Pflegeheime sind strukturell unterfinanziert
Mit seinen Urteilen vom 8. September 2011 hat sich das Bundessozialgericht (BSG) grundlegend zur Finanzierung der Investitionsaufwendungen nach § 82 Abs. 2 & 3 SGB XI geäußert und die bisherigen Länderregelungen weitgehend verworfen. Zum 1. Januar 2013 hat der Gesetzgeber den Ländern die Möglichkeit zur pauschalierten Finanzierung angemessener Instandhaltungsaufwendungen eingeräumt. Derzeit werden in vielen Bundesländern die landesspezifischen Bestimmungen überarbeitet.
§ 82 Abs. 3 SGB XI bestimmt, dass die Pflegeeinrichtungen die "betriebsnotwendigen" Investitionsaufwendungen nach § 82 Abs. 2 SGB XI, soweit sie durch öffentliche Förderung gemäß § 9 SGB XI nicht vollständig gedeckt sind, den Pflegebedürftigen gesondert berechnen können. Öffentliche Förderung nach § 9 SGB XI und gesonderte Berechnung müssen insgesamt die "betriebsnotwendigen" Investitionsaufwendungen vollständig finanzieren. Die landesspezifischen Vorgaben sahen bislang regelmäßig zur Finanzierung der Abschreibung von Gebäuden zwei Prozent jährlich (entspricht 50 Jahre Nutzungsdauer) vor, bei der Instandhaltung von Gebäuden circa ein Prozent (bezogen auf indexierten Basiswert). Die Urteile des BSG geben Anlass, die Finanzierung der Investitionsaufwendungen hinsichtlich der "Betriebsnotwendigkeit" zu untersuchen.
Die Solidaris hat auf der Grundlage des von ihr seit 1995 geführten Betriebsvergleichs die Abschreibung und Instandhaltung der Gebäude der Pflegeheime untersucht. Nach Aussonderung von Mietmodellen und nicht repräsentativen Immobilien wurden 40 Gebäude betrachtet. Von diesen sind 30 maximal 20 Jahre in Betrieb; nur eine Einrichtung stammt aus den Jahren 1973 bis 1982. Generalsanierte Einrichtungen erhielten als "Neubaudatum" das Jahr der Generalsanierung. Auch hat sich gezeigt, dass der Zeitraum von der Inbetriebnahme bis zur Generalsanierung (mit der Grundsatzentscheidung Generalsanierung oder Abriss und Neubau) im Schnitt knapp 27 Jahre beträgt. Insgesamt ergeben sich eine realistische Nutzungsdauer von 25 bis 30 Jahren und somit Abschreibungssätze von drei bis vier Prozent.
Zudem wurde deutlich, dass die auf landesspezifischen Indexwerten aufbauende Finanzierung der Abschreibungen nicht die tatsächlichen Anschaffungs-/Herstellungskosten (AK/HK) umfasst. Die von den Bundesländern zugestandene Finanzierung der Abschreibungen auf die Gebäude von linear zwei Prozent, entsprechend einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 50 Jahren, entspricht also nicht der Wirklichkeit.
Wie dargestellt, gestehen die Bundesländer den Heimträgern bislang eine Finanzierung der Instandhaltung der Gebäude in Höhe von durchschnittlich einem Prozent zu. Die tatsächlichen Instandhaltungsaufwendungen der Jahre 2005 bis 2012 betragen im Verhältnis zu den historischen AK/HK aller untersuchten Einrichtungen 1,32 Prozent. Bezogen auf die entsprechend der Preisentwicklung indexierten AK/HK ergibt sich ein Durchschnittswert von 1,17 Prozent. Da die der Finanzierung zugrunde gelegten Indexwerte regelmäßig unter den tatsächlichen AK/HK liegen, sind höhere Prozentsätze für die Finanzierung der tatsächlichen Instandhaltungen erforderlich. Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass zehn der untersuchten Gebäude im Untersuchungszeitraum umfassend saniert worden sind. In den Jahren vor der Sanierung werden Instandhaltungen regelmäßig auf ein Minimum reduziert, in den ersten Jahren danach fallen vergleichbar einem Neubau nur geringe Instandhaltungen an. Realiter werden als "betriebsnotwendige" Pauschalen von deutlich oberhalb einem Prozent benötigt.
Die Untersuchung zeigt, dass bei Abschreibung und Instandhaltung der Betriebsgebäude von Pflegeheimen eine deutliche strukturelle Unterfinanzierung zulasten der Träger besteht. Die von den Ländern zugestandenen Finanzierungen erfüllen materiell nicht die nach vorrangigem Bundesrecht gemäß § 82 Abs. 3 Satz 1 SGB XI vorgegebene Finanzierung der "betriebsnotwendigen" Investitionsaufwendungen.
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