Eine Caritas wird wieder aufgebaut
In der Slowakei stand die Caritas nach der Wende - hier "Samtene Revolution" genannt - im Jahr 1990 vor einem Neuanfang. Gegründet 1921, war sie 1948 enteignet und bis zum Ende der kommunistischen Unterdrückung der Kirche in der damaligen Tschechoslowakei an ihrer Arbeit gehindert worden. Heute ist sie kirchlicher Dienstleister in einem Mitgliedsland der EU.
Nach Gründung der slowakischen Republik 1992 kam es 1995 zur offiziellen Neugründung der Caritas der Erzdiözese Košice. Diese ist die zweitgrößte Caritasorganisation in der Slowakei, sie befindet sich im Grenzgebiet zu Polen, der Ukraine und Ungarn. Seit Jahren besteht eine fruchtbare Patenschaft zwischen dem Bistum Limburg und dem Erzbistum Košice. So führte die Caritas der Erzdiözese Košice in den Jahren 2012 und 2013 ein Organisationsentwicklungsprojekt durch, das zu zwei Dritteln vom Patenschaftsbistum Limburg finanziert wurde.
Die Caritas Košice ist ein vielseitiger kirchlicher Dienstleistungsanbieter und beschäftigt fast 300 Mitarbeiter(innen) in 30 Diensten und Einrichtungen: von Roma-Zentren und diversen Beratungsangeboten über Obdachlosenbetreuung und Sozialzentren bis hin zur ambulanten und stationären Altenhilfe, die circa zwei Drittel des Jahresumsatzes von fast drei Millionen Euro ausmacht.
Der Neuaufbau der Caritas war nicht nur in den Neuaufbau der Erzdiözese eingebettet, sondern auch in die sich neu bildenden kommunalen und überregionalen staatlichen Strukturen. Besonders problematisch war und ist bis heute die unzuverlässige, sprunghafte Gesetzgebung. Hierdurch mangelt es an Verlässlichkeit in der Sozialgesetzgebung und vor allem in der Finanzierung der Dienste und Einrichtungen.
Ein weiteres Problem ist das Grundverständnis im kommunalen und regionalen Kontext, der Staat sei der bessere und erste Anbieter sozialer Dienstleistungen. Dadurch erhalten die kirchlichen Sozialorganisationen nur wenig Förderung.
Eine besondere Herausforderung für die Entwicklung von Projekten, Diensten und Einrichtungen ist die latent auf fast allen staatlichen Ebenen vorkommende Korruption. Sie führt zu erheblichen Zerreißproben in der Caritas, die nicht Teil in diesem System sein möchte.
Zudem war die Entwicklung in den ersten Jahren oft spontan verlaufen, orientiert am Motto "Not sehen und handeln". Die ersten Beratungsdienste entstanden, die Roma- und Obdachlosenarbeit, dazu gab es Übernahmen staatlicher Altenhilfeeinrichtungen. Es bedurfte zunehmend einer neuen Organisationsstruktur, eines zeitgemäßen Rechnungswesens und einer angemessenen Führungs- und Verantwortungsstruktur.
Das bereits erwähnte Projekt begann im Herbst 2012 und endete Ende 2013. Der Berater war alle drei bis vier Wochen für zwei bis vier Tage vor Ort. Dazwischen arbeiteten einzelne Gruppen, die Leitungsverantwortlichen und der Direktor an den Themen weiter, der Berater konnte über E-Mail und Telefon zu jeder Zeit angefragt werden. Der Gesamtaufwand, einschließlich der nicht unerheblichen Dolmetscher- und Sachkosten, belief sich auf rund 76.000 Euro.
Den ersten Schritt des Organisationsentwicklungsprojekts bildete eine Erhebung der Angebote im Gesamtbereich der Altenhilfe sowie der weiteren Dienste und Einrichtungen im Portfolio der Caritas. Gleichzeitig standen ein Verstehen der Abläufe und der Finanzströme an sowie die Analyse der Organisationsstrukturen, einschließlich der Zuständigkeiten. Bereits in dieser Phase waren neben dem Direktor alle Abteilungsleitungen und die Einrichtungsleitungen der Altenhilfe beteiligt.
Infragestellung der tradierten Arbeitskultur
Während das Sprachproblem zwischen den slowakischen Verantwortlichen und dem deutschen Organisationsberater durch Dolmetscher recht gut zu überwinden war, stellte sich zwischen beiden Seiten eine grundlegende Unterschiedlichkeit des Verständnisses - im fachlichen und sozialkulturellen Kontext - von Management und Führung, Verantwortung und Haltung heraus. In den Leitungsgruppen erarbeitete Vorschläge wurden zwar scheinbar verstanden und angenommen, doch wenn es um die Übernahme von Teilverantwortung für einzelne Aufgaben ging, meldete sich fast nie jemand von sich aus. Der Grund dafür war die bisher starke Orientierung an der obersten Leitung und dem Kollektiv. Aus dieser Haltung heraus wurde erwartet, dass der "Leiter" - in diesem Fall der Berater - bestimmt, wer welche Aufgaben übernimmt. Das Heraustreten aus der Gruppe, so die tradierte Befürchtung, könnte zu negativen Einflüssen auf die bestehenden sozialen Beziehungen führen.
Vom Hierarchiedenken zur eigenen Haltung
Der fundamentale Wechsel in der kommunikativen Struktur - weg von der ausgeprägten Hierarchieorientierung - benötigte Zeit. Die Mitarbeitenden mussten sich an die empfohlenen neuen, partizipativen Organisationsstrukturen gewöhnen, sich mit dem neuen Führungsstil auseinandersetzen und lernen, dass mehr Teilhabe an der Führung auch mehr persönliche Verantwortung bedeutet.
Nach intensiver Diskussion zu geteilter Verantwortung, Delegation, klaren Zuständigkeiten und Stellenbeschreibungen, Kommunikations- und Ablaufstrukturen sowie zur Konfliktbewältigung rückte zunehmend ein Begriff in den Mittelpunkt: "Haltung". Es ging um ein reflektiertes Selbstverständnis des eigenen Tuns, die Wertschätzung des anderen und nicht zuletzt die Haltung zum Klienten.
In der Folge gingen eine bemerkenswerte Veränderung des Selbstverständnisses und ein Aufschwung in der ökonomischen Entwicklung Hand in Hand. Gemeinsam wurden unter anderem erstellt:
- eine erste Caritasphilosophie (Leitbild);
- ein Organigramm über die gesamte Caritas und Teile der Altenhilfe;
- die Festlegung der Aufgaben und Verantwortlichkeiten der Leitungen;
- eine transparente Kommunikations- beziehungsweise Besprechungsstruktur;
- die EDV-gestützte Informationsstruktur und Terminverwaltung;
- ein neues Kommunikationsverständnis;
- ein respektvoller, wertschätzender, vertrauensvoller und offener Umgang miteinander;
- ein mehr ins Zentrum rückendes Verständnis vom Klienten;
- ein Kostenstellenmanagement und Festlegung der Budgetverantwortung;
- bei neuen Aufgaben die Einführung von Projektmanagement;
- Initiierung eines umfänglichen Qualitätsentwicklungsprozesses in der Altenhilfe (Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität analog dem deutschem Verständnis);
- Haltungstrainings mit den Pflege- und Betreuungsmitarbeiter(inne)n.
Fazit
Die zentralen Voraussetzungen zum Gelingen des Projektes waren:
- die von Anfang an hohe Motivation und das unermüdliche Engagement der Leitungspersonen;
- die erhebliche Mitfinanzierung durch das Partnerbistum Limburg;
- Akzeptanz und Einfühlungsvermögen des Beraters für Besonderheiten der slowakischen Sichtweisen.
- Hindernisse waren insbesondere kulturelle Verankerungen, die eine organisatorische Veränderung erschwerten:
- die Kollektivorientierung;
- die schwankende Selbstsicherheit;
- die Hierarchie-Orientierung in Staat und Kirche;
- der "flexible Umgang" mit Terminen;
- die Konfliktvermeidung.
Insgesamt half das Projekt der Caritas der Erzdiözese Košice bei ihrer quantitativen und qualitativen, wirtschaftlich gesunden Weiterentwicklung.
Individuell angepasst und auskömmlich finanziert
Das Beste aus beiden Pflegesystemen
Gut informiert und abgesichert klappt die Betreuung zu Hause
Gut begleitet leben, hoffen und sterben
Qualität messen und vergüten
Interim-Manager entlasten oder überbrücken Vakanzen
Mehr Spielraum
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