Immer mehr Geschäftsführer sehen optimistisch in die Zukunft
Zum sechsten Mal wurden im März 2012 Daten zur wirtschaftlichen Lage der Unternehmen in der Caritas für das Jahr 2011 und ein Ausblick auf 2012 erhoben. Neben den sich jährlich wiederholenden Fragen zum Geschäftsklima1 der Dienste und Einrichtungen der Caritas beschäftigen sich die diesjährigen Zusatzfragen zum einen mit den Hinderungsgründen für die Einstellung von Personal (unabhängig vom Fachkräftemangel), zum anderen mit Kooperationen auf örtlicher Ebene. Die folgenden Auswertungen beziehen sich auf 1248 Datensätze.
Nach einem Einbruch im Jahr 2009 hat sich das Geschäftsklima inzwischen wieder erholt. Dabei wird die zukünftige Geschäftslage wesentlich positiver eingeschätzt als noch bei der letzten Erhebung Ende 2010. So gehen 14,6 Prozent (2010: 8,7 Prozent) der Befragten davon aus, dass sich diese in den kommenden zwölf Monaten verbessern wird. Dass sie sich verschlechtern wird, glauben 23,6 Prozent (2010: 28,4 Prozent). Dies führt für die zukünftige Entwicklung der Geschäftslage zum zweithöchsten Index nach 2008. Besonders optimistisch sehen hier die Sozialstationen und ambulanten Pflegedienste in die Zukunft. Hier rechnen 28,3 Prozent mit einer Verbesserung.
Die zukünftige Ertragslage erhält die positivste Einschätzung, die seit 2006 gemessen wurde. So glauben 18 Prozent (2010: 12,8 Prozent), dass diese sich verbessern wird, wohingegen 23,5 Prozent (2010: 30 Prozent) befürchten, dass sie sich verschlechtern wird. Das Beschäftigungsklima stagniert weiterhin auf hohem Niveau, was bedeutet, dass ein gleichbleibend hoher Anteil von Trägern die Beschäftigungsentwicklung optimistisch sieht (siehe Abbildung 1).2
Momentane Geschäftslage wird eher negativ gesehen
Die derzeitige Geschäftslage allerdings wird bei den Befragten als relativ schlecht eingeschätzt. So fiel die Differenz zwischen dem Anteil der positiven Einschätzungen und dem der negativen um acht Prozentpunkte: Für das Jahr 2011 lag der Wert bei -6,43, im Jahr 2010 bei 1,59. Diese Entwicklung vergrößert weiter den Abstand zu anderen Dienstleistungsunternehmen der deutschen Wirtschaft. So stieg dieser Saldo beim DIHK-Index3 für das Dienstleistungsgewerbe um drei Prozentpunkte seit Jahresbeginn 2011 leicht an. Auch der Ifo-Index des Instituts für Wirtschaftsforschung bleibt immerhin weiter auf dem hohen Niveau des Vorjahres.
Erwartungen bei der Caritas optimistischer als Wirtschaft
Im Gegensatz zur Einschätzung der derzeitigen Geschäftslage brechen die Erwartungen an die zukünftige Geschäftslage beim Ifo-Index4 Ende des Jahres 2011 ein und das Gewicht zugunsten positiver Einschätzungen verliert 25 Prozentpunkte im Vergleich zum Jahresanfang. Bei den Unternehmen der Caritas lässt sich eine gegenläufige Entwicklung beobachten. Hier wächst die Differenz zwischen positiven und negativen Erwartungen um knapp zehn Prozentpunkte an; die Geschäftsführer(innen) sind für die Zukunft also optimistischer als in den Jahren zuvor. Da in den Index für das Geschäftsklima sowohl zukünftige Erwartungen als auch die Einschätzung der aktuellen Lage eingehen, ist sowohl bei der Caritas als auch im Dienstleistungsgewerbe der deutschen Wirtschaft eine Steigerung des Geschäftsklimas zu beobachten. Bei Unternehmen der Caritas ist diese auf den zunehmenden Optimismus für zukünftige Entwicklungen zurückzuführen, bei den anderen Dienstleistungsunternehmen auf die positive Einschätzung der aktuellen Geschäftslage.
Kostendeckung und Ausgleich von Fehlbeträgen
Zwei Drittel (65,4 Prozent) geben an, dass die vereinbarten Vergütungssätze nicht ausreichen, um die Kosten zu decken. Dieser Anteil übertrifft den der letzten Erhebung (2010 : 61 Prozent). Der Anteil derer, die Fehlbeträge auf anderem Wege ausgleichen können, ist weiterhin leicht gesunken. So ist für 32 Prozent kein Kostenausgleich möglich (2010: 31,2 Prozent; 2009: 28,6 Prozent). Auffällig ist, dass mit 56 Prozent merklich weniger weitere Kosteneinsparungen als Möglichkeit nennen, Fehlbeträge zu decken, als noch 2010 (64,7 Prozent).
Bei der Kostendeckung durch Vergütungssätze gibt es eine große Streuung, wenn man die Tätigkeitsfelder betrachtet. So reichen die Vergütungssätze bei zwei Drittel (66,2 Prozent) der stationären Einrichtungen für Personen in besonderen sozialen Situationen aus, während dies bei den stationären Hospizen nur in 2,6 Prozent der Fälle gewährleistet ist. Auch Familienpflege- und Dorfhelferinnenstationen (17,2 Prozent), Dienste und Einrichtungen für Migrant(inn)en (16,6 Prozent), Erziehungsberatungsstellen (16,4 Prozent) und die allgemeine Sozialberatung (14,8 Prozent) weisen hier geringe Anteile und damit eine bedenkliche Refinanzierungssituation auf. Besonders gravierend ist die Situation bei den Erziehungsberatungsstellen sowie den Diensten und Einrichtungen für Migrant(inn)en. Rund die Hälfte sehen in letztgenannten Bereichen keine Möglichkeit, bestehende Defizite auszugleichen.
Qualifiziertes Personal ist schwer zu gewinnen
Ungefähr die Hälfte (49,5 Prozent) der Befragten gab an, dass die Gewinnung von Mitarbeiter(inne)n mit mittlerem Abschluss schwerer fiel als im Jahr zuvor (2010: 50,4 Prozent). Auch die Rekrutierung von Mitarbeitenden mit Hochschulabschluss empfanden 51,9 Prozent als komplizierter als im Jahr zuvor ( 2010: 54,6 Prozent). Dies zeigt, dass die Personalgewinnung nach wie vor sehr problematisch ist und der Fachkräftemangel ein zentrales Thema für die Dienste und Einrichtungen darstellt. Besonders in Einrichtungen der stationären Jugendhilfe wird mit einer erschwerten Personalgewinnung beim mittleren Schulabschluss (74,1 Prozent) und beim Hochschulabschluss (79,9 Prozent) gerechnet. Besonders beim mittleren Schulabschluss hat sich hier die Lage seit der letzten Erhebung stark verschärft: 2010 erwarteten noch 55,7 Prozent (20 Prozentpunkte weniger) Probleme, Mitarbeiter(innen) zu werben. In den Krankenhäusern wird vor allem die Gewinnung von Fachkräften mit Hochschulabschluss kritisch gesehen (72,9 Prozent). Die Befragten in Sozialstationen und ambulanten Pflegediensten schätzen es als schwieriger ein, Mitarbeiter(innen) mit mittlerem Schulabschluss (74,0 Prozent) anstellen zu können.
Anstieg von Wartelisten für die Aufnahme von Patienten
Erstmals ist ein Anstieg des Anteils der Befragten zu beobachten, die Wartelisten für die Aufnahme von Patient(inn)en benötigen. Bis 2010 schwankte dieser Anteil zwischen 30 und 35 Prozent (2010: 33,4 Prozent) und stieg nun auf 41,2 Prozent an. Dies geht vor allem auf die stationäre Altenhilfe, die Behindertenhilfe und stationäre Einrichtungen für Jugendhilfe zurück. Regional stechen vor allem Thüringen (50 Prozent), Hessen (50 Prozent), Schleswig-Holstein (49,9 Prozent) und Baden-Württemberg (49,1 Prozent) mit hohen Anteilen von Einrichtungen mit Wartelisten hervor.
Kein neues Personal wegen fehlender Refinanzierung
Eine Zusatzfrage zur Einschätzung der wirtschaftlichen Lage 2011 beschäftigte sich mit den Hinderungsgründen, die unabhängig vom Fachkräftemangel für die mangelnde Einstellung von Personal verantwortlich sind. Zwei Drittel (66 Prozent) nennen die fehlende Refinanzierung als Grund, warum sie nicht mehr Mitarbeiter(innen) einstellen können. Hier konnte auf Vergleichsdaten aus dem Jahr 2006 zurückgegriffen werden, weil die gleiche Zusatzfrage gestellt wurde. Damals waren die Arbeitszeitregeln (82,4 Prozent) der wichtigste Hinderungsgrund (2011 lediglich 7,8 Prozent). Dafür wurde das Tarifrecht als zweitwichtigster Hinderungsgrund mit 38,6 Prozent (2006: 6,6 Prozent) in den Fokus gerückt. An Bedeutung verloren hat ebenso der Kündigungsschutz. Dieser kam lediglich auf 8,7 Prozent (2006: 25,2 Prozent). Immerhin ein Fünftel (19,6 Prozent) gab an, dass kein zusätzliches Personal benötigt wird.
Bereitschaft zu Kooperationen bleibt gleich
Der zweite Schwerpunkt der Zusatzfragen bezog sich auf Kooperationen auf örtlicher Ebene. Jeweils ein Drittel der Befragten ist in den letzten zwölf Monaten Kooperationen eingegangen (33,1 Prozent), beziehungsweise wird im kommenden Jahr neue eingehen (33,6 Prozent). Es ist also zu erwarten, dass die Bereitschaft zur Bildung von Kooperationen etwa gleich bleibt. Mit 69,5 Prozent kommen die meisten Kooperationspartner aus dem Bereich der Caritas. Jeweils ungefähr ein Viertel arbeitet mit Mitgliedern anderer Wohlfahrtsverbände (24,1 Prozent), mit Einrichtungen von Trägern der öffentlichen Hand (25,6 Prozent) und mit privatgewerblichen Trägern (21,1 Prozent) zusammen. Lediglich 15,7 Prozent der Kooperationspartner sind Mitglieder des diakonischen Werkes.
Als wichtigster Zweck von Kooperationen wurde von 66,9 Prozent der Befragten die qualitative Leistungsverbesserung genannt. Für 57 Prozent sollen Kooperationen der Erhöhung der Wirtschaftlichkeit dienen. Differenziert man die Nennungen nach Art der Trägerschaft der Einrichtungen, mit denen kooperiert wird, kommt neben den bereits genannten Gründen die Verbesserung der Kommunikation in den Blick. So ist dies ein besonders wichtiger Punkt bei Kooperationen mit Einrichtungen der Diakonie (51,5 Prozent der Befragten in dieser Gruppe), mit Trägern anderer Wohlfahrtsverbände (48,2 Prozent) und mit Trägern der öffentlichen Hand (49,5 Prozent). Die Erhöhung der Wirtschaftlichkeit ist besonders bei Kooperationen mit Einrichtungen der Caritas (62,8 Prozent der Befragten dieser Gruppe) und mit privaten Trägern (66,5 Prozent) von Bedeutung. Über die Hälfte der Einrichtungen, die mit Einrichtungen des diakonischen Werkes kooperieren, versprechen sich dadurch eine Verbesserung der Verhandlungsposition gegenüber Kostenträgern (50,8 Prozent).
Bei Krankenhäusern und Altenpflegeeinrichtungen, unter denen sich viele Einrichtungen mit relativ hohem Gesamtumsatz befinden, spielt die Erhöhung der Wirtschaftlichkeit eine sehr große Rolle, und sie bekommt jeweils die meisten Nennungen (Krankenhäuser: 79,7 Prozent; Altenpflegeeinrichtungen: 70,7 Prozent).
Anmerkungen
1. Geschäfts-, Ertrags- und Beschäftigungsklima setzen sich jeweils aus der zukünftigen und aktuellen Einschätzung der Geschäfts-, Ertrags- und Beschäftigungslage zusammen.
2. Die Berechnung des Geschäfts-, Ertrags- beziehungsweise Beschäftigungsklimas basiert auf den Saldi zwischen den positiven und negativen Antworten auf die betreffenden Fragen. Dieser Wert wird durch die Bildung von Differenzen in Bezug zu den Werten des Basisjahres 2006 gesetzt. Die Indikatoren des Geschäfts-, Ertrags- und Beschäftigungsklimas beruhen jeweils auf Angaben zur derzeitigen Lage und zukünftigen Erwartungen. Für die Indizes bekommen die Erwartungen für die Zukunft bei einem Verhältnis von 60/40 ein etwas stärkeres Gewicht.
3. Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Siehe DIHK-Umfrage zur Wirtschaftslage und Erwartungen Jahresbeginn 2012 unter www.dihk.de
4. Siehe Ifo-Konjunkturtest Dienstleistungen Deutschland 12/10 unter www.cesifo-group.de