Unternehmen brauchen die richtige Altersbalance
In vielen Branchen wird es aufgrund des demografischen Wandels künftig schwierig werden, äquivalenten Ersatz für ausscheidende Mitarbeiter(innen) zu finden. Gezielte Analysen können dabei helfen, ein geeignetes Altersstrukturmanagement aufzubauen.
Ungünstige Altersstrukturen in einem Unternehmen können beispielsweise dazu führen, dass viele Mitarbeiter(innen) wichtiger Belegschaftssegmente nahezu gleichzeitig aus dem Unternehmen ausscheiden. Altersstrukturanalysen helfen zu ermitteln, in welchem "Stadium" sich eine Belegschaft befindet. Ideal ist eine altersbalancierte Belegschaftsstruktur. Vorstellungen und Ideen junger Mitarbeiter(innen) können hier optimal mit der Berufs- und Lebenserfahrung der älteren Beschäftigten gekoppelt werden - eine wesentliche Voraussetzung für Innovationsstärke, die zugleich Realisierungsrisiken minimiert.
Jugendzentrierte Unternehmen dagegen verfügen offensichtlich in geringerem Maße über Erfahrungswissen und bergen in sich zudem das Risiko, komprimierte Belegschaftsstrukturen zu entwickeln, bei denen sich quasi "Altersberge" durch die Jahre bewegen. So entstehen schließlich alterszentrierte Unternehmen mit einem permanenten Nachbesetzungsrisiko, die auch Gefahr laufen, sich immer stärker von jüngeren Generationen zu entkoppeln. Um diesen Risiken zu begegnen, ist zuerst ein Umdenken in Personalabteilungen notwendig, denn "Personalabteilungen befassen sich vorwiegend mit Problemen zur Rationalisierung, Weiterbildung und Qualifizierung des Personals, anstatt strategische Handlungsfelder durch eine sensibilisierte Thematisierung der demografischen Lage zu eröffnen"1. Hier wird es nun wichtig, geeignete Verfahren und Werkzeuge einzusetzen, um die Altersentwicklung aller Belegschaftssegmente an allen Standorten eines Unternehmens überhaupt präzise prognostizieren zu können. Wenn die gegebene Altersstruktur berücksichtigt wird, können verschiedene Szenarien simuliert und daraus gegebenenfalls Prognosen zum optimalen Einstellungsalter von neuen Mitarbeiter(inne)n abgeleitet werden. In vielen Fällen werden sich die Unternehmen auf eine weiterhin alternde Belegschaft einstellen müssen.
Personalabbau auf Kosten älterer Beschäftigter?
Damit stellt sich nun eine neue Frage: Wie akzeptiert sind eigentlich Mitarbeiter(innen) in Abhängigkeit von ihrem Alter in ihren Unternehmen? Viele Branchen haben ihre Personalstruktur auf Kosten älterer Beschäftigter umgebaut. Die Frühverrentungs- und Frühpensionierungsmöglichkeiten älterer Mitarbeiter(innen) in quasi aufnahmebereite Sozialsysteme war sicher auch eine sehr verlockende Möglichkeit, schnell, kostengünstig und vermeintlich sozialverträglich notwendige Personalmaßnahmen nahezu geräuschlos abwickeln zu können. Die vielen negativen Begleiterscheinungen solcher Vorgehensweisen sind offensichtlich und weitgehend bekannt. Seltener wird jedoch darauf hingewiesen, inwieweit sich das auf Ältere gerichtete unternehmerische Handeln auf jüngere Beschäftigte auswirkt. Nach einer offenen Umfrage, die derzeit in deutschsprachigen Kulturkreisen ermittelt wird, ist die Altersakzeptanz relativ gering. Nach über 500 Rückläufen werden auf einer Skala von 0 (keine Altersakzeptanz) bis 100 (volle Altersintegration) lediglich Werte zwischen 46 und 30 Punkten je nach befragter Altersgruppe erreicht. Die positiveren Einschätzungen, ob ältere Mitarbeiter(innen) akzeptiert werden, stammen dabei von jüngeren Menschen, während Ältere dies kritischer beurteilen. Dieser kulturelle Wert Altersakzeptanz wird sich in Unternehmen in geringerer oder höherer Form reproduzieren, wobei eine parallel laufende Branchenuntersuchung bereits zeigt, dass die Altersakzeptanz in Betrieben eher noch negativer beurteilt wird.
Somit stehen viele Unternehmen nun vor zwei Herausforderungen im demografischen Wandel: Sie müssen Möglichkeiten finden, mit fokussiertem Personalmanagement balancierte Altersstrukturen zu schaffen und gleichzeitig die Altersakzeptanz in ihrer Unternehmensstruktur wieder zu steigern, um neben dem Verlust an implizitem Wissen auch die Risiken von Desintegration, Illoyalität und gegebenenfalls Complianceaspekten zu minimieren.
Anmerkung
1. Wächter, Hartmut; Sallet, Dorothee (Hrsg.): Personalpolitik mit alternder Belegschaft. Hamp, 2006, S. 37.