Nachhaltigkeitsberichterstattung jetzt planen
Am 5. Januar 2023 ist die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in Kraft getreten. Nach den verbindlichen EU-Vorgaben müssen damit ab 2025 große Kapitalgesellschaften (branchenunabhängig) eine umfassende Nachhaltigkeitsberichterstattung im Lagebericht vornehmen. Weitere Rechtsträger der Sozialwirtschaft, die gemäß Satzung oder Gesellschaftsvertrag wie eine große Kapitalgesellschaft einen Lagebericht aufzustellen haben, werden ebenfalls die Vorgaben beachten müssen. Auch die kreditgebenden Banken und Fördermittelgeber sowie weitere Stakeholder (Kostenträger, Mitarbeiter:innen, Öffentlichkeit) fordern verstärkt die Einhaltung und Offenlegung von Nachhaltigkeitskriterien. Durch die zwingende Einbindung in den Lagebericht erfolgt eine deutliche Ausweitung der Dokumentationsanforderungen der externen Rechnungslegung. Das Thema Nachhaltigkeit ist hierbei als integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie beziehungsweise Aufgabe der Geschäftsführung anzusehen.
Aktuelle Praxis
In der aktuellen Berichterstattungspraxis ist eine zunehmende Verwendung des Deutschen Nachhaltigkeitskodexes (DNK) des Rats für Nachhaltige Entwicklung sowie der Gemeinwohlbilanz (Gemeinwohl-Ökonomie; kurz GWÖ) und des Umweltmanagementsystems EMAS zu beobachten. Daneben gibt es noch weitere zahlreiche branchen- und themenbezogene Leitfäden und Rahmenwerke, die eine Basis für eine nachhaltige Berichterstattung begründen können.
Grundlegende Hinweise zu den wichtigsten Handlungsfeldern und in der Praxis erprobten Instrumenten haben unter anderem Caritas Deutschland und Diakonie Deutschland in Leitlinien und Positionspapieren zusammengefasst.1
Klare Vorgaben für die Berichterstattung
Die verpflichtende Umsetzung im Lagebericht erfolgt unter Beachtung der sogenannten ESRS-Standards (European Sustainability Reporting Standards). Demnach werden die Nachhaltigkeitsthemen (Umwelt, Soziales, Governance) in einem separat identifizierbaren Abschnitt des Lageberichts aufgeführt. Im Rahmen der Erstanwendung erfolgt im Kalenderjahr 2026 eine Prüfung des Lageberichts 2025 mit begrenzter Sicherheit. Im Fokus stehen zunächst die Geschäftsmodellanalyse, die Wesentlichkeitsanalyse und die Prozesse zur Kennzahlenerfassung und Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie.
Umsetzung rechtzeitig starten und Schwerpunkte setzen
Die Umsetzung der Nachhaltigkeitsberichterstattung erfordert eine frühzeitige Planung und Vorbereitung. Unternehmen sollten daher bereits in der ersten Jahreshälfte 2024 eine Wesentlichkeitsanalyse und Betrachtung der unterschiedlichen Stakeholdergruppen (zum Beispiel Bewohner:innen, Mitarbeiter:innen, Kostenträger, Spender, Lieferanten, Banken) vornehmen. Im Rahmen dieser Bestandsaufnahme steht die Leitfrage, welche Erwartungen und Ansprüche die einzelnen Stakeholder an das Unternehmen haben. Die Einschätzungen der Stakeholder geben wiederum wertvolle Hinweise für die Schwerpunkte der Nachhaltigkeitsaktivitäten.
In der Wesentlichkeitsanalyse erfolgt eine Bewertung nachhaltiger Aspekte aus unterschiedlichen Perspektiven: Ökologische und soziale sowie wirtschaftliche Auswirkungen der Sozialeinrichtung auf Menschen und Umwelt beziehungsweise die wirtschaftlichen Folgen für den Träger werden hier näher betrachtet. Im Fokus aktueller Projekte stehen hierbei insbesondere die Themen Dekarbonisierungsstrategie, Abfall- und Wasserreduktion, Bewohner:innensicherheit, Mitarbeiter:innenzufriedenheit sowie Compliance und Digitalisierung. Im nächsten Schritt werden die grundlegenden Erkenntnisse in einer sogenannten Wesentlichkeitsmatrix zusammengefasst und konkrete Maßnahmen sowie klare Umsetzungsziele für die identifizierten Themen abgeleitet.
Unter Beachtung der aufgestellten Wesentlichkeitsmatrix und den hieraus resultierenden Anforderungen muss in einem weiteren Schritt der finanzielle Handlungsrahmen des Trägers sowie der relevante Zeithorizont für die einzelnen Aktionspläne (zum Beispiel Ersatzneubau, Photovoltaikanlage) in einem sogenannten Klimaschutzfahrplan überschlägig betrachtet werden. Hierbei muss das Unternehmen darlegen, in welchem Zeitraum die einzelnen Ziele (zum Beispiel Klimaneutralität bis 2040) umgesetzt werden sollen. Die wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen sowie die hierfür notwendigen Ressourcen sind im Lagebericht (ab 2025) aufzuführen.
Strategische Chancen nutzen
Sozialunternehmen sollten bereits heute die zukünftige Nachhaltigkeitsberichterstattung strategisch berücksichtigen. Insbesondere in den Themenfeldern Immobilie und Personal ergeben sich in den nächsten Jahren Herausforderungen, die Sozialunternehmen frühzeitig adressieren sollten.
Von Gebäudekühlung bis Sonnenschutz
Um beispielsweise die anspruchsvollen Energieeffizienz- und Klimaziele zu realisieren, vertritt die Europäische Union die Auffassung, dass eine Verdopplung der jährlichen Renovierungsrate des Gebäudebestandes erforderlich sei, die momentan zwischen 0,4 und 1,2 Prozent liegt. Die EU schlägt hierbei strengere Rechtsvorschriften zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden vor. Darüber hinaus sind die Betreiber von Gesundheitseinrichtungen dazu verpflichtet, die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit der Patient:innen beziehungsweise Bewohner:innen sowie den Betrieb zu evaluieren. Dies beinhaltet auch die Analyse potenzieller Anpassungslösungen wie Gebäudekühlung und Sonnenschutzsysteme.
Die Vorgaben sollen sicherstellen, dass Immobilien einen hohen Energiestandard erfüllen und eine geringe Umweltbelastung verursachen. Zusätzlich wird erstmals eine ökologische Bewertung über den gesamten Lebenszyklus der Immobilien durchgeführt. Hierbei werden alle Umweltauswirkungen, die mit dem Bau, dem Betrieb und der Entsorgung der Immobilie im Zusammenhang stehen, vollumfänglich berücksichtigt. Die umfassende Betrachtung ermöglicht es den Trägern, Transparenz zu schaffen und die finanziellen Möglichkeiten und Risiken einer nachhaltigen Immobilie zu evaluieren. Die Umstellung auf eine nachhaltige Immobilie erfordert zwar anfängliche Investitionen, bietet jedoch langfristig Potenzial für Kosteneinsparungen und eine gesteigerte Attraktivität für Investoren und Bewohner:innen.
Gibt es einen Verhaltenskodex für Lieferanten?
Nach den Vorgaben der CSRD werden Gesundheits- und Sozialeinrichtungen zukünftig verpflichtet, Angaben über Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit auf Mitarbeitende in der Wertschöpfungskette näher zu beleuchten. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die Information, ob eine systematische Analyse der Lieferanten (zum Beispiel Einhaltung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten) erfolgt beziehungsweise ein Verhaltenskodex für Lieferanten existiert, von zentraler Bedeutung. Dies betrifft insbesondere Arbeitnehmer:innengruppen, die in Branchen mit hohem Kosten- und Leistungs- sowie Zeitdruck arbeiten. Dazu gehören unter anderem Catering- oder Sicherheitspersonal sowie Mitarbeitende von Logistikanbietern.
Außerdem müssen Sozialunternehmen Angaben über die Auswirkungen ihrer Tätigkeiten auf ihre eigenen Beschäftigten machen. Dies betrifft insbesondere die Aspekte "Gesundheitsschutz und Sicherheit" (zum Beispiel Maßnahmen zur Vermeidung von Arbeitsunfällen, Prävention von berufsbedingten Erkrankungen), und "Arbeitsbedingungen" (Angaben zu den Arbeitsbedingungen wie zum Beispiel Arbeitszeiten, die Bezahlung und die Möglichkeiten zur Weiterbildung) sowie "Soziale Beziehungen" (unter anderem Angaben zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Unterstützung bei der Pflege von Angehörigen).
Rahmenwerke helfen
Die Implementierung der Governance-Faktoren in die Nachhaltigkeitsberichterstattung bedingt eine Überprüfung bestehender Abläufe des internen Kontroll- und Risikomanagementsystems sowie der personellen Zusammensetzung der Leitungs- und Aufsichtsorgane.
Die konkrete Ausgestaltung der Systeme und internen Prozesse zur Umsetzung einer richtlinienkonformen Nachhaltigkeitsberichterstattung bis 2025 erfordert ein strategisches und frühzeitiges Vorgehen. Etablierte Rahmenwerke bieten hierbei eine erste Hilfestellung bei der Erfüllung der Berichtspflichten sowie beim Aufbau einer validen und konsistenten CSRD-Berichtsstruktur.
1. Zu finden unter Kurzlink: https.//t.ly/wTXXv
Management
Was ist zu tun? Rat für Geschäftsführung und Aufsichtsrat
1. Legen Sie bereits in der ersten Jahreshälfte 2024 Verantwortlichkeit, Strategie sowie Kommunikation fest.
2. Führen Sie frühzeitig eine Wesentlichkeitsanalyse der Nachhaltigkeitsaspekte durch.
3. Identifizieren Sie die wesentlichen Handlungsfelder (zum Beispiel Emissionsreduzierung Gebäude, Lebensmittel) - wie hoch sind die CO2-Einsparungen und welche Maßnahmen sind notwendig?
4. Nutzen Sie etablierte Rahmenwerke (zum Beispiel DNK) als Grundlage.
5. Klären Sie die Datenerfassung und Berichtsabläufe mit Ihrem Abschlussprüfer.
6. Identifizieren Sie die Kennzahlen, die ab 2025 veröffentlicht werden. Besteht gegebenenfalls
Optimierungsbedarf beziehungsweise ist die Aufstellung terminlich sichergestellt?
7. Planen Sie für 2025 einen Testlauf und einen Berichtsentwurf ein.
8. Bewerten Sie die Auswirkungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung auf Ihr Geschäftsmodell
(Anforderungen im Bereich Immobilien, Lebensmittel, Mobilität).