„Die Caritas zeigt Gesicht“
Die Marke stärken und mit Vorurteilen gegenüber Caritas als Arbeitgeberin aufräumen" – das waren die beiden Ziele, mit denen die Caritasverbände im Bistum Limburg die gemeinsame Imagekampagne "Die Caritas zeigt Gesicht" ins Leben gerufen haben. Sie basiert auf einer Weiterentwicklung eines Kreativkonzepts der Caritas Osnabrück. Nach einer sechsmonatigen an die Mitarbeiter:innen adressierten Phase wurde die Kampagne im September 2022 mit überwältigender Resonanz öffentlich vorgestellt. Die mutigen Statements werden noch heute von Bewerber:innen lobend erwähnt, mitunter waren sie sogar der Auslöser für die Bewerbung.
Aus der Erfahrung mit der Kampagne "Die Caritas zeigt Gesicht" wurden sieben Erkenntnisse gewonnen, die das künftige Employer Branding prägen.
Erstes Learning: Verbandsübergreifend agieren
In der Außenwahrnehmung wird die Caritas als eine einheitliche Marke wahrgenommen. Für potenzielle Bewerber:innen ist es zweitrangig, ob ihr Arbeitsvertrag mit dem Caritasverband Frankfurt oder dem Caritasverband Westerwald-Rhein-Lahn geschlossen wird. Wichtiger sind ihnen Aspekte wie faire Arbeitsbedingungen, gute Erreichbarkeit und eine sinnstiftende Tätigkeit.
Ein weiteres Argument für eine verbandsübergreifende Kampagne ist die effiziente Bündelung von personellen und finanziellen Ressourcen. Aufseiten der Caritas ist ein kontinuierliches Projektmanagement notwendig, um alle Beteiligten zu koordinieren, Kommunikation aufrechtzuerhalten, den Zeitplan sicherzustellen und die Kosten zu überwachen. Durch die solidarische Kooperation mehrerer Verbände wird ein solides Budget gemeinsam aufgebracht. Dies ermöglicht auch finanziell schwächeren Verbänden, an Kampagnen teilnehmen zu können, die sie allein nicht stemmen könnten.
Zweites Learning: Ziele klar definieren
Zu Beginn muss klar definiert werden, welches Ziel die Kampagne verfolgt: Geht es um eine allgemeine Verbesserung des Images oder um ein konkretes Vorhaben, wie etwa die Gewinnung neuer Mitarbeiter:innen? Die Ziele beeinflussen sowohl die Gestaltung der Botschaften als auch die Wahl der Kommunikationskanäle.
Um messbar zu machen, ob die Ziele erreicht wurden, ist es entscheidend, schon im Vorfeld klare Key Performance Indicators (KPIs), also Schlüsselkennzahlen, zu definieren, beispielsweise die Anzahl der Bewerber:innen vor und nach der Kampagne. Bei qualitativen Zielen, die sich nicht unmittelbar in KPIs ausdrücken lassen, müssen alternative Messmethoden herangezogen werden, wie etwa die Auswertung von Social-Media-Kommentaren und dem Medienspiegel. In jedem Fall erfordert eine fundierte Evaluation personelle und finanzielle Ressourcen, die von Anfang an eingeplant werden müssen.
Drittes Learning: Zielgruppen verstehen lernen
Die Imagekampagne "Die Caritas zeigt Gesicht" richtete sich gezielt an die breite Öffentlichkeit. Bei Kampagnen mit einer konkreten Zielsetzung, wie etwa im Bereich Recruiting, sieht der Ansatz jedoch anders aus. Zunächst müssen die Zielgruppen definiert werden, die angesprochen werden sollen. Diese Zielgruppen werden anschließend mit Hilfe sogenannter Candidate Personas1 individualisiert. Die Personas stehen für idealtypische Bewerber:innen und helfen, die Zielgruppe besser zu verstehen. Was sind ihre typischen Charaktereigenschaften, Bedürfnisse und Herausforderungen? Wo sind sie online und offline aktiv? Welche Tonalität in der Ansprache bevorzugen sie? Mit den Personas wird sichergestellt, dass Botschaften und Inhalte so präsentiert werden, dass sie für die jeweiligen Zielgruppen ansprechend sind. Ein Bewerber, der Wert auf Work-Life-Balance legt, wird eher auf flexible Arbeitsmodelle und Benefits achten, während eine Bewerberin, die sich auf Karriereentwicklung fokussiert, an Weiterbildungsmöglichkeiten interessiert sein dürfte.
Viertes Learning: Gezielte Online-Werbung
Die 428 Großflächenplakate wurden nach zwei Dekaden überklebt. Damit verschwand auch die Sichtbarkeit der Kampagne aus dem öffentlichen Raum. Die Buchung der Online-Werbung für die Kampagne "Die Caritas zeigt Gesicht" lief nach sechs Wochen aus. In den Diensten und Einrichtungen ist die Kampagne zwar weiterhin präsent, außerhalb der "Caritas-Bubble" wurden jedoch kaum noch Menschen erreicht.
Um potenzielle Bewerber:innen zu erreichen, die die Caritas bisher nicht als Arbeitgeberin wahrgenommen haben, hat sich gezielte Online-Werbung als besonders wirkungsvoll erwiesen. Mit einem vorab definierten Budget lassen sich Menschen in
relevanten Regionen und Altersgruppen präzise ansprechen. Die Effektivität der Maßnahmen wird dabei durch Klickzahlen, Konversionsraten und andere KPIs transparent und messbar gemacht. Zudem ermöglicht Online-Werbung eine hohe Reichweite bei vergleichsweise geringen Kosten im Vergleich zu klassischen Werbeformen.
Fünftes Learning: Moderation einplanen
Bei der Online-Werbung in den sozialen Medien war es nicht möglich, die Kommentarfunktion unter den Posts zu deaktivieren. Dies war jedoch kein Problem, da ohnehin eines der Ziele war, mit den User:innen in den Dialog zu treten. Um die Wirksamkeit der Kampagne zu steigern, ist es wichtig, zeitnah und unmittelbar auf Reaktionen einzugehen. Die Interaktion mit potenziellen Bewerber:innen und anderen Menschen, die auf die Kampagne reagieren, erfordert klare Verantwortlichkeiten und ausreichende personelle Ressourcen. Da die User:innen die Posts nicht nur während der Bürozeiten kommentieren, können verzögerte Antworten zu verpassten Chancen oder im schlimmsten Fall zu einem Shitstorm führen. Effektives Community Management ist daher eine zentrale Aufgabe, die nicht nebenbei erledigt werden kann. Kampagnen zu starten und sie dann sich selbst zu überlassen, birgt erhebliche Risiken und sollte unbedingt vermieden werden.
Sechstes Learning: Mitarbeitende einbeziehen
Employer Branding richtet sich nicht nur an potenzielle Bewerber:innen, sondern soll auch bestehende Mitarbeiter:innen binden. Workshops und Umfragen im Vorfeld der Kampagne liefern wertvolle Einblicke in die "Caritaskultur", stärken das Gemeinschaftsgefühl und wecken gleichzeitig das Interesse an der Kampagne, idealerweise sogar an der Mitwirkung als Model. Der Prozess, Markenbotschafter:innen zu gewinnen, ist aufwendiger, als Agenturmodels zu engagieren, trägt aber langfristig zu einer höheren Identifikation mit der Caritas als Arbeitgeberin bei und sorgt dafür, dass die Kampagne auch intern im Gespräch ist.
Die persönlichen, authentischen Geschichten machen Mitarbeiter:innen zu idealen Botschafter:innen, die stolz darauf sind, ihre Arbeitgeberin, die Caritas, zu repräsentieren. Wer Mitarbeiter:innen als Markenbotschafter:innen einsetzt, trägt auch Verantwortung für sie im sozialen Raum. Zum Schutz der Mitarbeiter:innen, die in der Kampagne ihr Gesicht zeigen, wurden im Vorfeld Psycholog:innen eingebunden, um bei möglichen persönlichen Angriffen in sozialen Medien kurzfristig Unterstützung gewährleisten zu können.
Siebtes Learning: Expertenwissen nutzen
Die Zusammenarbeit mit einer Marketingagentur ist unerlässlich, um eine Kampagne strategisch zu planen und professionell umzusetzen. Die Agentur bringt einen frischen Blick von außen mit und liefert kreative Lösungen, um die Zielgruppe wirkungsvoll anzusprechen. Designer:innen, Texter:innen und Kommunikationsexpert:innen sorgen dafür, dass die Kampagne visuell ansprechend und inhaltlich überzeugend präsentiert wird. Marktforschung, die Erstellung von Personas und die Auswahl der Werbekanäle gehören zum Tagesgeschäft der Agentur.
Erfolgreiches Employer Branding erfordert jedoch mehr als visuelle Impulse. Es braucht auch eine konkrete Handlungsaufforderung, einen sogenannten Call to Action: eine Weiterleitung auf eine aussagekräftige Landingpage, auf eine benutzer:innenfreundliche Jobbörse oder zu klar benannten und vor allem erreichbaren Ansprechpartner:innen. Zudem muss das Feld kontinuierlich bespielt werden, denn eine singuläre Kampagne verpufft schnell.
1. Der Begriff Candidate Persona kommt ursprünglich aus dem Marketing. Hier beschreibt er den perfekt passenden Kunden für ein Produkt. Im Recruiting bezieht sich Candidate Persona auf die oder den passenden Kandidat:in für eine offene Stelle.
Weiterentwicklung
Von der Kampagne zur Arbeitgebermarke
Die wichtigste Lehre aus "Die Caritas zeigt Gesicht": Kontinuität ist entscheidend. Eine auf wenige Wochen beschränkte Kampagne reicht nicht aus, um eine nachhaltige Wirkung zu erzielen. Daher haben sich die Caritasverbände im Bistum Limburg entschlossen, in einem auf drei Jahre angelegten Projekt gemeinsam mit den HR-Marketingprofis von "Raven51" eine Arbeitgebermarke zu entwickeln, die eine kontinuierliche Sichtbarkeit sicherstellt.
Während "Die Caritas zeigt Gesicht" in erster Linie die Stärkung der Marke Caritas zum Ziel hatte, liegt bei der Arbeitgebermarke der Fokus auf dem Recruiting in den Bereichen Pflege, Kita,
Soziale Arbeit und Verwaltung. Ziel ist es, sowohl mehr als auch qualitativ bessere Bewerbungen zu erhalten und letztlich mehr Einstellungen zu erzielen. Bereits im Vorfeld wurden Key
Performance Indicators (KIPs), also Schlüsselkennzahlen, festgelegt, um den Erfolg der Kampagne regelmäßig zu messen und bei Bedarf Anpassungen vorzunehmen. Zum ersten Mal werden in allen Verbänden systematisch und kontinuierlich Daten zu
Personalbedarf, offenen Stellen, Bewerbungen und Einstellungen erfasst.
Logistisches Großprojekt
Dem Aufruf, sich als Model für die Arbeitgebermarke zu bewerben, folgten 52 Mitarbeiter:innen aus allen Verbänden und Arbeitsbereichen. Zum Vergleich: Bei "Die Caritas zeigt Gesicht" waren es 22, von denen acht als Model gecastet wurden. Einige Mitarbeiter:innen zogen ihre Bewerbung aus persönlichen Gründen zurück, andere konnten wegen Krankheit oder Urlaub nicht teilnehmen. Insgesamt standen 45 Models vor der Kamera, alle, die bereit waren, ihr Gesicht für die Caritas zu zeigen.
Neben den Key Visuals – Porträtfotos, die vor einer Hohlkehle aufgenommen wurden – standen auch Aufnahmen von typischen Arbeitsplatzsituationen, um Einblicke in die Arbeitsfelder Kita, Pflege, Soziale Arbeit und Verwaltung zu geben.
"Caritastisch ist, was DU daraus machst"
Wie bei der Kampagne "Die Caritas zeigt Gesicht" wurde auch diesmal das Markenverständnis zunächst intern überprüft. In Interviews mit allen Vorständen und Workshops mit Mitarbeiter:innen wurden Kollegialität und Diversität als Herzstück der Arbeitgebermarke identifiziert. Die kreative Leitidee hebt die Individualität und Vielfalt der Caritas-Mitarbeiter:innen hervor: mit knallbunten Farben, auffälliger Typografie und einer modernen Bildsprache. Sie verdeutlicht, dass jede:r Mitarbeiter:in mit seinen:ihren Talenten und Ideen ein wesentlicher Bestandteil des großen Ganzen ist.
Die Agentur beschreibt das so: "Caritastisch ist, was DU daraus machst: Jeden Tag anders, immer wieder neu, dabei stets offen und ehrlich. Klar, nicht jeder Arbeitstag ist ein Spaziergang, doch wir halten zusammen - dabei bringt jede:r Mitarbeiter:in seine:ihre individuellen Stärken und Ideen ein. So entsteht die beste Basis für ein caritastisches Teamgefühl. Caritastisch steht für die Vielfalt, die durch unsere Mitarbeitenden entsteht: Jede:r ist anders, und jede:r ist gut so, wie er:sie ist."
Entsprechend haben die Mitarbeiter:innen die Freiheit, sich vor der Kamera authentisch und nach ihren eigenen Vorstellungen zu präsentieren.
Storytelling und kontinuierliche Bespielung
Mit der Produktion des Fotomaterials allein ist es nicht getan. Die Geschichten der Mitarbeiter:innen, ihre Beweggründe und Erfahrungen mit der Caritas liefern das Material für das Storytelling, das die Arbeitgebermarke im Lauf der Jahre mit Leben füllen soll. Die Agentur produziert in den ersten Monaten exemplarisch Inhalte und sorgt gleichzeitig für Wissenstransfer an die Mitarbeiter:innen in der Öffentlichkeitsarbeit.
Im Februar 2025 wird die gemeinsame Arbeitgebermarke "Caritas im Bistum Limburg" offline und online ausgerollt. Social Media (Instagram, Facebook, LinkedIn) und Google Ads sind die Kanäle, um möglichst viele Menschen außerhalb der "Caritas-Bubble" zu erreichen. Mit Storytelling und authentischen Einblicken in den Arbeitsalltag werden potenzielle Bewerber:innen gezielt angesprochen.
"Die Caritas zeigt Gesicht" hat gezeigt, wie wichtig Sichtbarkeit für die Arbeitgebermarke ist. Nun gilt es, diesen Weg konsequent fortzusetzen - mit klar definierten Zielen und messbaren Ergebnissen. Die Caritasverbände im Bistum Limburg sind überzeugt, dass sie mit den authentischen Geschichten der Mitarbeiter:innen, einem "caritastischen" Design und einer zielgruppenspezifischen Ansprache nicht nur qualifizierte Fachkräfte gewinnen, sondern auch das Bild der Caritas als moderne, attraktive Arbeitgeberin nachhaltig prägen werden.