Aktion Mensch fördert „Wohnen im Sozialraum“
Begegnungen sind ein wichtiger Schlüssel zur Inklusion. Dies zeigen auch die vielen unterschiedlichen Wohnprojekte der Caritas und ihrer Mitgliedsorganisationen für Menschen mit Behinderung, die bisher gemeinsam mit der Aktion Mensch realisiert wurden. Kleine gemeindenahe Wohnangebote sind dabei zunehmend gefragt. Für diese Projekte stellt die Aktion Mensch Fördermittel zur Verfügung, die den Bewohnern neue Begegnungen und Zugang zu Freizeitangeboten in ihrer Umgebung ermöglichen. Ein Beispiel ist das Wohnprojekt im rheinland-pfälzischen Kaifenheim: Im ehemaligen Pfarrhaus wohnen seit September 2014 fünf junge Frauen mit Behinderung - inklusive Anschluss an die Dorfgemeinschaft.
Wohnen mit Anschluss
In den Fenstern des Pfarrhauses mitten im Dorf brennt wieder Licht. Für die Kaifenheimer ist das ein gutes Zeichen, denn das Gebäude aus dem 18. Jahrhundert direkt neben der Kirche stand lange Zeit leer. Auch für die fünf jungen Frauen mit Behinderung, die jetzt das denkmalgeschützte Haus bewohnen, sind neue Zeiten angebrochen. Vorher haben sie sich im Kinder- und Jugendbereich von St. Martin zu zweit oder zu dritt ein Zimmer geteilt. Jetzt hat jede ein Zimmer ganz für sich allein. Die Tür hinter sich zumachen zu können, bedeutet viel für sie. Eine Bewohnerin spricht aus, was alle denken: "Ich freu’ mich so, dass ich jetzt im Pfarrhaus wohnen kann. Das heißt nämlich, dass ich jetzt erwachsen bin und kein Kind mehr."
Das neue Leben hat für die fünf schon bei einem Besuch des Rohbaus begonnen, als sie die Farben für ihre künftigen Zimmer aussuchen konnten. "Die eine wollte mehr Pink im Zimmer, die andere Orange, die nächste Grün und eine weitere Türkis. So ist das Pfarrhaus richtig bunt geworden", sagt Manuela Hoffmann, eine der beiden Betreuerinnen. Sie kennt die jungen Frauen, die zwischen 18 und 22 Jahren alt sind, schon aus dem Kinder- und Jugendbereich von St. Martin Düngenheim-Kaiseresch-Ulmen. Jetzt ist sie ihre Ansprechpartnerin im Alltag und hat auch die Möbel gemeinsam mit ihnen ausgesucht.
Das Äußere des etwa 230 Quadratmeter großen Gebäudes ist unverändert geblieben. Im Inneren ist alles neu und barrierefrei. Auch die Duschen, die ohne die sonst üblichen Duschwannen gebaut wurden und auch für einen Duschrollstuhl zugänglich sind. "Wichtig ist, dass es im Haus überhaupt keine Schwellen mehr gibt", sagt Markus Wagener, Direktor von St. Martin Düngenheim-Kaiseresch-Ulmen, dem Träger des Projekts, das von der Aktion Mensch rund 53.000 Euro aus dem Förderprogramm "Wohnen" erhalten hat.
Morgens um sechs heißt es im Pfarrhaus aufstehen und gemeinsam frühstücken. Fürs anschließende Tischabräumen, Küchekehren und Spülmaschineeinräumen sind alle umschichtig zuständig. Danach starten die Bewohnerinnen mit einem neuen Kleinbus, der über die Fahrzeugförderung der Aktion Mensch mitfinanziert wurde, zu ihren Arbeitsstellen oder in die Schule. Nachmittags werden sie wieder abgeholt und berichten bei Kaffee oder Kakao von ihrem Tag. Abends unter der Woche gibt es Brote. Gekocht wird nur am Wochenende. Die Betreuerinnen können die Wünsche häufig vorhersehen: Nudeln mit Fleischsauce werden am liebsten gegessen. Doch sie schlagen dann auch mal etwas anderes vor. Zum Beispiel Braten mit Knödeln und Rotkohl selbst gemacht - "eine ganz neue Erfahrung, die auch noch gut geschmeckt hat", erzählt Manuela Hoffmann.
Gleich als sie eingezogen sind, haben die Bewohnerinnen gemeinsam mit zwei Frauen, die sie als sogenannte Sozialraumlotsinnen begleiten, das Erntedankfest, die Kirmes und das Oktoberfest in der 850-Seelen-Gemeinde besucht. Die Lotsinnen unterstützen die Bewohnerinnen dabei, sich möglichst schnell in der neuen Umgebung einzuleben, und öffnen auch Türen zu Freizeitangeboten. Die Personalkosten werden von der Aktion Mensch drei Jahre lang mit maximal 120.000 Euro aus dem Programm "Wohnen im Sozialraum" gefördert.
Lotsinnen garantieren die Mobilität
Als erste Begegnung mit den direkten Nachbarn wurde ein Nachmittagskaffee geplant. Für dieses Treffen sind die beiden Lotsinnen von Tür zu Tür gegangen und haben die Leute aus dem Dorf persönlich eingeladen. Es gibt einen Jungen mit Behinderung im Dorf, den die Bewohnerinnen des Pfarrhauses ab und an besuchen. Er besitzt Katzen und Kaninchen und hat ihnen von der Jugendfeuerwehr erzählt. Einige WG-Frauen waren spontan begeistert und wollten dort mitmachen. Jetzt gilt es für die beiden Sozialraumlotsinnen, die entsprechenden Kontakte zu knüpfen - ebenso wie zum örtlichen Turnverein, bei dem die Frauen aus dem Pfarrhaus bei Zumba und Gymnastik zusammen mit Frauen aus der Gemeinde trainieren könnten.
Nach etwas mehr als drei Monaten hat sich die Wohngruppe gut im Dorf eingelebt. So gut, dass sich eine Bewohnerin schon jetzt vorstellen kann, später einmal allein zu leben. "Ich lerne jetzt hier, noch erwachsener zu werden. Und wenn ich dann später alleine wohne, werde ich auf jeden Fall einen Hund und eine Katze haben."
Finanzhilfe bei Neu- und Umbau
Damit Menschen mit Behinderung in kleinen Gruppen mitten in der Gemeinde leben können, hat die Aktion Mensch das Förderprogramm "Wohnen im Sozialraum" entwickelt, das zusammen mit zwei weiteren Programmen genutzt werden kann. Aus diesem Programm wird bis zu 120.000 Euro gefördert, wer die künftigen Bewohner(innen) dabei unterstützt, sich möglichst schnell in der neuen Umgebung einzuleben. Aus dem Programm "Investiv Wohnen" stellt die Aktion Mensch für Wohnangebote mit bis zu acht Plätzen bis zu 200.000 Euro zur Verfügung und finanziert den Erwerb von Grundstücken sowie Neu- und Erweiterungsbauten und Umbauten. Damit die neuen Bewohnerinnen und Bewohner überall hinkommen und mobil sind, bietet die Aktion Mensch die Fahrzeugförderung an. Gefördert werden ausschließlich freie gemeinnützige Organisationen mit Sitz in Deutschland.
Weitere Informationen unter: www.aktion-mensch.de/foerderprogramme
Die Antragstellung der Aktion Mensch erfolgt über ein Online-Verfahren. Es begleitet Sie Schritt für Schritt durch die Antragstellung und gibt erläuternde Hinweise. Einen Antrag können Sie stellen unter antrag.aktion-mensch.de. Sie haben Fragen? Dann wenden Sie sich an den Deutschen Caritasverband Freiburg, Tel. 0761/200-287.
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