Stromsparhelfer finden zurück auf den Arbeitsmarkt
Mehr als 300.000 Haushalte mit geringem Einkommen haben in den vergangenen zehn Jahren einen Stromspar-Check gemacht und so ihre Energiekosten deutlich gesenkt. Beraten werden sie von Stromsparhelfer(inne)n, die als ehemalige Langzeitarbeitslose die Alltagsprobleme und Existenzsorgen von armen Haushalten aus eigener Erfahrung kennen. Einer von ihnen war Martin H. aus Rheinland-Pfalz. Trotz einer körperlichen Behinderung wollte der 54-Jährige unbedingt Stromsparhelfer werden. Innerhalb eines Jahres legte der ehemalige Versicherungskaufmann nicht nur die Serviceberater-Prüfung vor der Handwerkskammer ab, sondern absolvierte auch die Fortbildung zum Fachanleiter. Zudem beriet er in den zwei Jahren im Stromspar-Check 425 Haushalte.
Neben der Sozialpolitik, dem Klimaschutz und der Umweltbildung hat das Projekt Stromspar-Check auch ein arbeitsmarkt-politisches Ziel: Durch eine umfassende Qualifizierung in einer zukunftsorientierten Branche und einer praxisbezogenen Beratungstätigkeit verbessern die Stromsparhelfer(innen) ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Die im Stromspar-Check tätigen Frauen und Männer werden im Rahmen ganz unterschiedlicher Förderinstrumente des Jobcenters beschäftigt: von Arbeitsgelegenheiten über das Ende 2018 ausgelaufene Bundesprogramm „Soziale Teilhabe“, die „Förderung von Arbeitsverhältnissen“ bis hin zu Eingliederungszuschüssen.
An den rund 150 Standorten arbeiten zurzeit circa 1000 Stromsparhelfer(innen). Seit Projektstart im Dezember 2008 sind mehr als 7700 langzeitarbeitslose Menschen qualifiziert worden.
Lernen, wie man richtig berät
Mit Beginn der Tätigkeit erhält jede(r) Stromsparhelfer(in) eine umfassende Schulung in den Bereichen Kommunikation, EDV-Anwendung und energiefachliches Know-how. Diese erfolgt durch Energieberater und erfahrene Fachanleiter. Dabei wird die Theorie durch fachpraktische Trainings in ersten Haushalts-Besuchen gemeinsam erprobt. Ging man anfangs davon aus, dass die Vermittlung von energiefachlichem Wissen im Vordergrund stehe, stellte sich im Projektverlauf schnell heraus, dass Kommunikations- und EDV-Schulungen ebenso wichtig sind. Das richtige Auftreten und Verhalten in den Haushalten muss genauso geübt werden wie der sichere Umgang mit der projekteigenen Datenbank.
Die Entwicklung kommunikativer Fähigkeiten in den Beratungsgesprächen und das überwiegend positive Feedback der teilnehmenden Haushalte fördern nicht zuletzt die Erfolgserlebnisse der Stromsparhelfer(innen) sowie neue berufliche Perspektiven.
Wie erfolgreich ist das Projekt?
Um die arbeitsmarktpolitischen Erfolge des Projektes darstellen zu können, werden die Standorte einmal im Jahr befragt, wie ihre Vermittlungsquote ist. Die folgenden Zahlen beziehen sich auf die ersten beiden Jahre des laufenden Projektes Stromspar-Check Kommunal vom 1. April 2016 bis zum 31. März 2018. Von den in diesem Zeitraum bisher 2312 beschäftigten Stromsparhelferinnen und Stromsparhelfern sind bis zum Stichtag 1287 Frauen und Männer ausgeschieden. Im vorherigen Projekt Stromspar-Check PLUS (Januar 2013 bis März 2016) konnte jede(n) fünfte(n) Stromsparhelfer(in) in ein Arbeitsverhältnis vermittelt werden. Das ist auch das Ziel für das laufende Projekt.
Betrachtet man die Vermittlungszahlen aus dem Frühjahr 2018, so haben 177 ehemalige Stromsparhelfer(innen) einen sozialversicherungs-pflichtigen Job auf dem allgemeinen oder ersten Arbeitsmarkt gefunden. Das heißt, sie waren neun Monate nach Ende ihrer Maßnahme beziehungsweise Förderung noch beschäftigt.
Weitere 144 sind im Rahmen des zweiten Arbeitsmarktes beschäftigt. Dazu zählen Arbeitsplätze, die mit Hilfe von öffentlich geförderter Beschäftigung entstanden sind, um so einen späteren Übergang in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Beispiele hierfür sind unter anderem Instrumente wie die „Förderung von Arbeitsgelegenheiten“ nach § 16 e SGB II oder das Bundesprogramm „Soziale Teilhabe“ sowie das ESF-Bundesprogramm „Langzeitarbeitslose“.
39 Teilnehmer(innen) begannen nach dem Stromspar-Check eine Fort- oder Weiterbildung, und fünf machten sich selbstständig. 124 ehemalige Stromsparhelfer(innen) stehen dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung – in den meisten Fällen krankheitsbedingt oder weil sie verrentet wurden. Knapp die Hälfte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden nach Beendigung ihrer Maßnahme wieder arbeitslos (s. Abb. 1 zu den Vermittlungsraten im Projekt Stromspar-Check Kommunal).
Serviceorientierung hilft weiter
Richtet man den Blick nun auf die Vermittlung in den allgemeinen Arbeitsmarkt, so finden mehr als ein Drittel ihren neuen Arbeitsplatz im Bereich Dienstleistungen, Handel und Service. Dieser Anteil ist in den vergangenen Jahren weitgehend gleich geblieben. Für die Dienstleistungs-Branche sind kommunikative Fähigkeiten, Serviceorientierung und Erfahrungen im Umgang mit Menschen zentrale Voraussetzungen. Kompetenzen, die die Stromsparhelfer(innen) von Beginn ihrer Schulung erlernen und in der tagtäglichen Beratungsarbeit weiterentwickeln. Damit qualifizieren sie sich zweifellos auch für andere Dienstleistungstätigkeiten. So arbeitet Martin H. mittlerweile als Energieberater beim örtlichen Energieversorger, der ihn nicht zuletzt auch deshalb eingestellt hat, weil er stets einen guten Draht zu Kunden knüpft.
In den vergangenen zehn Jahren hat sich auch der Stromspar-Check selbst zu einem Arbeitsmarkt entwickelt. 31 Frauen und Männer, die im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit oder einer anderen Maßnahme im Stromspar-Check begonnen haben, koordinieren und prüfen mittlerweile als Fachanleiter(innen) die Beratungsarbeit ihrer Stromspar-Teams. Einige von ihnen sind sogar Projektleiter großer Standorte. 24 Personen fanden einen Arbeitsplatz in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft.
Da der Stromspar-Check zumeist in Trägerschaft von Caritas- oder anderen Wohlfahrtverbänden liegt, ergeben sich hier durchaus Anschlusstätigkeiten beim eigenen Arbeitgeber – beispielsweise als Hausmeister in einem Altenheim oder als Fahrer und Begleitperson für Behindertentransporte.
Selbstvertrauen kann zurückgewonnen werden
Jede(r) Fünfte arbeitete nach seiner Tätigkeit im Stromspar-Check in den Bereichen Industrie, Handwerk oder Energie- und Umwelttechnik. Vielen Frauen und Männer, die oft jahrelang arbeitslos und häufig sozial ausgegrenzt waren, hat die Beratungsarbeit dabei geholfen, neue berufliche Kompetenzen zu entwickeln und vor allem (altes) Selbstvertrauen zurückzugewinnen.
Zahlreiche Projektleiter(innen) berichten von Teilnehmenden, die mit großen psychosozialen Hemmnissen in den Stromspar-Check starteten und sich zu Akquise-Profis oder zu Datenbank-Expert(inn)en entwickelt haben. Durch ihre Beratungstätigkeit erfahren sie viel Anerkennung und Dankbarkeit in den Haushalten und beenden ihre Beschäftigungs-Maßnahme mit gewachsenem Selbstbewusstsein und mehr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. So fanden diverse ehemalige Stromsparhelfer(innen) auch wieder einen Arbeitsplatz in ihrem erlernten Berufsfeld (s. Abb. 2).
Neue Herausforderung: die gute Beschäftigungslage
Seit 2008 sank die bundesweite Arbeitslosenquote von knapp acht auf zurzeit rund fünf Prozent. Dies wirkt sich in den verschiedenen Bundesländern unterschiedlich auf den Stromspar-Check aus. Insgesamt lässt sich jedoch konstatieren, dass Menschen, die in Zeiten niedriger Arbeitslosigkeit – oft seit vielen Jahren - im SGBII-Bezug sind, zumeist stärkere Vermittlungshemmnisse aufweisen. Daher stellt sowohl die Zuweisung von langzeitarbeitslosen Frauen und Männern, die für eine Tätigkeit im Stromspar-Check geeignet sind, als auch die Vermittlung von Stromsparhelferinnen und Stromsparhelfern in den allgemeinen Arbeitsmarkt zurzeit eine wachsende Herausforderung dar.
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