Abwegige Sparmaßnahmen
Während des Balkankrieges kam eine junge Studentin aus dem Kosovo als Asylbewerberin in die Umgebung von München. Ihre Deutschkenntnisse waren rudimentär, aber im Alltag kam sie durch. Durch den Kontakt zu einer Ehrenamtlichen bekam sie sehr bald privat Deutschunterricht. Eigentlich hatte sie anfangs nicht recht eingesehen, wieso sie jetzt Deutsch lernen sollte. Sie wollte doch so schnell wie möglich zurück in ihre Heimat, erzählt sie heute noch. Als sie schnell gute Fortschritte machte und bald einen Job fand, erkannte sie den Wert ihrer Deutschkenntnisse. Bei der Verhandlung ihres Asylantrags beantwortete sie alle Fragen des Richters ohne Dolmetscher und wurde sofort anerkannt. Heute hat sie einen Beruf, ist mit ihrer Familie in einer oberbayerischen Gemeinde integriert und engagiert sich ehrenamtlich für Flüchtlinge.
Sie hatte Glück und war auf keinen teuren Deutschkurs oder eine öffentliche Förderung von Sprachkursen angewiesen. Auf dieses Glück warten viele Asylbewerber teils jahrelang und bleiben damit von einer ihrer beruflichen Qualifikation entsprechenden Tätigkeit ausgeschlossen. Für das Jahr 2015 hat das Bundesarbeitsministerium die berufsbezogene Deutschförderung des ESF-BAMF-Programms für Leistungsbezieher nach dem Asylbewerberleistungsgesetz abgeschafft. Außer ehrenamtlich durchgeführten Deutschkursen waren bislang diese ESF-BAMF-Sprachkurse für asylsuchende und geduldete Personen das einzige Angebot, Deutsch zu lernen und Arbeit zu finden.
Die Streichung des Sprachprogramms für diese Zielgruppe ist abwegig - wurde doch das Arbeitsverbot für Asylbewerber gerade von zwölf auf drei Monate reduziert! Wenn Asylsuchende und Personen mit einer Duldung vom Sprachprogramm ausgeschlossen sind, haben sie kaum Chancen, die deutsche Sprache zu lernen und damit einen Zugang zum Arbeitsmarkt zu erhalten. Gerade für Menschen mit Duldung sind Maßnahmen für eine nachhaltige Integration nötig. Die Erfahrung der letzten 20 Jahre zeigt, dass die meisten einen Aufenthaltsstatus bekommen. Wenn sie in ihren erlernten Berufen mangels Sprachkenntnis nicht arbeiten können, wird unnötig Zeit vergeudet.
Seit Jahresbeginn gab es zahlreiche Gesetzesänderungen im Bereich Flucht und Asyl, die für die Betroffenen äußerst bedeutsam sind. Dieses zerfledderte Rechtssystem ist in der Praxis kaum noch zu händeln. Es passt auch nicht zu dem von der Wirtschaft geforderten Zugang von Zuwanderern zum Arbeitsmarkt. Bis zum Jahr 2050 werden wir in Deutschland fast nur noch die Hälfte der jetzigen Anzahl von Beschäftigten haben. Ein echtes Einwanderungsgesetz, das die Zuwanderung umfassend regelt, ist deshalb mehr als überfällig. Bis es so weit ist, müssen jedoch auch wieder Deutschkurse für Asylsuchende gefördert werden.