Familiennachzug – ein Gewinn für die Gesellschaft
Mit wortgewaltigen Metaphern beschreiben die Unionsparteien den Stellenwert von Familie für unser Zusammenleben. Für die CDU sind Ehe und Familie der „Fels unserer Gesellschaft”, für die CSU der „kostbarste Schatz”. Die Bedeutung von Ehe und Familie zu betonen ist zweifellos richtig. In kaum einer anderen Lebensform wird so viel Verantwortung füreinander übernommen. Ehe und Familie können in ihrer solidaritätsstiftenden Rolle daher kaum überschätzt werden. Dies gilt aber – und das wird leider allzu oft vergessen – selbstverständlich nicht nur für Deutsche, sondern auch für Ausländerinnen und Ausländer.
In einer gemeinsamen Studie der Robert Bosch Stiftung und des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration wurden Asylsuchende zu ihrer momentanen Lebenssituation befragt. Auch die familiäre Trennung, von der viele Asylsuchende betroffen sind, wurde thematisiert.
Trennung von Familienmitgliedern beeinträchtigt Integration
Die Studie „Wie gelingt Integration? Asylsuchende über ihre Lebenslagen und Teilhabeperspektiven in Deutschland” bestätigt unsere Erfahrungen, wenn es etwa heißt: „Es war in vielen Fällen zu erkennen, dass die räumliche Trennung von Familienmitgliedern und die Sorge um deren Verbleib und Wohlergehen das Ankommen in Deutschland und das Bemühen um Integration stark beeinträchtigen kann, denn unter solchen Umständen fällt es schwer, gedanklich in Deutschland anzukommen.” Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass sich die aktuelle auf zwei Jahre befristete Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Geschützte beziehungsweise deren Verlängerung negativ auswirke.
Falsch und schwer erträglich ist es deshalb, wenn den getrennten Familien mangelnde Kapazitäten in den Kommunen entgegengehalten werden. Fehlender bezahlbarer Wohnraum, fehlende Kita-Plätze und schlecht ausgestattete Schulen stellen auch für andere Familien vielerorts ein großes Problem dar, dessen Lösung man durch die Verhinderung des Familiennachzugs keinen Schritt näher kommt. Zumal dieser Zuzug bei weitem geringer ausfallen würde als ursprünglich prognostiziert. Unsere Erfahrung zeigt darüber hinaus, dass die bislang große Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung nicht abnimmt, wenn die freiwillig Engagierten es mit tatsächlich existierenden Problemen zu tun haben, sondern wenn ihnen von politischer Seite bewusst die Unterstützung schwer gemacht wird.
Um glaubwürdig zu sein, muss Politik konsistent sein. Dies erfordert eine ehrliche Auseinandersetzung mit Positionen, die offensichtlich in eklatantem Widerspruch zueinander stehen. Gesellschaftspolitisch und integrationspolitisch wird es sich auszahlen, wenn der Familiennachzug für subsidiär Geschützte wieder ermöglicht wird. Familien dürfen nicht zum Spielball taktischer politischer Manöver gemacht werden.