Die klare Chance ergreifen
Das Evangelium, aber auch das Grundgesetz lehrt uns: Mit den Flüchtlingen und Asylbewerbern kommen Menschen zu uns. Deutschland allein kann die Welt nicht retten. Aber es ergibt sich aus der demokratischen freiheitlichen Stärke unseres Landes eine Verpflichtung. Diese reicht weit über das hinaus, was wir bislang alles für Flüchtlinge und Asylbewerber geleistet haben. Sie reicht hinaus über die vielen Prüfungsverfahren, wer warum bleiben darf oder nicht.
Diese Menschen sind als Chance zu verstehen. Nicht erst, wenn klar ist, dass sie hier bleiben dürfen. Haben wir nicht vieles zu vermitteln: unsere Staatsordnung, unser Demokratieverständnis, unser Freiheitsverständnis, unsere kulturellen Grundwerte und unser friedliches Miteinander? Wir meinen, wenn man in anderen Ländern diese Werte leben würde, gäbe es auch dort mehr Frieden.
Menschen, die zu uns kommen, sind Chancen für Wissens-, Kultur- und Demokratievermittlung. Sie sind also Chancen für uns, die Welt neu zu gestalten. Sie brauchen die Perspektive einer besseren Welt. Nur so schaffen wir Anreize für ein gutes Miteinander und mehr Integration. Nur so stärken wir die Bereitschaft, sich die deutsche Sprache und unsere Verfassungs- und Gesellschaftsordnung anzueignen.
Menschen abzuschieben, nur weil sie aus einem bestimmten Staat kommen - ohne darauf zu achten, was dieser alles auf seinem Weg der oben genannten Perspektive geleistet hat -, ist kurzsichtig.
Wir brauchen aufgrund des demografischen Wandels Flüchtlinge und Asylbewerber für unsere eigene Zukunft, aber auch weil wir als Exportnation sehr gut daran täten, diese Menschen bei uns mit unserem Wissen und unseren Werten vertraut zu machen - unabhängig von ihrer Herkunft. Bleiben sie bei uns, erhöhen sich die Chancen für unsere Volkswirtschaft. Kehren sie freiwillig und in Würde zurück, gehen sie als Botschafter dessen zurück, was sie bei uns als vorbildlich erlebt haben.
Sie werden zu Botschaftern unserer Werte
Abschiebungen können deshalb zu einem kurzsichtigen, verantwortungslosen Instrument degenerieren. Der Augsburger Fall des Afghanen Ahmad S. Pouya zeigt, wie unsinnig so manche Abschiebungsregel sein kann. Er hatte die deutsche Sprache gelernt und sehr viel zu einem besseren Miteinander in unserer Gesellschaft beigetragen. Und doch will man ihn abschieben. Das macht keinen Sinn!
Wir sollten vielmehr den Mut haben, uns bei allen Schwierigkeiten immer wieder an eine alte Bauernregel zu halten: Wenn die Aussaat mager ist, wird die Ernte nicht groß sein. Wenn wir das beherzigen, könnten wir anfangen, so manches in der Asyl- und Flüchtlingspolitik neu zu denken.