Alle im Kirchenamt sind verantwortlich bei sexualbezogenen Straftaten
Empfehlungen zum Thema Prävention sowie Intervention und Aufarbeitung hat der Deutsche Caritasverband (DCV) erstmals im Juli 2010 verfasst. Seither wurde intensiv daran weitergearbeitet. 2019 erließ die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) jeweils für den Bereich der Prävention sowie der Intervention zwei getrennte, für alle kirchlichen Einrichtungen verbindlich geltende Ordnungen. Die Präventionsordnung der DBK wurde durch den DCV übernommen, die Interventionsordnung wurde 2021 an die Strukturen des Verbandes angepasst und von der DBK als gleichwertig anerkannt. Seither haben die Gliederungen und Mitgliedsorganisationen die Wahl, entweder die Leitlinien der DBK oder die des DCV zu nutzen und umzusetzen.
Kirchenrechtliche Neuregelungen haben nun eine Überarbeitung der Interventionsordnung bis Ende 2023 notwendig gemacht. Dieser hat der Caritasrat im November 2023 seine Zustimmung erteilt. Mit Schreiben vom 19. Januar 2024 wurden die überarbeiteten Leitlinien vom VDD als gleichwertig anerkannt.
Bei den Neuregelungen handelt es sich um eine die Weltkirche betreffende Vorgabe aus Rom, konkret um eine Änderung von can. 1398 § 2 CIC/2021. Seitdem können nicht nur Kleriker, sondern auch Ordensangehörige sowie Gläubige (also katholische Christ:innen), die in der Kirche ein Amt bekleiden oder eine Funktion ausüben, für sexualbezogene Straftaten kirchenrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.
Durch die Änderungen soll unter anderem verhindert werden, dass, wie leider in der Vergangenheit geschehen, eine straffällig gewordene Person einfach nur versetzt werden kann und an anderer Stelle neues Leid verursacht (sogenannter Drehtüreffekt). Konkret ermöglichen die Neuregelungen, kirchenrechtliche Sanktionen bei Straftaten gegen Leben, Würde und Freiheit des Menschen auch gegen Gläubige, die in der Kirche eine Würde bekleiden oder ein Amt oder eine Funktion ausüben (zum Beispiel Laienmitarbeiter:innen), anzuwenden. Richtet sich ein Vorwurf gegen eine:n katholische:n Beschäftigte:n, werden neben der Weitergabe der Informationen an die staatlichen Strafverfolgungsbehörden in erster Linie arbeits- und dienstrechtliche Maßnahmen zu ergreifen sein. Sollte danach noch Raum bleiben für eine kirchenrechtliche Ahndung, wird eine Voruntersuchung vom jeweils zuständigen Ordinarius (Generalvikar oder Bischof) nach Kenntnisnahme durchgeführt.
Für Ehrenamtliche, die ein Amt oder eine Funktion innehaben, gilt entsprechend eine Prüfung des Einzelfalls hinsichtlich angemessener Maßnahmen. Um die Umsetzung und den Meldeprozess zu klären, ist es sinnvoll, dass die Präventionsbeauftragten, die Vertreter:innen der Dienste und Einrichtungen sowie insbesondere der:die Caritasdirektor:in einer Diözese das Gespräch mit dem jeweiligen Ordinarius (Generalvikar oder Bischof) suchen, um eine pragmatische Lösung im Sinn des Ziels zu finden.
Überarbeitete Interventionsordnung
Folgende Abschnitte wurden geändert beziehungsweise ergänzt:
Abschnitt B "Zuständigkeiten - Weiterleitung von Hinweisen an andere kirchliche sowie nichtkirchliche Stellen" wurde um den kursiv gesetzten Text ergänzt:
"Hiervon unberührt bleibt die Verpflichtung zur Weitergabe von Hinweisen an die Strafverfolgungsbehörden und die Verpflichtung zur Weitergabe an den Ordinarius zum Zwecke der kirchlichen Voruntersuchung."
In Kapitel C "Vorgehen nach Kenntnisnahme eines Hinweises - Kirchenrechtliche Voruntersuchung gemäß can.1717 §1 CIC" wurde der folgende Abschnitt unter der neuen Überschrift Kirchenrechtliche
Voruntersuchung gemäß can. 1717 § 1 CIC CR 3/2023 eingefügt:
"Richtet sich der Vorwurf gegen einen anderen Gläubigen, der in der Kirche eine Würde bekleidet oder ein Amt oder eine Funktion ausübt, ist zusätzlich zu den in erster Linie zu ergreifenden ,Maßnahmen bis zur Aufklärung des Falls‘ sowie den im Kapitel E ,Konsequenzen für beschuldigte Personen und für Täter(innen)‘ beschriebenen Maßnahmen eine kirchenrechtliche Voruntersuchung gemäß can. 1717 § 1 CIC durchzuführen.
Die Leitung des Trägers informiert daher den Ordinarius des Ortes der behaupteten Tat über den Vorwurf."
Abschnitt K "Inkrafttreten und Geltungsdauer":
Darüber hinaus wurde unabhängig von den kirchenrechtlichen Änderungen der Zeitraum der Evaluation der Übernahme der geänderten Leitlinien durch die Gliederungen und Mitgliedsorganisationen auf fünf
Jahren (vormals zwei Jahre) ab Inkrafttreten erhöht.
Die vollständigen Leitlinien finden Sie unter dem Kurzlink: www.caritas.de/sexueller-missbrauch