Unternehmenskontakte für soziales Engagement nutzen
Anfang des Jahres hat das bundesweit agierende CSR-Kompetenzzentrum der Caritas in Deutschland seine Arbeit aufgenommen. CSR ist die Abkürzung für "Corporate Social Responsibility" und steht für nachhaltiges und verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln auf freiwilliger Basis und über die gesetzlichen Anforderungen hinaus.1 Es dient als Konzept, das in die Unternehmensstrategie integriert wird und damit langfristig Entscheidungsprozesse des Unternehmens mitbestimmt. Das neu gegründete Kompetenzzentrum mit Sitz in Stuttgart ist die zentrale Anlaufstelle für die verbandliche Caritas sowie deren Einrichtungen und Mitgliedsverbände und für die Wirtschaft im Bereich der strategischen Zusammenarbeit zwischen Caritas und gewerblichen Unternehmen. Das Kompetenzzentrum bietet Beratungen rund um das Thema CSR, vermittelt Unternehmenskontakte und Projektanfragen, entwickelt neue Projektideen und wirkt bei der Umsetzung von überregionalen beziehungsweise bundesweiten Projekten mit.
Lokale und gesamtgesellschaftliche Verantwortung
Die Caritas-Unternehmen sehen sich traditionell einem kirchlichen und gesellschaftlichen Auftrag gegenüber, der das Prinzip der Nachhaltigkeit ebenso aufgreift wie die Übernahme von lokaler und gesamtgesellschaftlicher Verantwortung und die strategische Gewinnung von freiwilligem Engagement.2 Um diesen Auftrag zu erfüllen, unterbreitet die Caritas gewerblichen Unternehmen, aber auch öffentlichen Institutionen Kooperationsangebote, um gemeinsam an der Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen zu arbeiten und so einen aktiven Beitrag für das Gemeinwohl zu leisten. Die Zusammenarbeit ist von drei wesentlichen Merkmalen geprägt: Gleichberechtigung der Kooperationspartner, Nachhaltigkeit in der Zusammenarbeit und die strategische Verankerung des Engagements. Im Ergebnis kommt dies einer Win-win-Situation für alle Beteiligten gleich. Um die Nachhaltigkeit und den Erfolg der Zusammenarbeit zu erhöhen, sollte stets nach Anknüpfungspunkten mit dem Kerngeschäft gesucht werden. Damit dies gelingen kann, müssen CSR-Maßnahmen strategisch in der Geschäftsführung verankert sein. Nur so kann sichergestellt werden, dass die notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen auch über einen längeren Zeitraum bereitgestellt und sowohl die soziale, die ökonomische als auch die ökologische Nachhaltigkeit gleichermaßen verfolgt werden.
Bereits im Jahr 2005 hat sich die Delegiertenversammlung des Deutschen Caritasverbandes (DCV) dafür ausgesprochen, die Zusammenarbeit von Caritas und gewerblichen Unternehmen zu fördern und damit verbundene Potenziale zu nutzen. Im Rahmen eines Projektes wurde von 2006 bis 2009 ein Fachbeirat einberufen. Dieser beschäftigte sich zunächst mit den grundsätzlichen Begriffen und Definitionen, veröffentlichte Best-Practice-Beispiele und knüpfte erste Kontakte zu Unternehmen und Wissenschaft.3 In einem weiteren Schritt beschäftigte sich der Fachbeirat mit der strukturellen Verankerung von Corporate Social Responsibility in der verbandlichen Caritas. Als Ergebnis wurde festgehalten, dass ein zentraler Ansprechpartner für Unternehmen in Kombination mit einer verlässlichen verbandlichen Struktur notwendig ist, um Synergieeffekte von Unternehmenskontakten zu nutzen und überregionale Projekte umsetzen zu können. Mit dieser Ausgangslage richtete der DCV gemeinsam mit dem Diözesan-Caritasverband Rottenburg-Stuttgart Anfang des Jahres das CSR-Kompetenzzentrum für eine zweijährige Modellphase ein und stellte die Anschubfinanzierung zur Verfügung. Über ihre Angebote will sich das CSR-Kompetenzzentrum mittelfristig selbst refinanzieren. Benötigt werden außerdem Verbände und Rechtsträger der Caritas, die nach der Modellphase in die Trägerschaft des CSR-Zentrums einsteigen (siehe Statement in neue caritas Heft 18/2011, Seite 25).
Der Bedarf bei den Caritasmitgliedern an externen Dienstleistungen ist sehr unterschiedlich und reicht von Fortbildungen über professionelles Projektmanagement bei Unternehmensanfragen bis hin zu strategischen Fachberatungen. Die Leistung des Zentrums umfasst daher die kostenfreie Vermittlung und Erstberatung sowie speziell für die Caritas entwickelte Angebote für Organisationen, die sich strategisch im Bereich Corporate Social Responsibility aufstellen möchten.
Leistungsportfolio entscheidend für Partnerwahl
Zur strategischen Beratung gehört zunächst eine Profilentwicklung, bei der unter anderem folgenden Fragen nachgegangen wird: "Wie möchten wir von unseren Zielgruppen wahrgenommen werden? Was macht uns so besonders und unterscheidet uns von anderen?" Das Herausarbeiten von Alleinstellungsmerkmalen mit dem Ziel einer klaren Positionierung ist das Kernstück dieses Prozesses. Dafür notwendig ist ein tiefer Blick in das Innere der Organisation, zum Beispiel auf die Unternehmensphilosophie, die Mitarbeiterschaft oder das Leistungsportfolio. Daran schließt sich der eigentliche Prozess der Strategieentwicklung an. In einem gemeinsamen Workshop werden Informationen und Inhalte zu den Bereichen Angebot, Wettbewerb, Zielgruppen und Kommunikation gesammelt, um dann gemeinsam einen Maßnahmenplan festzulegen. Am Ende des Prozesses verfügt der Kunde über ein Konzept, das ihn in die Lage versetzt, mit Unternehmen in Kontakt zu treten und Kooperationen durchzuführen. Mit diesem erworbenen Know-how kann er außerdem abschätzen, wie hoch der Einsatz der personellen und finanziellen Ressourcen ist, um sich langfristig als strategischer Kooperationspartner für Unternehmen regional oder überregional aufzustellen. Wie erfolgreich ein solcher Prozess sein kann, zeigt der Diözesan-Caritasverband Rottenburg-Stuttgart beispielhaft an der langjährigen Kooperation mit Hyundai Motor Deutschland (www.caritas-ehrenamt.de/77458.html) oder der Stiftung "Lebenswerk Zukunft" (www.lebenswerk-zukunft.de). Ausreichend und qualifiziertes Personal ist eine wichtige Voraussetzung, um überhaupt im Bereich CSR aktiv zu werden. Bereits im nächsten Jahr wird das CSR-Kompetenzzentrum daher spezielle Schulungen und Seminare für Caritas-Mitarbeitende anbieten. Viele Unternehmenskontakte fangen mit kleinen Projekten und Aktionen an, bevor aus ihnen im Idealfall eine strategische Partnerschaft erwächst.
Regionale Kontakte nutzen
Die "Graswurzelarbeit" wird daher zunächst in den Regionen vor Ort geleistet. Damit CSR im ganzen Verband verankert werden kann, ist der Aufbau eines bundesweiten CSR-Netzwerkes ein wesentlicher Bestandteil der spitzenverbandlichen Arbeit. Die Stabsstelle Sozialwirtschaft des DCV arbeitet eng mit dem CSR-Kompetenzzentrum zusammen, um ein solches Netzwerk innerhalb des Verbandes aufzubauen. Erste Netzwerktreffen in den Regionen Köln und Stuttgart fanden bereits statt. Zielgruppe sind dabei regionale Ansprechpartner, die in ihrer Organisation bereits mit Unternehmen zusammenarbeiten oder dies in naher Zukunft gerne tun möchten. Neben dem Austausch von Praxistipps und Kontakten innerhalb von Regionen werden auch Vertreter(innen) aus der Privatwirtschaft zu diesen Treffen eingeladen, die aus Sicht des Kooperationspartners Rede und Antwort stehen. Die regionalen Veranstaltungen dienen außerdem zum Monitoring von regionenübergreifenden relevanten Themen, die auf spitzenverbandlicher Ebene aufgegriffen werden, wie zum Beispiel Fragen zum betriebswirtschaftlichen Nutzen von CSR-Maßnahmen, zu ethischen Leitlinien für die Zusammenarbeit mit Unternehmen, steuerrechtlichen Aspekten von Corporate-Volunteering-Maßnahmen oder Möglichkeiten der Zusammenarbeit über Stiftungen. Mit dem Projekt "Unternehmen aktiv in der Pflege - Themen von morgen heute bewegen" realisiert das CSR-Kompetenzzentrum zurzeit sein erstes bundesweites Projekt. Ziel ist es, den gemeinsamen Dialog zwischen Wirtschaft und Sozialwirtschaft im Bereich der Pflege zu fördern und Bespiele guter Praxis von sozialen Unternehmenskooperationen sichtbar zu machen. Projektförderer ist das Bundesgesundheitsministerium. Weitere Informationen unter: www.caritas.de/csr-pflege. Regelmäßige Informationen über das CSR-Kompetenzzentrum können unter E-Mail: csr@caritas.de angefordert werden.
Anmerkungen
1. Zur Definition von CSR siehe zum Beispiel Grünbuch Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen. KOM (2001) 366, Brüssel, 2001.
2. Siehe Leitlinien für unternehmerisches Handeln der Caritas, neue caritas Heft 20/2008, S. 31-39.
3. Der Imagefilm "Die Caritas und ihre Partner engagieren sich" zeigt Best-Practice-Beispiele aus ganz Deutschland und gibt praktische Tipps zur Projektarbeit. Er kann unter www.carikauf.de bestellt werden.