Der Ombudsmann verhilft Klienten zu ihrem Recht
Wer er ist, muss Fritz Krueger den Klient(inn)en des Sozialwerks St. Georg in der Regel nicht erklären. Seitdem der ehemalige Holding-Geschäftsführer der Josefs-Gesellschaft (JG) nach seiner Pensionierung im Jahre 2010 zum Ombudsmann des Sozialwerks berufen wurde, sorgen Plakate und Flyer dafür, dass die insgesamt etwa 4000 Menschen, die derzeit von Mitarbeitenden des Sozialwerks begleitet werden, mit dem Begriff Ombudsmann ein Gesicht und eine Funktion verbinden.1 Die aktuelle Neuauflage mit insgesamt 9000 Faltblättern und 1000 Plakaten enthält erstmals auch Informationen in verständlicher Sprache.
So wird der Ombudsmann, wenn er im Sozialwerk St. Georg unterwegs ist, immer wieder von Klient(inn)en angesprochen, die ihm aus ihrem Alltag berichten. "Die Menschen in den Einrichtungen vor Ort wissen, dass ich mich für ihren Schutz und ihre Rechte einsetze", bestätigt Krueger. "Sie nutzen verschiedene Wege, um mit mir in Kontakt zu treten - per E-Mail, Brief oder Telefon."
Die genaue Funktion des Ombudsmannes ergibt sich bereits aus dem Namen selbst: Der Begriff "Ombud" kommt aus dem nordischen Sprachraum und bedeutet "Vermittler", "Vertreter", "Bevollmächtigter". "Ich werde immer dann aktiv, wenn ein Klient oder eine Klientin meint, nicht zu seinem oder ihrem Recht zu kommen, sich nicht oder schlecht informiert fühlt oder mit Entscheidungen nicht einverstanden ist", erklärt der Ombudsmann, der pro Jahr zwischen 60 und 80 Anfragen erhält. Zudem könnten sich die Klient(inn)en an ihn wenden, um Hinweise zu geben oder Dienstleistungen zu bewerten. Dabei würden naturgemäß auch immer wieder Probleme angesprochen, für die das Sozialwerk nicht zuständig sei - wie zum Beispiel der Wunsch nach mehr Taschengeld.
Ohne Vertrauen geht es nicht
Dass die erste Kontaktaufnahme mit ihm für viele Klient(inn)en nicht immer ganz einfach ist, weiß Fritz Krueger aus Erfahrung: "Es erfordert ein hohes Maß an Selbstbestimmung, sich bei mir zu melden und sich über Vorgänge oder Mitarbeitende zu äußern", sagt der Sozialarbeiter und Erziehungswissenschaftler. "Umso wichtiger ist es für die Menschen, dass sie wissen, dass sie mir hundertprozentig vertrauen können."
Die Frage nach dem Vertrauen wird auch auf den Plakaten und im Flyer thematisiert. Neben der Schweigepflicht des Ombudsmannes geht es hier auch darum, dass dieser unabhängig agiert und somit nicht dem Vorstand des Sozialwerks unterstellt ist. "Das ist ein ganz wichtiger Punkt", betont Krueger. Als ehrenamtlicher und unabhängiger Ansprechpartner sei es ihm möglich, sich ganz auf die Seite der Klient(inn)en zu stellen. Krueger hatte 1995 als Holding-Geschäftsführer der Josefs-Gesellschaft die Stelle des Ombudsmannes innerhalb der JG-Gruppe als eine der ersten Institutionen in der Eingliederungshilfe selbst eingerichtet.
So arbeitet der Ombudsmann
Fällt eine Anfrage in den Aufgabenbereich des Ombudsmannes, sucht er in erster Linie das Gespräch mit dem Betroffenen. Im Konfliktfall versucht er, zu vermitteln und die Rechte des Klienten oder der Klientin durchzusetzen. Um einen Sachverhalt zu klären, kann es nötig sein, dass der Ratsuchende den Ombudsmann zumindest teilweise von seiner Schweigepflicht entbindet, damit mit den betroffenen Mitarbeitenden und Einrichtungen eine Lösung gefunden werden kann. In diesem Zusammenhang kann der Ombudsmann zum Beispiel von den Einrichtungen und Diensten des Sozialwerks mündlich und schriftlich Stellungnahmen einholen. Er hat zudem die Möglichkeit, Empfehlungen auszusprechen. Er kann den Mitarbeitenden allerdings keine Anweisungen erteilen. Krueger sieht diesen Umstand jedoch als Vorteil: "Ich befinde mich - im positiven Sinne - in einer Animateursituation." Das Wort Animateur komme aus dem Lateinischen und bedeute "Beseeler", "Ermöglicher". In diesem Sinne wolle er die Klient(inn)en dabei unterstützen, zu ihrem Recht zu kommen und "ihre Ohnmacht in Macht zu verwandeln".
Die Menschen werden zu Experten in eigener Sache
Dass die Menschen, die zu ihm kommen, zunächst darin bestärkt werden, ihre Angelegenheiten selber in die Hand zu nehmen und zu lösen, ist für den ehrenamtlichen Ansprechpartner von zentraler Bedeutung. Auch bei teilweiser Hilfebedürftigkeit könne jeder Mensch erleben, dass er Einfluss nehmen könne, so Krueger. Um dies zu erreichen, benötigten Menschen mit Behinderung jedoch zumindest zu Beginn ihres Emanzipationsprozesses häufig fachkundigen Rat und Zuspruch, um zu einer veränderten Selbstwahrnehmung zu gelangen. Hier setze die Arbeit des Ombudsmannes an.
Diese Haltung findet sich auch in dem Assistenzkonzept des Sozialwerks St. Georg "Qualität des Lebens" wieder. In diesem geht es vorrangig darum, Menschen als Expert(inn)en in eigener Sache wahrzunehmen und noch bessere Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sie ihre individuelle Qualität des Lebens erreichen (siehe dazu www.gemeinsam-anders-stark.de/qualitaet-des-lebens).
Tatsächlich lässt sich der überwiegende Teil der Anfragen bereits nach dem ersten Telefonat regeln, da sich die Klient(inn)en mit dem Ombudsmann im Hintergrund in der Lage fühlen, selber aktiv zu werden. Aber auch bei schwierigeren Angelegenheiten ist das Vorgehen von Krueger erfolgreich: "Wir konnten Probleme bisher stets vor Ort klären, ohne dass wir den Vorstand miteinbeziehen mussten."
Parallel dazu ist es ihm wichtig - in streng anonymisierter Form - den Verwaltungsrat, den Vorstand, die Leitungen der regionalen Unternehmensbereiche und die Geschäftsführungen der Tochtergesellschaften regelmäßig über seine Arbeit zu unterrichten und zum Beispiel auch Verbesserungsvorschläge der Klient(inn)en weiterzugeben. Hier fließen auch die Berichte der verschiedenen Klientenbeiräte des Sozialwerks mit ein, mit denen sich der Ombudsmann zweimal im Jahr trifft. "Hier konnte ich beim letzten Mal berichten, dass die Menschen in den Einrichtungen vor Ort spürbar selbstbewusster und selbstbestimmter agieren", sagt der Ombudsmann. "Das freut mich umso mehr, da ich der Meinung bin, dass die Eingliederungshilfe insgesamt die Menschen viel zu lange in Schutzhaft der Nächstenliebe genommen hat."
Anmerkung
1. Weitere Informationen zum Ombudsmann des Sozialwerks St. Georg sind im Internet zu finden: www.gemeinsam-anders-stark.de/ombudsmann
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