Wer sagt, was genug ist?
Die Durchschnittliche Verweildauer in deutschen Krankenhäusern hat sich in 22 Jahren fast halbiert. Laut Statistischem Bundesamtes lag sie 1991 bei 14 Tagen, 2013 bei 7,5 Tagen. Die Folgen sind höhere Arbeitsverdichtung für die Krankenhausbeschäftigten bei verkürzten Krankenhausaufenthalten der Patienten.
Wir wissen alle, jedenfalls meistens, was für uns genug und ausreichend ist. Wie sieht es aber aus, wenn wir die Verantwortung für Dritte übernehmen - wenn es im Extremfall um Leben und Tod geht? Ein Krankenhaus ist ein hoch spezialisierter Arbeitsbereich. Hier greifen die verschiedenen Abteilungen wie ein Räderwerk ineinander. Am Beispiel "Hygiene im Krankenhaus" wird dies deutlich. Werden hygienische Standards nicht eingehalten wie beispielsweise die Händedesinfektion, kann es zu einer Übertragung von Keimen kommen. Wird die Kühlkette bei empfindlichen Lebensmitteln unterbrochen, kann dies fatale Auswirkungen auf die Gesundheit der Patienten haben.
Was ist uns die Gesundheit von Patienten und Krankenhausbeschäftigten wert?
Diese Beispiele zeigen, wie notwendig es ist, Vorgaben und Richtlinien einzuhalten. Was passiert aber, wenn Zeitvorgaben zu kurz kalkuliert werden, wenn am Personal gespart wird? Dann ist fach- und sachgerechtes Handeln nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich. Die Folgen können gesundheitliche Einschränkungen bei Patienten und Krankenhauspersonal sein bis hin zu massiven Folgeerkrankungen. Im Krankenhaus kümmern wir uns um Menschen, deswegen muss eine Versorgung den individuellen Bedürfnissen angepasst werden. Sie kann nicht auf die Minute genau veranschlagt werden. In unserem derzeitigen Gesundheitssystem geht es leider zunächst einmal ums Geld und allein um die Frage: Wer ist für die Finanzierung verantwortlich, Bund oder Länder? Die optimale Versorgung für die Bevölkerung ist in der öffentlichen Debatte zurzeit zweitrangig. Dies müsste umgekehrt sein! Was ist uns die Gesundheit von Patienten und Krankenhausbeschäftigten wert? Diese Frage gilt als unbequem und wird in der Öffentlichkeit kaum thematisiert.
Es geht um Menschen, nicht um Waren
Eine Personalbemessung wurde eigentlich bereits im Jahr 1992 im Grundsatzstrukturgesetz als Regelung über Maßstäbe und Grundsätze für den Personalbedarf in der stationären Krankenpflege, besser bekannt als Pflegepersonal- Regelung (PPR), festgeschrieben. Aus Kostengründen wurde dieses Gesetz 1996 wieder außer Kraft gesetzt. Die Gewerkschaft Verdi geht von derzeit 162.000 fehlenden Stellen aus.
Nach meiner festen Überzeugung brauchen wir im Krankenhaus dringend mehr qualifiziertes Personal in allen Arbeitsbereichen. Nur durch eine bedarfsgerechte und qualitativ gute Personalausstattung kann eine bestmögliche Versorgung gewährleistet werden. Dafür muss die Politik endlich eine zeitgemäße Personalbemessung einführen, die refinanziert wird. Nur so können die fehlenden Stellen besetzt werden. Die Ansicht "Der Markt wird es schon richten" klingt zynisch. Schließlich geht es um Menschen und nicht um Waren.