Stromsparende Techniken und plastikfrei frühstücken
Das Gesundheitswesen ist eine ressourcenintensive Branche mit hohen Treibhausgasemissionen. Sie kann gleichzeitig einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz leisten und dabei deutlich den Verbrauch von Energie und Materialien senken. Das vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Berlin geleitete Projekt "KLIK green - Krankenhaus trifft Klimaschutz" zeigt anschaulich, was Krankenhäuser und Reha-Kliniken gegen die Klimakrise tun können. Die in drei Projektjahren initiierten Klimaschutzmaßnahmen der beteiligten 250 Einrichtungen vermeiden insgesamt über 250.000 Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente (CO2äq). Dieses Ergebnis entspricht den Emissionen von mehr als 36.700 Fluggästen in Hin- und Rückflügen von Frankfurt/Main nach Sydney.1
Um ökologische Maßnahmen in Gesundheitseinrichtungen anzustoßen, hilft der Blick auf das eigene Leitbild. Es stellt zumeist den Menschen in den Mittelpunkt und nutzt Begriffe wie Achtung, Begleitung, Hilfe und Schutz bei der medizinischen Versorgung. Dabei ist es relevant, den Schutz zu nennen, denn ohne Klimaschutz ist Gesundheitsschutz nicht möglich. Diesen Zusammenhang haben die Kliniken im Projekt "KLIK green" genutzt, um klinikintern mehr Bewusstsein für die Relevanz von Klimaschutz zu schaffen.
Das Gesundheitssystem muss schon seit Jahren mit personellen Engpässen umgehen. Bis zum Projektbeginn im Jahr 2019 gab es in Deutschland schon mehrere Jahrhundert-Hitzesommer. Auch kamen Flutkatastrophen durch Starkregenereignisse in verschiedenen Regionen wie dem Ahrtal hinzu. 2020 hatte sich die Covid-19-Pandemie ausgebreitet, die wahrscheinlich auf den menschlichen Eingriff in die Wildtierumgebung zurückzuführen ist. Diese Umweltauswirkungen haben nicht nur die bereits vorhandenen organisatorischen und personellen Probleme in Kliniken verschärft. Sie führten zudem phasenweise zu Lieferengpässen und Ressourcenverknappung.
Hitzewellen und neue Krankheiten
Damit geht es bei Gesundheitseinrichtungen längst um mehr als um die bestmögliche qualitativ hochwertige medizinische Versorgung von Patient:innen. Das Gesundheitswesen muss mit Veränderungen wie Hitzewellen und Starkregenereignissen genauso umgehen wie mit den vermehrt auftretenden oder bisher nicht in unseren Breiten ausgebrochenen Krankheiten, die der Klimawandel mit sich bringt.
Auf politischer Ebene hat die Bundesregierung mit dem Klimaschutzgesetz 2021 einen Generationenvertrag festgelegt. Bis 2030 sollen - und das gilt ebenfalls für Gesundheitseinrichtungen - 65 Prozent des Treibhausgasausstoßes gegenüber den Emissionen von 1990 gesenkt werden. Bis 2045 soll Deutschland treibhausgasneutral werden.2
Zu Klimamanager:innen qualifiziert
"KLIK green" setzt hier an, damit Krankenhäuser und Reha-Kliniken einen sichtbaren Beitrag zum Klimaschutz leisten und gleichzeitig davon profitieren, indem möglichst wenige Menschen an den Folgen des Klimawandels erkranken und krankenhauspflichtig werden. Mit Mitteln der Projektpartner und der Nationalen Klimaschutzinitiative des Bundesumweltministeriums konnten sich 187 Klinikbeschäftigte zu Klimamanager:innen qualifizieren lassen. Ein breites Angebot an Schulungen, Themenworkshops sowie Projekttreffen ermöglichte den fachlichen Austausch und unterstützte beim Umsetzen von Klimaschutzmaßnahmen. Die Klimamanager:innen kommen nicht nur aus Bereichen wie Technik und Bau, sondern arbeiten in der Verwaltung, im Qualitätsmanagement oder sind medizinisches Personal. Mehr als ein Viertel von ihnen sind Frauen.
Unabhängig von den Klinikgrößen bestimmten vor allem organisatorische Strukturen, das persönliche Engagement und die Unterstützung durch das Management die Ergebnisse. Von den über 1600 Maßnahmen wurden mehr als 740 im Bereich Energie initiiert. Besonders häufig setzten die Häuser stromsparende Techniken bei der Beleuchtung um, indem LED-Leuchten eingebaut wurden. Auf Ökostrom stellten vor allem größere Einrichtungen um. Etwaige Mehrkosten beim Stromeinkauf - die zu dieser Zeit noch nicht auf die Energiekrise zurückzuführen waren - glichen diese über energieeffiziente Maßnahmen aus. So wurde beispielsweise die Lüftungstechnik verbessert oder diese an die Betriebszeiten von Funktions- und OP-Räumen angepasst. Hier half besonders, bei den Planungen das Personal einzubinden.
Eine klimafreundliche Klinikküche
Weiter eingespart werden konnte bei der Beschaffung, Ernährung und Mobilität. Zu den über 200 Beschaffungsmaßnahmen gehörten der Einkauf von Produkten aus Recyclingpapier oder das Einführen von Mehrwegartikeln. Allein der Ressourcenverbrauch wurde durch über 100 Maßnahmen gesenkt. Ganz unkompliziert gelang die Umstellung auf Duplexdruck bei Druckern, was den Papierverbrauch senkt und die Wälder weltweit schützt. Eine weitere kreative Idee zeigt das Beispiel des plastikfreien Frühstückstabletts.3
Die klinikinterne Kommunikation mit der Geschäftsführung und den Beschäftigten erleichterte es, Maßnahmen umzusetzen, und die Erfolge konnten geteilt werden. Die externe Pressearbeit wirkte sich positiv auf das Image der Einrichtungen aus. Eine Vielzahl an Kliniken verwendete das "KLIK green"-Logo und entwarf sogar einen separaten Internetauftritt. Zudem nutzten sie den BUND, um eine breite Öffentlichkeit zu informieren oder das eigene Wissen weiterzugeben. So entstanden beispielsweise Indikatoren für eine klimafreundliche Klinikküche4 oder Lösungen für die klimaschädliche Wirkung von Narkosegasen.5
Jede Einrichtung sollte, um wirksam zu sein, ein Klimateam gründen, das auch nach Projektende weiterarbeitet. Die Beteiligung der Personen ist abhängig vom jeweiligen Zeitbudget, den fachlichen Kenntnissen sowie dem eigenen Interesse. Besonders erfolgreich waren interdisziplinäre Teams, die gleichzeitig durch die Geschäftsführung unterstützt wurden.
Die hier aufgeführten Beispiele zeigen die Häufigkeit und Effekte der Maßnahmen, wobei die Tonnen CO2äq über die Wirkdauer der Maßnahme summiert sind:
◆ Anlagen für Beleuchtung und Belüftung sowie Klimatisierung der Räume dem tatsächlichem Bedarf anpassen (338 Maßnahmen/rund 80.000 CO2äq-Tonnen);
◆ Stromproduktion mit erneuerbaren Energien und effiziente Wärmeversorgung priorisieren (188 Maßnahmen/rund 68.000 CO2äq-Tonnen);
◆ Ressourcenschutz in Operationssälen durch den Einsatz weniger klimaschädlicher Narkosegase leisten (22 Maßnahmen/rund 22.000 CO2äq-Tonnen);
◆ Lebensmittelreste, Fisch, Fleisch und Energieaufwand in der täglichen Speisenversorgung verringern (84 Maßnahmen/rund 8500 CO2äq-Tonnen).
Viele Aktivitäten gelangen ohne hohen finanziellen Aufwand. Fast 30 Prozent aller Maßnahmen bei "KLIK green" fallen in die Kategorie "nicht-investiv" und 40 Prozent erfolgten mit geringen Geldmitteln. Zusammen machen sie immerhin ein Drittel der vermiedenen Treibhausgasemissionen aus. Mehr als 60 Prozent wurde durch Investitionen erreicht, wobei die Kliniken vor allem Energie einsparten. Dafür recherchierten die Projektpartner umfangreiche Finanzierungsmöglichkeiten. Insgesamt beantragten die Kliniken Fördermittel für 72 Maßnahmen.
Beispiele für verschiedene Investitionsarten:
◆ Nicht-investiv: Abschaffung des Narkosegases Desfluran, das bis zu 2540-fach klimaschädlicher wirkt als CO2, etwa im Universitätsklinikum Augsburg, rund 700 CO2äq-Tonnen im Jahr;
◆ Gering-investiv: Einführung eines Jobtickets, beispielweise im Klinikum Altenburger Land, 53 CO2äq-Tonnen im Jahr;
◆ Investiv: Umstellung von Dampftechnik auf Brennwerttechnik, Rhein-Maas-Klinikum in Würselen, rund 856 CO2äq-Tonnen im Jahr.
Dieser umfassende Fundus an Praxisbeispielen für effizienten Klimaschutz ist der Grundstein für weitere Entwicklungen in Kliniken und zum Teil in der "KLIK green"-Datenbank6 hinterlegt. Nach Ablauf des Projekts qualifiziert der BUND Berlin die weiterhin Beschäftigten zu Klimamanager:innen, indem er 2023 eine nächste Veranstaltungsreihe zu "KLIK green" anbietet.
Anmerkungen
1. www.umweltbundesamt.de ; direkter Kurzlink: www.bit.ly/3UGZmrw
2. www.bundesregierung.de; direkter Kurzlink: https://bit.ly/3g3Mhtg
4. www.bund-berlin.de; direkter Kurzlink: https://bit.ly/3O5bAHP
6. www.klik-krankenhaus.de/klik-datenbank/suche-nach-massnahmen
Weniger Energie verbrauchen zahlt sich aus für alle!
Energetisch modernisieren: Möglichkeiten und Kosten¹
Narkosegasfilter für den Klimaschutz
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