Von der Welt vergessen im Camp
Mosambik liegt nordöstlich von Südafrika. Über 2500 Kilometer zieht es sich an der Ostküste Afrikas den Indischen Ozean entlang. Die N1, eine endlos lange Straße, verbindet den Süden und Norden des von Fruchtbarkeit gesegneten Landes. An dieser Straße spielt sich wie an einer Lebensader überwiegend das ganze bunte Treiben im Lande ab. Hier sitzen Alt und Jung am Straßenrand auf dem Boden und verkaufen, was gerade geerntet wurde: Tomaten, Kartoffeln, Kokosnüsse. Aber auch Orangen, Mangos und Bananen gedeihen in Mosambik, einer Region, in der es praktisch keinen Winter gibt. Auch die deutsche Regierung hat viele dieser Straßenkilometer unter Leitung der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ, zuvor GTZ) finanziert.
Am 23. Januar dieses Jahres überflutete im Süden des Landes der Fluss Limpopo die Ortschaften in Ufernähe. Ähnlich wie im Frühsommer in Deutschland war die Katastrophe vorhersehbar, da der in Südafrika entspringende Limpopo schon in Botswana und Simbabwe stark Hochwasser führte.
Keine Hochwasserwarnung
Doch von der Regierung kam keine Warnung und so wurden die ahnungslosen Einwohner der Kleinstadt Chokwe morgens um sechs Uhr von einer enormen Flutwelle überrascht. Die nach der lehmigen Erde benannte "rote Flut" spülte vieles weg, was seit der großen Überschwemmung im Jahr 2000 wieder aufgebaut worden war: selbstgebaute Lehmhütten, das gesamte Inventar samt wichtigen Akten, Computer und persönlichen Unterlagen.
Noch immer sind im Gebäude der Caritas in Chokwe die geborstenen Glasscheiben der Eingangshalle nicht ersetzt, die dem Druck der Wassermassen nicht widerstanden. In den Steinhäusern selbst ist die Dimension der Flut noch an den getrockneten Schmutzstreifen im Mauerwerk auf zwei Metern Höhe zu sehen. Aber sie stehen noch und das in sehr gutem Zustand, wie sich jeder Besucher überzeugen kann.
Nach der Flut 2000 hatte Caritas international, das Hilfswerk der deutschen Caritas, mit rund fünf Millionen Euro den Bau von Steinhäusern und Schulen sowie Sozialmaßnahmen unterstützt. Aufgrund von seinerzeit spektakulären Bildern von Menschen, die mit Helikoptern aus Bäumen gerettet wurden, hatte es eine Welle der Hilfsbereitschaft und Spenden gegeben, die diese Baumaßnahmen ermöglichten.
Doch in diesem Jahr blieb der Medienhype aus. Die Katastrophe von Chokwe und den anderen Flussanrainern blieb weitgehend unbemerkt. Die Solidarität der Weltgemeinschaft zur Linderung der Not kam nicht zustande. Die deutsche Caritas hat daher aus Eigenmitteln mit 53.000 Euro Soforthilfe geleistet. Davon wurden Reis, Wasser, Plastikfolien und auch Babynahrung, Medikamente, Hygienekits, Moskitonetze sowie landwirtschaftliche Geräte verteilt. Nach zwei Monaten waren alle Mittel - auch anderer nationaler Caritasorganisationen - ausgegeben.
Sieben Monate später sieht beim Besuch des Flutgebietes auf den ersten Blick alles wieder gut aus. Aber dann führt Chokwes Caritasdirektorin Cacilda Tam San uns in ein Camp zehn Kilometer von Chokwe entfernt. Hier leben 13.000 von der Flut am stärksten betroffene Menschen in Zelten aus schwarzen Plastikfolien, die von selbstgezimmerten Holzstäben notdürftig getragen werden. Das Land wurde ihnen nach der Flut vom Staat zugewiesen. Immerhin sind die Parzellen auskömmlich und katastrophensicher, da sie höher liegen als ihre zerstörten Hütten. Doch der nächste Brunnen ist zehn Kilometer entfernt.
Ein Brunnen fehlt
Die Bewohner strömen sofort zusammen, als sich die Besuchergruppe nähert, und formulieren ihre Not. Sie brauchen einen Brunnen. Wenn sie Wasser hätten, müssten sie nicht länger unproduktiv ihre Zeit mit Wasserholen verbringen, sondern könnten sich richtige Lehmhäuser bauen. Denn wie hier üblich wird Lehm mit Wasser vermischt, daraus werden kleine "Backsteine" geformt und getrocknet und schon ist das Baumaterial für die Hütte fertig. Der anwesende Regierungsvertreter bedauert, es sei kein Geld für einen Brunnen da. Dies kann vor Ort keiner beurteilen. Zumindest ist klar, dass weitere Hilfe für die Regierung keinerlei Priorität hat und Warten nicht lohnt.
Im Camp berät eine Caritas-Sozialarbeiterin die Leute, klärt über Aids auf, zeigt Möglichkeiten der Selbsthilfe. "Ja", bestätigt Direktorin Cacilda Tam San, "ein Brunnen wäre jetzt das Dringlichste. Dann könnten die Leute neue Perspektiven entwickeln und angehen."
Die Bitte bleibt nicht ungehört. Caritas international prüft derzeit, wie den Menschen vor Ort am besten geholfen werden kann, und freut sich über eine Spende unter Konto 202 bei der Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 66020500, Stichwort "Mosambik".