Datenschutz digital: Praxistipps für die soziale Arbeit
Information via Facebook, Kontaktaufnahme via Chat, Austausch über WhatsApp - die digitalen Kommunikationsmöglichkeiten für Sozialarbeiter(innen) und soziale Einrichtungen sind zahlreich. Diese Vielfalt bringt neue Möglichkeiten und logischerweise auch neue Herausforderungen mit sich. Eine der größten: der Datenschutz.1
Datenschutz wird oft als Bremse oder gar Verhinderer neuer Kommunikationsmöglichkeiten wahrgenommen. Viel zu oft sind beispielsweise von Teams in Jugendtreffs oder anderen Einrichtungen Sätze zu hören wie: "Wenn das so kompliziert ist, lassen wir es lieber gleich bleiben." Tatsächlich kann Datenschutz so manche Kommunikation etwas komplizierter gestalten und die Umsetzung erschweren.
Von den gesetzlichen Vorgaben abgesehen, die natürlich eingehalten werden müssen, ist ernsthafter Datenschutz für soziale Einrichtungen jedoch unverzichtbar. Es ist schlicht Teil des Auftrags, der Fürsorgepflicht und der moralischen Verpflichtungen, die Klient(inn)en bestmöglich zu unterstützen und das entgegengebrachte Vertrauen zu respektieren - auch im Hinblick auf die Daten der Ratsuchenden.
Grundsätzlich ist der sichere Umgang mit personen- und klientenbezogenen Daten auch eine Sache des gesunden Menschenverstandes. Der Grundsatz: "Was Sie nicht in die Zeitung setzen würden, gehört auch sonst nicht in die Öffentlichkeit" gilt auch für soziale Netzwerke. Interne Vorgänge, vertrauliche Gespräche mit Klient(inn)en oder die Teamabstimmung haben auf Facebookseiten und auch in Chats und Gruppen nichts zu suchen.
Geschlossene Gruppe? Vorsicht bei Screenshots
Mitarbeiter(innen) sozialer Einrichtungen sollten sich darüber klar sein, dass auch der Austausch in beispielsweise geschlossenen Gruppen per Screenshot dokumentiert und veröffentlicht werden kann. Wirklich vertrauliche Gespräche sollten daher wie gewohnt telefonisch, idealerweise jedoch persönlich stattfinden. Träger und Einrichtungen sollten ihre Mitarbeiter(innen) vor Nutzung sozialer Netzwerke oder digitaler Kommunikationskanäle informieren und auf Risiken und Herausforderungen hinweisen. In der Einrichtung sollte auch zumindest jemand sein, der eine Art Schulung oder Workshop absolviert hat und als zentraler Ansprechpartner dienen kann.
Für Mitarbeitende ist zudem wichtig, vom Arbeitgeber die - idealerweise schriftliche - Bestätigung zu erhalten, dass sie sich in sozialen Netzwerken oder digitalen Kommunikationskanälen beruflich bewegen und diese nutzen dürfen. Niemand sollte auf eigene Faust die Einrichtung online repräsentieren oder aus eigener Initiative heraus mit Klient(inn)en digital kommunizieren.
Rechtsanwalt Thomas Schwenke mit Schwerpunkt Datenschutz und Medien empfiehlt die Trennung beruflicher oder dienstlicher und privater Kommunikation. Das bedeutet für soziale Einrichtungen und Träger auch, dass ihre Beschäftigten, wenn sie beispielsweise WhatsApp nutzen sollen, dafür ein Dienst-Smartphone benötigen. Der Vorteil: Mitarbeiter(innen) können zwischen Dienst und Freizeit trennen und sind nicht immer erreichbar. Dieser Faktor ist aus mehreren Gründen relevant:
- Ständige Erreichbarkeit wird von vielen Mitarbeiter(inne)n als psychische Belastung empfunden. Bleibt das Dienst-Smartphone in der Einrichtung, kann dieser Druck gar nicht erst entstehen.
- Die Vermischung privater und beruflicher Daten wird von vornherein ausgeschlossen. Die Datenschutzrisiken werden so minimiert.
- Wenn zusammen mit dem Dienst-Smartphone auch dienstliche Kanäle beispielsweise ein WhatsApp-Account, eine entsprechende Dienst-Handynummer oder eine Facebookseite mit Messenger-Option angelegt werden, können berufliche und private Kommunikation strikt getrennt werden. Privater Kontakt zwischen Klient(in) und Sozialarbeiter(in) ist dann kein Thema.
- Auf Dienst-Smartphones werden nur die Daten gespeichert, die dienstlich benötigt werden. Andere Daten kommen gar nicht erst auf das Gerät.
Der letztgenannte Punkt löst auch ein Problem, das bei der Nutzung von Diensten wie WhatsApp grundsätzlich entsteht: der Zugriff von Apps auf das Adressbuch des Smartphones. Dabei werden alle Daten, die im Adressbuch gespeichert sind, an den Dienst weitergegeben und auf dessen Server kopiert. Zulässig ist das eigentlich nur nach schriftlichem Einverständnis aller im Adressbuch eingetragenen Kontakte. Befinden sich auf einem Dienst-Smartphone nur Kontaktdaten von Klient(inn)en, die über WhatsApp mit der Einrichtung kommunizieren wollen, wird das Problem minimiert.
Klienten müssen gut informiert werden
Grundsätzlich müssen Klient(inn)en vor der Kommunikation über digitale Kanäle über die Risiken und Rahmenbedingungen aufgeklärt und informiert werden. Das gilt natürlich auch dann, wenn Fallbeispiele realer Klient(inn)en kommuniziert werden sollen. Solche Falldarstellungen und auch die Verwendung von Fotos sind nur möglich, wenn die Klient(inn)en schriftlich ihr Einverständnis erklärt haben. Damit die Erklärung gültig ist und ausreicht, müssen einige Bedingungen erfüllt sein:
- Der/Die Klient(in) muss einverständnisfähig sein und die Erläuterungen verstehen.
- Bei Minderjährigen ist auch die Einverständniserklärung der Erziehungsberechtigten oder Betreuer(innen) nötig.
- In der Einverständniserklärung muss klar benannt sein, wie, wo und wofür die Daten verwendet werden.
- Die Einverständniserklärung muss freiwillig abgegeben werden und der Widerspruch dagegen jederzeit möglich sein.
Abgesehen von der rechtlichen Notwendigkeit solcher Einverständniserklärungen spielen hier auch der Vertrauensaspekt und die moralische Verpflichtung sozialer Einrichtungen eine wichtige Rolle. Sind Klient(inn)en und Mitarbeitende gut über die Verwendung von Daten informiert, sinkt die Hemmschwelle für das individuelle Engagement, und die Bereitschaft zur Mitwirkung steigt. Sollen Daten jedoch für unklare Zwecke abgegeben werden, oder tauchen sie - noch schlimmer - an unerwarteten Stellen auf, entstehen schnell berechtigte Zweifel und die notwendige Vertrauensbasis kann Schaden nehmen.
Bieten Einrichtungen und Träger die Möglichkeit, ihre Klient(inn)en digital beispielsweise über den Facebook-Messenger, WhatsApp oder ähnliche Kanäle zu kontaktieren, sollte sensibel verfahren werden. Erstens ist es wichtig, die Anfragenden darauf hinzuweisen, dass über diesen Kanal keine personenbezogenen oder sensiblen Daten ausgetauscht werden sollten. Im Facebook-Messenger geht das beispielsweise durch eine Standard-Nachricht, die automatisch zu Beginn jedes neuen Chats versandt wird.
Im direkten Austausch mit Ratsuchenden oder Interessenten kann dann abgefragt werden, worum es im konkreten Fall geht. Der Austausch zu Fragen und Problemen sollte dann jedoch nicht über digitale Kanäle, sondern telefonisch oder persönlich stattfinden. Aus Datenschutzsicht ist es daher sinnvoll und nötig, digitale Kommunikationskanäle als Anlaufstellen und für die Kontaktanbahnung zu nutzen, jedoch keine Fallkommunikation darüber abzuwickeln.
Fazit: wenn schon digital, dann nur mit Datenschutz
Digitale Kommunikation kann der sozialen Arbeit wertvolle neue Möglichkeiten bieten. Sie kann jedoch keine zwischenmenschlichen oder fachlichen Probleme lösen. Der Einsatz und die Nutzung digitaler Kanäle sind nur dann sinnvoll, wenn diese fachlich eingebettet sind und klaren Zielen dienen. Niemand muss alle Kanäle nutzen, und längst nicht alle Möglichkeiten sind für alle Arbeitsbereiche sinnvoll oder nötig.
Doch wenn relevante digitale Kanäle genutzt werden, sollte der Datenschutz immer beachtet werden - sowohl aus gesetzlicher als auch aus fachlicher und moralischer Verpflichtung heraus. Rechtsanwalt Thomas Schwenke bringt es auf den Punkt: "Das, was man am Telefon im Vertrauen oder persönlich besprechen würde, dafür würde ich WhatsApp und andere digitale Kanäle nicht einsetzen." Anders formuliert: Auch bei der digitalen Kommunikation sollten der gesunde Menschenverstand und gesunde Skepsis zum Einsatz kommen.
Wenn Sie das Thema interessiert: Lesen Sie die Blogserie zum digitalen Datenschutz für die Soziale Arbeit
Anmerkung
1. Dieser Artikel basiert auf Gesprächen mit Fachanwälten und ihren Empfehlungen. Er kann, darf und soll jedoch keine Rechtsberatung sein und diese auch nicht ersetzen. Konkrete Fragen sollten immer mit Fachanwälten besprochen werden.
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