Gut begleitet leben, hoffen und sterben
An welchem Ort werde ich in der letzten Lebensphase leben? Diese Frage bewegt Menschen im hohen Alter, aber auch, wenn eine lebensbedrohende Krankheit die Endlichkeit vor Augen führt. Als Wunschort wird meist "zu Hause" genannt. In einer Umfrage im Auftrag des Magazins "Der Spiegel" von 2013 erklärten 66 Prozent der Befragten, ihren Lebensabend zu Hause verbringen zu wollen. Damit kann die Wohnadresse gemeint sein, aber auch der Ort, an dem ich als Mensch geschätzt, verstanden und gut versorgt werde, also auch ein Alten- und Pflegeheim.
2009 wurde das auf drei Jahre angelegte Projekt "Christliche Hospiz- und Palliativkultur" der Erzdiözese München und Freising gestartet. Es zielte darauf ab, in stationären und ambulanten Einrichtungen der Caritas und ihrer angeschlossenen Träger die Begleitung schwerstkranker und sterbender Menschen zu intensivieren und zu verbessern. 55 Einrichtungen beteiligten sich daran, Mitarbeitende für die Hospiz- und Palliativarbeit in ihrem Arbeitsfeld zu schulen und weiterzubilden, die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu verstärken und Orte für diese letzte Lebensphase zu schaffen. Die Erzdiözese stellte dafür eine Million Euro zur Verfügung. Seit dem Projektabschluss 2012 gibt es einen erzbischöflichen Hospiz- und Palliativfonds, aus dem jedes Jahr 300.000 Euro in die Aus- und Fortbildung, Weiterentwicklung und Verstetigung christlicher Hospiz- und Palliativarbeit fließen.
Noch eine Lebenszeit ermöglichen, die lebenswert ist
Ein Ergebnis des Projekts war die Formulierung von Leitlinien einer christlichen Hospiz- und Palliativkultur, die den Rahmen für die Arbeit mit Schwerstkranken und Sterbenden vorzeichnen. Das Ziel ist eine würdige Pflege und Betreuung kranker, alter, behinderter, sterbender Menschen. Die Leitlinien sind geprägt von einer fragenden Grundhaltung. Wie Jesus den blinden Bettler Bartimäus fragt: "Was soll ich dir tun?", so soll auch der Sterbende den Helfer(inne)n sagen, was ihm guttut. Sterben gehört zum Leben. Aufgabe einer guten Begleitung ist es, noch eine Lebenszeit zu ermöglichen, die lebenswert ist. Auf dieser Basis wurden Qualitätsmerkmale formuliert, zum fachlichen Anspruch, zur ethischen Entscheidungskultur, zu Seelsorge und spiritueller Begleitung, zu christlich geprägten Zeichen und Ritualen oder Formen von Abschied und Trauer.
Kern des Projekts waren die Begleitgruppen, in denen Leitungskräfte und Mitarbeitende als Multiplikatoren und Projektleiter für ihre Einrichtung den Bereich Sterbebegleitung und Tod bearbeitet haben. Ziel war, eine Haltung der liebevollen Zuwendung zum Sterbenden und seinen Angehörigen und die gelebte christliche Hoffnung bei den Mitarbeitenden und in den Einrichtungen zu verankern.
"Als Heimleiter ist mir eine gute Palliativversorgung und Sterbebegleitung ein Herzensanliegen - und das darf ich auch für unsere Mitarbeitenden aus voller Überzeugung formulieren", sagt der Leiter des Münchener Caritas-Altenheims St. Nikolaus, Friedrich Schwarz. Das Projekt sei für ihn eine willkommene Gelegenheit gewesen, die eigene Praxis zu überprüfen und, wo nötig, weiterzuentwickeln. Möglichst viele Mitarbeitende im Haus in den Professionen Pflege, Hauswirtschaft und Küche, soziale Begleitung, Alltagsbegleitung und Verwaltung seien in Schulungen und Fortbildungen für die Palliativversorgung erneut sensibilisiert worden. Die Einbindung des Seelsorgers, der ehrenamtlich Mitarbeitenden, der Ärzteschaft und der Partner aus den Hospizvereinen waren dabei von großer Bedeutung. Da der Umgang mit Sterbenden neben erfüllenden Erfahrungen auch Belastungen mit sich bringt, bietet das Altenheim seinen Mitarbeitenden bei Bedarf Supervision, Unterstützung durch Fachleute des Christophorus-Hospizvereines und das Gespräch mit dem Heimseelsorger an.
"Hier wird gelebt, gehofft und auch gestorben"
Im Caritas-Altenheim St. Willibrord in München-Schwabing, das sich ebenfalls am Projekt beteiligte, entstand im Frühjahr 2014 ein neuer Erinnerungsort. Der bisherige Ort im Foyer, ein Stehpult, musste der Umgestaltung weichen. Heimleiterin Monika Ueltzhöffer und Heimseelsorgerin Nicola Rieß entwickelten mit Bewohner(inne)n, Mitarbeitenden, dem Kunstreferat der Erzdiözese und einer Grafikerin eine Alternative. Es entstand eine dezente, großzügige und barrierefreie Wandgestaltung und eine Ablage für das "ewige Buch" mit Einträgen über die Verstorbenen - ein guter Ort auch fürs?Abschiednehmen im Kreis der Angehörigen, Bewohner und Mitarbeitenden. Auf der Wand steht in großen Lettern das ermutigende Zitat des heiligen Augustinus von Hippo: "Auferstehung ist unser Glaube, Wiedersehen unsere Hoffnung, Gedenken unsere Liebe."
Seelsorgerin Nicola Rieß sagt, ihre Absicht sei es, denen, die hier leben und täglich vorbeikommen, und auch den Besuchern beim Betreten des Hauses eine wohltuende Atmosphäre des Angenommenseins zu vermitteln: "Hier wird gelebt, gehofft und auch gestorben - all dies hat hier seinen guten Platz." Besucher(innen) erleben die Neugestaltung als gelungene Symbiose eines Ortes der Hoffnung wie auch des Trauerns.
Hospizarbeit in der Behinderteneinrichtung
Seit sieben Jahren ist Monika Pscheidl Seelsorgerin im Franziskuswerk Schönbrunn, eine der größten Behinderteneinrichtungen in Oberbayern. Über 700 Menschen leben dort, viele bleiben auch im Alter und sterben dort. Die Seelsorgerin hat intensiv in dem Hospizprojekt von Caritas und Erzdiözese mitgearbeitet und das bisherige Netzwerk zu einem umfassenderen Palliativteam weiterentwickelt. Neben dem Fachdienst Pflege, der Psychologin und einer Schwester sind jetzt auch Ärzte, der Elisabeth-Hospiz-Verein, Palliative-Care-Fachkräfte und der Fachdienst Physiotherapie mit im Boot.
Sterben Menschen mit Behinderung anders, wird die Seelsorgerin manchmal gefragt. Sie habe im Laufe ihrer Tätigkeit gelernt, dass jeder Mensch anders sterbe und die meisten so, wie es zu seinem oder zu ihrem Leben passt. Menschen mit Behinderung beim Sterben zu begleiten, sei für sie immer wieder überraschend und sie lerne für ihr eigenes Leben.
"Ich weiß nicht, warum das Leben so schön ist!" Mit diesen Worten empfing sie Herr Simon einige Monate vor seinem Tod. Diese positive Lebenseinstellung prägte auch die Zeit, in der er lebensbedrohlich erkrankte. Der Mann hatte sein ganzes Leben schwerstmehrfachbehindert im Rollstuhl verbracht und bekam zudem noch Kehlkopfkrebs. Dieser wurde erst entdeckt, als es schon zu spät für eine Therapie war. Nach ärztlichen Aussagen hätte er nur noch einige Monate zu leben gehabt. Aber Herr Simon überraschte alle, er lebte noch einige Jahre und genoss jeden Tag. Als die Krankheit ihn dann doch zunehmend schwächte, wurden im Team alle medizinischen und pflegerischen Maßnahmen besprochen. Die Seelsorgerin besuchte ihn regelmäßig. Er sei sich seines Zustands bewusst gewesen und sie habe oft mit ihm darüber gesprochen, erzählt sie. Manchmal zündete sie eine Kerze an, betete mit ihm oder sang ihm sein Lieblingslied vor. Sein Glaube habe ihn getragen, ihn mit Freude erfüllt und ihm Kraft gegeben. Von den Ärzten und Pflegekräften wurde er in seinen letzten Tagen gut versorgt und von Mitarbeiter(inne)n und Freunden liebevoll betreut. Am Morgen seines letzten Tages machte die Seelsorgerin eine kleine "Spürübung" mit ihm: "Du darfst dich in die Hände Gottes fallen lassen. Er trägt dich." Am Abend sei dies dann geschehen. Zur Hospizkultur in Schönbrunn gehört auch, dass Freunde und Mitarbeitende sich am Sterbebett verabschieden können. Auch im Gottesdienst erweisen alle, die den Verstorbenen kannten, ihm mit einem Abschiedsritual die letzte Ehre.
Perspektiven und neue Projekte
Inzwischen hat sich der Erzbischöfliche Hospiz- und Palliativfonds fest in der Erzdiözese etabliert. Neue Projekte und Initiativen wurden auf den Weg gebracht. Sie spiegeln die breite Palette von Hospiz und Palliativ Care wider. So wird der Fonds zum Beispiel den Aufbau eines palliativ-geriatrischen Beratungsdienstes im Münchener Umland unterstützen. Er soll die Kompetenzen aus der Palliativpflege und dem Umgang mit alten, oftmals an Demenz erkrankten Patient(inn)en zusammenführen und sich spezielles Wissen aneignen. Der vom Zentrum für Ambulante Hospiz- und Palliativversorgung München Land des Caritas-Zentrums Taufkirchen betriebene Dienst wird Mitarbeiter(innen) in der Pflege in der Alltagsarbeit beratend begleiten.
Ein weiteres vom Hospiz-Fonds gefördertes Projekt entsteht im neuen Altenheim "Heilig-Geist-Spital" in Mühldorf. In Kooperation mit dem dortigen Anna-Hospizverein sollen hier vermehrt schwerstkranke, alte Menschen aufgenommen werden. Die Bewohner(innen) kommen meist aus dem Krankenhaus und können durch ihre lebensbedrohliche Erkrankung oder eine intensive Pflegebedürftigkeit nicht in ihr häusliches Umfeld entlassen werden. Durch das Projekt soll diesen Personen, jedoch auch allen anderen Bewohner(inne)n, die es brauchen, in ihrer letzten Lebensphase eine umfassende hospizliche Versorgung und palliative Pflege zukommen. In der Einrichtung gibt es speziell geschulte Palliative-Care-Fachkräfte, um die Schwerstkranken zu pflegen und zu betreuen. Das Caritas-Heilig-Geist-Spital hat mit einem eigens entwickelten Konzept "Hospizarbeit und Palliative Care" die Standards und Prozesse einer qualitativen Betreuung sichergestellt.
Das Ende des Lebens wirft vielfach ethische Fragestellungen auf. Dazu wird der Fonds die systematische Implementierung von Ethikberatung und ethischen Fallbesprechungen in den Einrichtungen und Diensten vor Ort fördern.
Individuell angepasst und auskömmlich finanziert
Das Beste aus beiden Pflegesystemen
Gut informiert und abgesichert klappt die Betreuung zu Hause
Qualität messen und vergüten
Eine Caritas wird wieder aufgebaut
Interim-Manager entlasten oder überbrücken Vakanzen
Mehr Spielraum
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