Geflüchtete nicht ungleich behandeln
Dass Putin die Ukraine überfallen hat, löste wohl bei vielen von uns Assoziationen zu Hitlers Überfall auf Polen aus. Vielleicht ist es unser mit dieser Erinnerung verbundenes kollektives schlechtes Gewissen als Deutsche, das uns mit den Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine besonders sympathisieren ließ. Oder ist uns die Ukraine als Teil der "Festung Europa" emotional näher als andere Länder, in denen nicht weniger grausame Kriege toben, und das schon viel länger?
Jedenfalls konnten wir eine enorme Welle der Hilfsbereitschaft beobachten: Seit Jahren ungehört verhallende öffentliche Appelle, nicht benötigten bezahlbaren Wohnraum für Menschen mit Behinderungen, Arme und Flüchtlinge aus aller Herren Länder zur Verfügung zu stellen, wurden plötzlich erhört und die Koordinationsstelle im Landratsamt wurde fast überschüttet von Angeboten an freiem Wohnraum. Gemeinden waren plötzlich in der Lage, ganze Wohnhäuser im Rahmen der Mietobergrenzen anzubieten. Die Massenzustrom-Richtlinie der EU vom 4. März ermöglicht den Ukrainer:innen europaweit den Zugang zum Arbeitsmarkt sowie zu Bildung, Sozialversicherung und medizinischer Versorgung. Telefongesellschaften bieten kostenlose Verträge, Discounter Lebensmittelgutscheine.
Gerecht ist das nicht. Geflüchtete aus dem Irak, Iran und aus Afrika haben eine monatelange Flucht hinter sich. Ob über das Mittelmeer oder die Balkanroute gekommen, waren diese Menschen in Lebensgefahr, Opfer von Missbrauch und Misshandlungen. Warum behandeln wir sie so anders?
Sicher, jede Hilfe ist eine positive Diskriminierung: Ich helfe diesem einen Menschen und (wenigstens in dem Moment) allen anderen nicht. Aber können wir es uns als ganzes Land leisten, so konsequent eine bestimmte Flüchtlingsgruppe allen anderen vorzuziehen? In den Unterkünften, den Beratungsstellen, den Essensausgaben bekommen wir täglich mit, wie Ärger und Neid zunehmen: Wenn wir den sozialen Frieden erhalten wollen, dann ist mehr Gerechtigkeit erforderlich. Als Caritas können wir nur eine Position vertreten: Die Rechte, die wir Ukrainer:innen einräumen, müssen wir auch allen anderen Geflüchteten zugestehen.
Übrigens, es ist auch eine Geldfrage: Besser integrierte Menschen kosten den Staat und die Sozialkassen langfristig weniger Geld und können einen großen Beitrag zur Lösung vieler Probleme bieten, angefangen mit dem Arbeitskräftemangel.
Zuletzt: Es ist klar, dass wir nicht unbegrenzt Menschen hier aufnehmen können. Aber lässt es sich dadurch rechtfertigen, die Menschen, die nun schon mal hier sind, nicht fair zu behandeln?