Psychisch erkrankte Menschen individueller unterstützen
Mehr als 40 Jahre nach der Psychiatrie-Enquete, die in der Bundesrepublik die Reform der psychiatrischen Versorgung eingeleitet hat, forderten zahlreiche Verbände und Fachgesellschaften bei den politischen Entscheidungsträgern eine aktuelle Bestandsaufnahme als Grundlage zur Weiterentwicklung des Versorgungssystems ein.
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat diese Forderung aufgenommen und führt in dieser Legislaturperiode einen Dialog zur Weiterentwicklung der Hilfen für psychisch erkrankte Menschen durch. Gemeinsam mit Vertreter(inne)n von Fachverbänden und Fachgesellschaften sowie weiteren Expertinnen und Experten soll eine Standortbestimmung der psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgung vorgenommen werden. Ziel ist es, die gegenwärtigen Herausforderungen darzustellen und eine Verständigung über den Bedarf einer Weiterentwicklung sowie die Formulierung von Empfehlungen zu erreichen.
Das BMG hat die Aktion Psychisch Kranke (APK) e.V., Vereinigung zur Reform der Versorgung psychisch Kranker, damit beauftragt, den Prozess des Dialogs in seiner Gesamtheit zu strukturieren und die Empfehlungen zu formulieren. Nach einer Auftaktveranstaltung im November 2018 zur ersten Standortbestimmung wurden halbjährlich vier Dialogforen zu den folgenden Themen durchgeführt: ambulante, teilstationäre und stationäre Versorgungsbereiche nach dem SGB V; Selbstbestimmung und Partizipation; zielgruppenspezifische Versorgungsfragen; personenzentrierte Versorgung, Vernetzung und Kooperation (S. S. 28). Zusätzlich fand im Juni eine Veranstaltung zur psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen statt.
In die Dialogforen wurden über verschiedene Beteiligungsformate wie Stellungnahmen und Arbeitstreffen Leistungsträger und Vertreter(innen) von Verbänden und Fachgesellschaften sowie Expert(inn)en aus Wissenschaft und Praxis möglichst umfassend einbezogen.
Das wesentliche Gremium ist eine Dialoggruppe, die aus 30 ständigen durch das BMG berufenen Mitgliedern besteht. Zusätzlich werden Fachleute zu den verschiedenen Themen eingeladen. Die Zusammenführung der Ergebnisse nimmt eine achtköpfige Lenkungsgruppe vor. Die Mitglieder der APK sind durch eine APK-Begleitgruppe vertreten.
Grundsätzlich ist die Initiative der Bundesregierung, speziell des BMG, einen solch umfassenden Dialog mit breiter Beteiligung zur Weiterentwicklung der Hilfen für psychisch erkrankte Menschen durchzuführen, als ausgesprochen positiv zu bewerten.
SGB V und SGB XII betrachten
Vorrangig sollte bei dem Prozess das SGB V in den Blick genommen werden. Dies betrifft die ambulante Versorgung durch Haus- sowie Fachärztinnen und -ärzte, ärztliche und psychologische Psychotherapeut(inn)en, die ambulante psychiatrische Pflege, die ambulante Soziotherapie sowie die Angebote der Kliniken.
Hilfen für psychisch erkrankte Menschen bedürfen allerdings auch der Leistungsangebote aus anderen Sozialgesetzbüchern - im Sinne von Teilhabe in den Bereichen Wohnen, Arbeiten und soziales Leben. Da zahlreiche Hilfen für psychisch erkrankte Menschen im gemeindepsychiatrischen Verbund in der Eingliederungshilfe angeboten werden, ist jedoch eine auf das SGB V fokussierte Standortbestimmung und Empfehlung für die Weiterentwicklung zu kurz gegriffen. Im Sinne der personenzentrierten Hilfen gehören diese Angebote unabdingbar mit in die Bestandsaufnahme.
Da der Abschluss des Dialogs klar auf das Ende der Legislaturperiode festgelegt ist, sind alle Planungen des Dialogprozesses darauf abgestellt, den Zeitplan einhalten zu können. Abschließend sollten dem Bundesministerium für Gesundheit praxistaugliche und in ihrer Anzahl handhabbare Empfehlungen übergeben werden, damit eine zeitnahe politische Umsetzung gewährleistet ist. Der Fokus liegt auf Handlungsoptionen, die im Zuständigkeitsbereich des BMG liegen und durch konkrete Vorschläge mit Gesetzesbezug anschließend in den Bundestag eingebracht werden können.
Das BMG hat wiederholt ein besonderes Interesse an innovativen Angeboten bekundet, die zur Verbesserung der Strukturen beitragen, und in diesem Zusammenhang seine Bereitschaft betont, eine personenorientierte und effiziente Durchführung von Leistungen durch Kooperation und Vernetzung zu ermöglichen. Dieses Angebot sollte von allen Beteiligten genutzt werden.
Mehr Informationen, Impulsvorträge zu den Dialogforen und Stellungnahmen: www.psychiatriedialog.de
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