Krieg in der Ukraine
Alle Friedensappelle waren vergeblich. Seit drei Wochen sind wir Zeugen eines Krieges mitten in Europa. Krieg zwischen zwei souveränen Staaten. Das ist schockierend. Menschen sterben. Die Menschlichkeit hat verloren, Völkerrecht ist gebrochen worden. Eine dunkle Zeit. Es ist eine Zeitenwende, wie keiner von uns das in dieser Weise je erlebt hat.
Bereits vor dem "heißen Krieg" waren in der Ostukraine 13.000 Menschen bei Kämpfen gestorben. 1,5 Millionen Menschen waren zur Flucht gezwungen und auf humanitäre Hilfe angewiesen. Wer in den Gebieten Donezk und Luhansk verblieben war, darunter mehr als 500.000 Kinder, lebte bereits seit acht Jahren in einem nicht erklärten Krieg. Wir waren seit acht Jahren - quasi in Zeitlupe - Zeugen einer humanitären Katastrophe.
Dieser Krieg fordert mitten in Europa Tote und Verletzte. Das ist kaum zu ertragen. Die Menschen in der Ukraine leiden in einem Maß, wie es nicht sein dürfte. Sie leiden auch, weil sie ihre demokratischen Werte selbstbestimmt leben wollten. Das betrifft auch uns. Erstmals seit dem Balkankrieg in den 90er-Jahren und dem Krieg um Georgien sind wieder alle europäischen Caritasverbände gefordert, eine gemeinsame Antwort zu geben und den Opfern eines Krieges solidarisch zur Seite zu stehen. Das Leben von Millionen Menschen ist in Gefahr, diese Menschen dürfen wir nicht alleinlassen!
Der Krieg bringt unfassbares Leid und zugleich auch unglaubliche Solidarität hervor. Die täglichen Kontakte zu den mutigen Mitarbeitenden der Caritas Ukraine beeindrucken mich zutiefst. Die Caritas Ukraine steht den Opfern - vor allem Alten und Kranken - dieser Katastrophe seit 2014 zur Seite, unter teils lebensgefährlichen Bedingungen. 800.000 Menschen hat die Caritas so, auch mit Unterstützung des Deutschen Caritasverbandes, in der Vergangenheit bereits helfen können.
Wir erleben hierzulande wie auch in den Nachbarländern der Ukraine eine riesige Welle der Solidarität und Hilfsbereitschaft. Menschen spenden in nie dagewesenem Umfang, sammeln Hilfsgüter oder stellen Wohnraum zur Verfügung. Unser Nachbarland Polen zeigt sich mit seiner Offenheit für die Geflüchteten in einem für viele neuen Licht. Es tut gut zu spüren, dass weltweit die Kräfte für Frieden und Verständigung weit stärker als die Mächte des Todes und des Machtgewinns sind - auch wenn Letztere noch dominieren. In der Solidarität für die Ukraine kommt es auf einen langen Atem an. Dies ist die Herausforderung für uns alle.