Alle profitieren von Bewegungsförderung in der Altenpflege
Das Projekt "Gesundheitswoche", Basisschulungen zur Kinästhetik, die Aktion "Fit mit Treiber" (Bewegungsimpuls für Mitarbeitende mit der Heimleitung), Einkäufe mit Bewohner(inne)n, Angebote der zusätzlichen Betreuung (§ 43 b) kennzeichnen die "bewegte Vergangenheit" des Hauses Adam Müller-Guttenbrunn. Das Pflegeheim des Caritasverbandes für Stuttgart mit über 106 Wohnplätzen in der stationären Pflege und 24 Wohnungen im Betreuten Wohnen ist seit 1977 in Betrieb. Das Thema Bewegungsförderung wurde bereits durch unterschiedliche Einzelmaßnahmen bearbeitet. Ziel war es, durch ein neues Projekt ein möglichst ganzheitliches, zusammenhängendes und vernetztes Konzept zu entwickeln und eine "Bewegungskultur"1 in der Einrichtung zu schaffen.
Das Gelingen eines Kulturwandels hin zur "bewegten und bewegenden Organisation" impliziert, erfolgreich einen Organisationsentwicklungsprozess umzusetzen. Dies ist insofern schwierig, weil es hierzu kein Konzept "von der Stange" gibt. Jede Einrichtung muss ausgehend von ihren eigenen Gegebenheiten, Ressourcen, Qualitätszielen und Werthaltungen das Puzzle selbst vervollständigen. Dies bedeutet, dass man Dinge immer wieder auf Tauglichkeit hin hinterfragen, verwerfen, anpassen und eventuell nochmals hinterfragen muss. Trotz der Schwierigkeit der Materie gibt es einige Leitplanken, die dazu beitragen können, sich dem Ziel eines umfassenden Konzepts möglichst gut zu nähern. Rahmenbedingungen müssen geschaffen und sichergestellt werden, ebenso eine Projektmanagementstruktur, die flexibel auf die nicht linearen Entwicklungsprozesse eingeht. Das Vorhaben muss konzeptionell in einen gesundheitsfördernden, multidisziplinären Kontext eingebunden werden. Besonders wichtig ist jedoch, dass das Topmanagement der Einrichtung das Vorhaben nachhaltig und engagiert koordiniert und umsetzt sowie die Begeisterung der Mitarbeitenden. Abschließend müssen die Inhalte durch Einbindung der neuen Strukturen in das Qualitätsmanagementsystem abgesichert und verstetigt werden.
Der Fokus des Ansatzes hat sich darauf gerichtet, bereits bestehende Maßnahmen und vorhandene Kompetenzen der Einrichtung zu diesem Thema mit dem neuen Organisationsentwicklungsziel zu verknüpfen. Durch das Projekt ergab sich die Chance, die Gesundheitsförderung in der Einrichtung in umfassendem Sinne zu stärken. Bewegungsförderung stellt aus Sicht der Einrichtung ein "Perpetuum mobile" dar, denn sie trägt als integrierendes Querschnittsthema dazu bei, Gesundheitsförderung zu stärken und eine Bewegungskultur für Bewohner(innen), Mitarbeiter(innen) und das Umfeld zu implementieren.
Ein ganzheitlicher Ansatz
Das Projekt ist kein "Bewegungsprogramm" für die Bewohner(innen), sondern verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, welcher die gesamte Organisation beziehungsweise den Alltag der Bewohner(innen) im gesundheitsfördernden Sinne verändern soll.2 Zur Zielgruppe zählen alle Bewohner(innen), die Mitarbeiter(innen) aus allen Bereichen, Angehörige, extern Interessierte, die Gemeinde und Vereine. In Arbeitsgruppen wurden verschiedene Themen bearbeitet, die dann von einer Lenkungsgruppe zur Verankerung in die Einrichtung überführt wurden. Themen waren zum Beispiel die Bestandsaufnahme zur Ortsfixiertheit beziehungsweise Bettlägerigkeit und die Erhebung eines Stärken-Schwächen-Profils zur Bewegungsförderung der Bewohner(innen). Es wurde der sogenannte "Erfassungsbogen Mobilität" (EBoMo) präsentiert, ein Leitfaden zur Anwendung des Bogens erstellt und an die Mitarbeitenden zur Erfassung weitergegeben. Zudem wurde am Thema "Sprache und Pflege" gearbeitet. Um die Dokumentation zu Aktivitäten zur Mobilität zu verbessern, wurden Vorschläge zur Optimierung der Begrifflichkeiten weitergereicht und Ideen zur Verstetigung in den Alltag gegeben. Ein wichtiger Aspekt war die Bewertung der Qualität der Transfers, welche bei nicht fachgerechtem Vorgehen sowohl dem/der Bewohner(in) die Lust an der Bewegung nehmen als auch die Mitarbeiter(innen) unnötig belasten.
Themenecken und Wimmelbilder für mehr Bewegung
Die Optimierung erfolgte unter anderem über laufende Abstimmungen im Team, die verstärkte Einbindung der Bewohner(innen) und das Verfassen von Transferprotokollen. Themenecken wurden gestaltet, Wimmelbilder eingeführt und Übungen zur Beschreibung von Gangbildern von Bewohner(in-
ne)n implementiert. Wesentliche Instrumente der Bewegungsförderung der Bewohner(innen) waren vor allem die Einführung des Einschätzungsverfahrens durch den EBoMo, das in der Literatur viel diskutierte "Dreischritteprogramm"3, die Erhebung der Anzahl der Ortsfixierten und die Optimierung der Transferqualität. Wie auch in anderen Referenzprojekten hat das Team sich
vielen Einzelmaßnahmen gewidmet. Ziel war darüber hinaus, über die Projektgruppenarbeit einen ständigen kritischen Austausch zu führen und geplanten Einfluss auf die "Bewegungskultur" zu nehmen. Gleichzeitig sollten pflegerische Routinen wie etwa die Nutzung eines Rollstuhls kritisch bewertet, zu einem bewussteren Umgang damit angeregt und dadurch eine Art Bewegungsachtsamkeit geschaffen werden.
Durch die Einbindung des Projekts in die Kommunale Gesundheitskonferenz Stuttgart erhält dieses eine stadtweite und einrichtungsübergreifende Bedeutung. Die Gesundheitskonferenz hat unter anderem die Aufgabe, funktionierende Ansätze der Gesundheitsförderung und Prävention zu erproben, sie auf andere Einrichtungen zu übertragen und den Wissenstransfer herzustellen. Die Wahrnehmung von und das Wissen über Gesundheits- und Bewegungsförderung haben sich in der Einrichtung positiv verändert, prägen die Organisation und verbinden die Mitarbeiter(innen) in neuer Weise mit den Bewohner(inne)n.
Anmerkungen
1. Wenger, S.: Drei kleine Schritte können die ganze Welt verändern. In: CURAVIVA 9/2010, S. 12-15; www.curaviva.ch/files/KFJKY1V/10_09-Kleine-Schritte-grosse-Wirkung.pdf
2. Schnabel, E. et al.: Mobil und motiviert. In: ProAlter, 48. Jg., 02/2016, S. 44-47.
3. Zegelin, A.: Festgenagelt sein. Bern, 2013.
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