Bedauern über Geschehenes schärft den Blick nach vorn
Am 17. Februar 2009 hat in Berlin der "Runde Tisch Heimerziehung in den 50er und 60er Jahren" seine Tätigkeit aufgenommen, unter Vorsitz der früheren Bundestagspräsidentin Antje Vollmer. An diesem runden Tisch sitzen Vertreter(innen) der ehemaligen Heimkinder, der katholischen und evangelischen Kirche, von Bundes- und Länderministerien, Landesjugendämtern, Kommunen und Fachorganisationen. Gemeinsam beleuchten sie die Geschichte der Heimerziehung unter den Bedingungen der damaligen Zeit und tragen dazu bei, dass in den Heimen entstandenes Leid aufgearbeitet und so weit wie möglich wiedergutgemacht werden kann.
Der Deutsche Caritasverband ( DCV) ist vornehmlich in seiner Rolle als Spitzenverband einer damals wie heute großen Zahl stationärer Einrichtungen der Erziehungshilfe beteiligt.
Erziehungshilfefachverband gibt Empfehlungen
Ausdrücklich begrüßen DCV und Deutsche Bischofskonferenz die Einrichtung des runden Tisches; beide werden konstruktiv mitwirken und lassen sich intern vom Bundesverband katholischer Einrichtungen und Dienste der Erziehungshilfen (BVkE) beraten.
Der BVkE befasst sich seit mehr als sieben Jahren mit der äußerst schwierigen Thematik der ehemaligen Heimkinder. Als 2001 die allerersten Vorwürfe zu hören waren, hat der BVkE seine Mitgliedseinrichtungen aufgefordert, offen und mit Wertschätzung für die Beschwerdeführenden auf deren Anliegen einzugehen. Damals wie heute hielt sich die Anzahl der Beschwerden zwar in überschaubaren Grenzen, doch wurde und wird bis heute jedem Einzelfall mit großer Aufmerksamkeit nachgegangen.
Im Februar 2006 hat der BVkE seine Handlungsempfehlungen noch einmal aktualisiert. Mit ihnen wird den Einrichtungen und ihren Trägern empfohlen, den ehemaligen Bewohner(inne)n der Heime alle ihnen möglichen Hilfen zu geben. Das reicht vom Zugänglichmachen der noch verfügbaren persönlichen Akten bis hin zu Beratung und anderen Hilfen. Die Handlungsempfehlung des BVkE sieht auch vor, dass in jedem Bistum mindestens eine fachlich und persönlich geeignete Person als Ansprechpartner(in) und Berater(in) der ehemaligen Heimkinder, der Heimträger und auch der Kongregationen bereitsteht, die in den früheren Jahren oder auch heute in den Heimen tätig war oder ist.
Als schließlich im Februar 2006 Peter Wensierskis Buch "Schläge im Namen des Herrn" auf den Markt kam und sich Anfragen von Presse, Rundfunk und Fernsehen häuften, haben DCV, BVkE und Deutsche Ordensoberenvereinigung gemeinsame Arbeitshilfen bereitgestellt.
Die Konferenz der Geschäftsführer der diözesanen Arbeitsgemeinschaft für Erziehungshilfen hat 2006 Kontakt zum Verein ehemaliger Heimkinder aufgenommen und mit ihm eine intensive und verlässliche Zusammenarbeit vereinbart.
Einzelne Heimträger, Diözesan-Caritasverbände, Ordensgemeinschaften und Fachverbände im DCV haben das Thema der ehemaligen Heimkinder in Fachtagungen, Presse- und Buchveröffentlichungen aufgegriffen.
Kinderrechte sind der Caritas wichtig
Im BVkE war die Klage der ehemaligen Heimbewohner(innen) mit ein Grund dafür, dass er im September 2004 mit seinem Impulspapier "Anwaltschaftliches Handeln in Einrichtungen und Diensten der Erziehungshilfen" für eine deutliche Akzentsetzung auf die Interessen und Bedürfnisse der Klientel eingetreten ist.
Dem folgten bereits wenige Wochen später die BVkE-Empfehlung zum "Umgang mit Beschwerden"1 und Anfang 2006 die großangelegte Aktion mit dem Plakat "Wir haben Rechte", mit der eine breite und nachhaltige Diskussion über die Rechte von Kindern und Jugendlichen in der Erziehungshilfe, aber auch in der Gesellschaft ausgelöst worden ist.
Der Deutsche Caritasverband weitete mit seiner Leitlinie "Kinderrechte in der Caritas"2 diese Diskussion im Jahr 2008 auf alle Dienste und Einrichtungen der verbandlichen Caritas aus, mit denen junge Menschen direkt als Klient(inn)en oder auch mittelbar als deren Angehörige in Kontakt treten. Die Leitlinie fügt sich ein in die Aktivitäten der National Coalition, die im Rahmen der UN-Kinderrechtekonvention für die Umsetzung des deutschen Handlungsplans sorgt. Seit Februar 2009 gehört der BVkE der National Coalition an.
Sensibilisierung und Wiedergutmachung sind Ziele
Dies alles zeigt, dass DCV und BVkE sich seit Jahren mit Nachdruck und auf vielfältige Weise der Themen angenommen haben, die nun auch den "Runden Tisch Heimerziehung" beschäftigen werden. DCV und BVkE werden sich auch weiterhin dafür einsetzen, dass Würde und Rechte der jungen Menschen anerkannt und beachtet werden.
Was die Vergangenheit und ganz konkret die Vorwürfe aus der Zeit der 50er und 60er Jahre betrifft, können die heute Verantwortlichen nur mit aller Aufrichtigkeit bedauern, was Kindern und Jugendlichen an Leid und Schaden zugefügt worden ist. DCV und BVkE werden nach Kräften zur Aufklärung des Geschehenen beitragen und versuchen, entstandenen Schaden zu überwinden. Sie werden weiterhin auch alles daran setzen, Eltern, Fachwelt und Öffentlichkeit zu sensibilisieren und auf diese Weise Wiederholungen zu vermeiden.
Anmerkungen
1. Kann per E-Mail angefordert werden: info@bvke.de
2. Veröffentlichung in einer der kommenden Ausgaben der neuen caritas.