Der Schutz von Mandatsträgern vor Kündigungen
Mandatsträger in Einrichtungen, die dem katholischen kirchlichen Arbeitsrecht unterliegen, können besonderen Schutz vor dienstgeberseitigen Kündigungen des Arbeitsverhältnisses genießen.
Kündigungsschutz von MAV-Mitgliedern
Mitglieder der Mitarbeitervertretung (MAV) können während ihrer Amtszeit lediglich außerordentlich gekündigt werden. Das Gleiche gilt auch für Mitglieder der Diözesanen Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen (DiAG-MAV), der Kommission zur Ordnung des Diözesanen Arbeitsvertragsrechts (KODA) und der Gesamtmitarbeitervertretung (GMAV). Die ordentliche Kündigung unter Einhaltung der einschlägigen Kündigungsfrist ist ausgeschlossen, § 19 Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO). Hintergrund dieser Regelung ist der Schutz vor Benachteiligung bei der Ausübung der Tätigkeit als Interessenvertreter der Belegschaft. MAV-Mitglieder sollen ihr Amt ohne Angst vor Entlassung ungestört und unabhängig ausüben können.
Ausnahmen kennt das Kirchengesetz nur im Falle eines Verstoßes gegen Loyalitätspflichten (Art. 5 GrO) oder für den Fall, dass die Einrichtung, in der das MAV-Mitglied tätig ist, geschlossen wird. In diesen seltenen Fällen soll ausnahmsweise auch eine ordentliche Kündigung möglich sein.
Was rechtfertigt eine außerordentliche Kündigung?
Die außerordentliche, fristlose Kündigung ist das folgenschwerste arbeitsrechtliche Mittel, das dem Dienstgeber zur Verfügung steht. Voraussetzung ist grundsätzlich das Vorliegen eines sogenannten wichtigen Grundes im Sinne des § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Darunter werden Sachverhalte subsumiert, deren Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis dem Dienstgeber die Fortsetzung unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist unzumutbar machen. In der Praxis sind dies ganz überwiegend Vorfälle im verhaltensbedingten Bereich, etwa Eigentumsdelikte zum Nachteil des Dienstgebers, schwere Verstöße im Vertrauensbereich, grobe Entgleisungen gegenüber Vorgesetzten oder Kolleg:innen oder sogar Handgreiflichkeiten. Die Bandbreite an unangemessenen Verhaltensweisen, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen können, ist groß. Eine wirksame außerordentliche Kündigung hat zur Folge, dass das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung endet.
Wenn der Dienstgeber einem MAV-Mitglied außerordentlich kündigen möchte, ist er - wie bei sonstigen Kündigungsentscheidungen auch - dazu verpflichtet, die MAV zu beteiligen, § 31 MAVO. Der Dienstgeber muss der MAV die tragenden Kündigungsgründe und natürlich die Kündigungsabsicht selbst bekanntgeben. Die Schriftform ist dafür nicht verpflichtend, aber aus Beweisgründen dennoch dringend anzuraten. Die MAV hat das Recht, hierzu innerhalb einer Frist von drei Tagen, die der Dienstgeber auch auf zwei Tage verkürzen kann, Stellung zu beziehen und Einwendungen zu erheben. Diese Einwendungen muss der Dienstgeber allerdings nur zur Kenntnis nehmen. Unabhängig davon kann er nach Durchlaufen dieser Prozedur die fristlose Kündigung aussprechen. Das von der Kündigung betroffene MAV-Mitglied ist von der Mitwirkung bei der Beratung und Abstimmung ausgeschlossen. An dessen Stelle rückt das erste Ersatzmitglied in das Gremium nach.
Für den Dienstgeber ist bei einer außerordentlichen Kündigung immer Eile geboten, denn der Ausspruch der Kündigung ist nur innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis von den Kündigungsgründen möglich, § 626 Abs. 2 BGB. In dieser knapp bemessenen Frist muss der Dienstgeber die ordnungsgemäße MAV-Beteiligung und die Zustellung des Kündigungsschreibens bewerkstelligen. Nach Zugang der Kündigung hat das betroffene MAV-Mitglied das Recht, die Wirksamkeit der Kündigung von dem zuständigen (weltlichen) Arbeitsgericht überprüfen zu lassen. Die Kündigungsschutzklage muss innerhalb einer nicht verlängerbaren Frist von drei Wochen erhoben werden. Ansonsten ist die Kündigung wirksam und nicht mehr angreifbar.
Nachwirkung und Ersatzmitglieder
Der beschriebene Kündigungsschutz gilt übrigens während der Amtszeit und für einen Nachwirkungszeitraum von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit des MAV-Mitglieds. Hintergrund dieser Regelung ist der Gedanke, dass der Dienstgeber ein etwa in Ungnade gefallenes MAV-Mitglied nicht direkt nach Ende der Amtszeit ordentlich kündigen können soll. Vielmehr ist erst eine "Abkühlungsphase" von einem Jahr einzuhalten. Ausnahmsweise ausgeschlossen ist der nachwirkende Kündigungsschutz übrigens, wenn die Mitgliedschaft in der MAV wegen Niederlegung des Amtes oder infolge einer rechtskräftigen Entscheidung des kirchlichen Arbeitsgerichts endet, die den Verlust der Wählbarkeit oder eine grobe Verletzung der Befugnisse und Pflichten als MAV-Mitglied festgestellt hat, § 13 c Nr. 2 oder 4 MAVO.
Ersatzmitglieder der MAV genießen per se keinen Sonderkündigungsschutz. Dieser entsteht erst in dem Moment, in dem das Ersatzmitglied zum vollwertigen MAV-Mitglied wird, also ab dem Zeitpunkt des Nachrückens für die Dauer des Vertretungsfalles. Nach herrschender Meinung soll den Ersatzmitgliedern allerdings der gleiche nachwirkende Schutz von einem Jahr zustehen, wie den vollwertigen Mitgliedern. Es reicht also auch ein zeitlich kurz angelegter Vertretungsfall (zum Beispiel für eine Sitzung als Krankheitsvertretung), um ein volles Jahr Sonderkündigungsschutz zu erwerben. Bei mehreren Vertretungsfällen beginnt der nachwirkende Schutz von einem Jahr jeweils erneut zu laufen.
Vergleich mit Regelungen des MVG.EKD und des BetrVG
Mitglieder des Betriebsrats und MAV-Mitglieder im evangelischen Bereich sind ebenfalls vor ordentlichen Kündigungen geschützt. Das evangelische kirchliche Arbeitsrecht kennt in diesem Zusammenhang aber ein deutlich stärkeres Beteiligungsrecht der MAV, § 21 Abs. 2 Mitarbeitervertretungsgesetz (MVG.EKD). Hier muss der Dienstgeber die Zustimmung der MAV zur fristlosen Kündigung eines ihrer Mitglieder einholen. Es genügt nicht - wie im katholischen Bereich -, dass der Dienstgeber die MAV lediglich beteiligt. Liegt deren Zustimmung nicht vor, ist der Dienstgeber gezwungen, die Zustimmung durch das kirchliche Arbeitsgericht ersetzen zu lassen, wenn er an dem Kündigungsentschluss festhält.
Auch im weltlichen Bereich ist das Beteiligungsrecht des Betriebsrates schärfer ausgestaltet als im Geltungsbereich der MAVO. Der Arbeitgeber benötigt die Zustimmung des Betriebsrats, wenn er einem Mitglied des Gremiums fristlos kündigen möchte. Liegt die Zustimmung nicht vor, ist der Arbeitgeber gezwungen, den Umweg über das staatliche Arbeitsgericht zu gehen, um eine Kündigung aussprechen zu können.
Kündigungsschutz anderer Mandatsträger
Als weitere Mandatsträger im Zusammenhang mit den Wahlen zur Mitarbeitervertretung sind die Mitglieder des Wahlausschusses und die Wahlbewerber:innen zu nennen. Diese genießen ebenfalls Schutz vor arbeitgeberseitigen ordentlichen Kündigungen für die Dauer des jeweiligen Status, § 19 Abs. 2 MAVO. Einzige Voraussetzung ist, dass die betreffende Person die Probezeit vollendet hat. Nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses genießen Wahlausschussmitglieder und nicht in die MAV gewählte Bewerber:innen einen nachwirkenden Kündigungsschutz von sechs Monaten.
Einen vergleichbaren Schutz inklusive einjähriger Nachwirkung haben darüber hinaus die Sprecher der Jugendlichen und Auszubildenden, § 51 Abs. 1 MAVO.
Auch die Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiter:innen genießt einen derartigen Sonderkündigungsschutz.
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