Den Nutzwert steigern und die Kosten senken
Mehr als 11.500 teil- und vollstationäre Pflegeheime versorgen in Deutschland über 700.000 pflegebedürftige Personen.1 Freigemeinnützige Träger, zu denen auch die Caritas zählt, betreiben über die Hälfte dieser Pflegeheime. Zusammen mit Altenheimen, die oft an Pflegeheime angeschlossen sind, stellen die Pflegeimmobilien somit sehr große Flächen dar. Diese Gebäude verursachen hohe Kosten für die Eigentümer beziehungsweise Betreiber. Die meisten Kosten entstehen dabei nicht in der Bau-, sondern in der Nutzungsphase.
Auch wenn bei der Planung schon ein Großteil der späteren Kosten beeinflusst wird, lassen sich auch in der Nutzungsphase selbst noch viele Prozesse optimieren wie etwa die Instandhaltung oder die Ver- und Entsorgung. Ein Konzept zum Betrieb von Immobilien ist der Facility-Management-Ansatz. Er versucht durch "die permanente Analyse und Optimierung der kostenrelevanten Vorgänge rund um bauliche und technische Anlagen, Einrichtungen und im Unternehmen erbrachte (Dienst-)Leistungen, die nicht zum Kerngeschäft gehören"2, den Nutzwert für Eigentümer, Betreiber und Menschen im Gebäude zu steigern und dabei die Kosten zu senken.
Der Nutzer der Immobilie steht im Mittelpunkt
Die Kernelemente von Facility Management sind die effiziente Gebäudebewirtschaftung und die Unterstützung der Kern- und Wertschöpfungsprozesse der Mitarbeiter(innen). Dabei werden Arbeitsabläufe ganzheitlich betrachtet, so dass Prozesse optimiert und Leistungen gebündelt werden können. Dadurch lassen sich auch Synergieeffekte erreichen.
Das verdeutlichen auch die wesentlichen Charakteristika von Facility Management, die in einem entsprechenden Konzept für eine Pflegeimmobilie berücksichtigt werden könnten:
1. Die menschliche Komponente:
Der Mensch steht als Nutzer der Immobilie im Mittelpunkt, das heißt, die Immobilie soll für die Nutzer da sein. Das mit einer Pflegeimmobilie verbundene Ziel könnte also zum Beispiel darin bestehen, die Zufriedenheit der Patient(inn)en und die Motivation der Mitarbeiter(innen) zu steigern. Insofern schließt dieser Punkt auch soziale Aspekte ein.
2. Die Prozessorientierung:
Die Steuerung der Prozesse (Wie werden Dienstleistungen erbracht?) ist wichtig für die
Nutzerzufriedenheit, da neben den Ergebnissen auch die Umstände der Erbringung wichtig sind. So wird zum Beispiel das Rasenmähen am frühen Nachmittag als störend empfunden werden, auch wenn das Ergebnis unabhängig von der Uhrzeit ist.
3. Die Organisationsstruktur:
Facility Management unterstützt alle Dienstleistungen, wenn sie nicht Hauptbestandteil der unternehmerischen Aktivität sind, wie das beispielsweise bei einem Immobilienunternehmen der Fall wäre. Dabei werden nicht nur gebäudenahe, sondern alle Dienstleistungen einbezogen, die nicht zum Kerngeschäft gehören. Bei Pflegeimmobilien muss im Detail abgegrenzt werden, welche Leistungen zum Kerngeschäft gehören, zum Beispiel die Essenszubereitung und -versorgung.
4. Die Zielorientierung:
Die verschiedenen Interessen der Anspruchsgruppen müssen in Einklang gebracht beziehungsweise ausgeglichen werden. Während zum Beispiel ein Immobilienfonds, der eine Pflegeimmobilie im Eigentum hält, eher monetäre Ziele haben dürfte (Erhaltung und Vermehrung des eingesetzten Kapitals), hat der Betreiber wahrscheinlich das Ziel, dass die genutzten Gebäude das Kerngeschäft, die Pflege, bestmöglich unterstützen.
Entscheidend für die Konzeption und Umsetzung des Facility-Management-Ansatzes ist die Definition von Aufgaben und Verantwortlichkeiten. Dabei ist es wichtig, dass Immobilieneigentümer und Betreiber der Pflegeimmobilie genaue Anforderungen an den Betrieb des Gebäudes festlegen und die notwendigen Ressourcen für die Umsetzung bereitstellen. Erfolgreiches Facility Management bedingt also nicht, Dienstleistungen an Dritte auszulagern oder billig zu vergeben. Vielmehr wird ein Organisationskreislauf rund um gebäudenahe und nicht zum Kerngeschäft zählende Dienstleistungen entwickelt, um die Erbringung von Dienstleistungen sicherzustellen, dabei jedoch klare Verantwortlichkeiten zuzuordnen und Überschneidungen zu vermeiden.
Auch ältere Gebäude sind geeignet
Das Konzept gilt für neue und bestehende Immobilien. Während man bei heutigen Planungen verstärkt Aspekte der späteren Nutzung einbezieht und Experten frühzeitig einbindet, war dies bei älteren Objekten nicht immer der Fall. Deshalb passt die bauliche Situation nicht immer optimal zu den Abläufen im Gebäude. Trotzdem gibt es noch Verbesserungsmöglichkeiten.
Wichtig ist vor allem Transparenz in die Gebäudebewirtschaftung zu bringen, also
- Bestandsinformationen zu erfassen,
- Zuständigkeiten und Abläufe transparent zu gestalten und zu standardisieren
- und gebäudebezogene Kostenrechnungssysteme einzuführen und in das Rechnungswesen einzubinden.
Dadurch kann das Leistungsniveau nachvollzogen und gegenüber den Eigentümern und Nutzern des Gebäudes offengelegt werden. Zudem kann man als Unterstützung für künftige Entscheidungen eine Datenbasis aufbauen, zum Beispiel: Welche Instandhaltungsmaßnahmen sind notwendig und welches Budget ist dafür in den nächsten Jahren einzuplanen? Die langfristige Perspektive und Priorisierung von Investitionsentscheidungen trägt auch zum nachhaltigen Handeln bei.
In Deutschland befinden sich die meisten Pflegeimmobilien im Eigentum des Betreibers.3 Dabei herrschen flache Hierarchien mit strikt getrennten Funktionen vor, zum Beispiel Pflegedienst, Soziale Betreuung, Hauswirtschaft, Technik, Verwaltung. Bei selbst betriebenen Immobilien sind bisher Facility-Management-Konzepte weniger verbreitet als bei von Immobilienfirmen verpachteten.
Aufgrund des Wettbewerbs und Kostendrucks stehen jedoch alle Unternehmen und Organisationen vor der Herausforderung, Effizienzpotenziale zu heben. Der Gebäude- und Dienstleistungsbereich bietet dabei die Chance, Qualitäten zu steigern und in Bereichen einzusparen, die nicht in die eigentliche Pflege eingreifen.
Gerade große Betreiber wie die Caritas haben gute Möglichkeiten, ein Facility-Management-Konzept einzuführen und dabei von Synergien und Erfahrungen aus vielen Objekten zu profitieren. So können
- Kennzahlen generiert und im internen Benchmarking genutzt werden,
- Dienstleistungen professionell beschafft und organisiert werden,
- professionelle Abteilungen aufgebaut werden, die überregional tätig sind.
Dafür sind nicht zwingend externe Unternehmen notwendig. Jedoch kann es sinnvoll sein, bei der Einführung eines solchen Konzeptes auf erfahrene Berater zurückzugreifen. Seriöse Volumina für Einsparpotenziale liegen üblicherweise im unteren zweistelligen Prozentbereich der Bewirtschaftungskosten, so dass sich eine solche Investition schnell amortisiert.
Anmerkungen
1. Statistisches Bundesamt: Pflegestatistik 2009. Wiesbaden, 2011.
2. GEFMA-Richtlinie 100-1, 2004, S. 3.
3. HSH Real Estate: Immobilienmarkt Research - Pflegeheime in Deutschland, 2009.