfen, ob der e.V. tatsächlich die anzustrebende Rechtsform für eine steuerbegünstigte Einrichtung ist. Alternativ bietet sich etwa die gemeinnützige GmbH an.
Bereits bestehende eingetragene Vereine mit im Hauptzweck wirtschaftlicher Betätigung (Kindergärten, Altenheime, Krankenhäuser) sollten – im Falle eines Aufgreifens dieser Problematik durch das zuständige Registergericht oder Verwaltungsbehörden – zur Vermeidung denkbarer Streitigkeiten sowie von Haftungsgefahren überlegen, diese Wirtschaftsbetriebe in eine andere Rechtsform zu überführen, beispielsweise im Wege einer Ausgliederung in eine gemeinnützige GmbH oder sogar durch einen Rechtsformwechsel nach dem Umwandlungsgesetz.