Krankenhauslandschaft mit Zukunft
Fachkräftemangel, Kostendruck, Mindestmengen, Leistungsverdichtung, Bürokratisierung und Ambulantisierung spannen die Lage für Krankenhausträger immer weiter an. Dazu zeigt die laufende Corona-Pandemie, wie wichtig flächendeckende Behandlungskapazitäten für den Krisenfall sind. Zur Weiterentwicklung der katholischen Krankenhäuser und Stärkung ihres Zusammenwirkens ist die verbandliche Caritas gefragt und gefordert.
In der stationären Versorgungslandschaft der katholischen Krankenhäuser gibt es sehr verschiedene Träger und sehr unterschiedliche Modelle. Von solitären Häusern mit Bettenzahlen zwischen 80 und 400 und einzelnen fachlichen Kooperationen bis zu großen Verbünden mit vielen zentralisierten Aufgaben existiert eine enorme Vielfalt. Der Beitrag der konfessionellen gemeinnützigen Träger zur gesundheitlichen Daseinsvorsorge ist systemrelevant und gerät dennoch zunehmend unter Existenzdruck.
Die Erbringung medizinischer und pflegerischer Leistungen unter den gegebenen leistungsrechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen wirft auch ethische Fragestellungen zur Funktionalität in Krankenhäusern auf. Und auch hier liegt eine große Bedeutung der katholischen Krankenhäuser, die in ihren Trägerschaften eine erfahrbare Werteorientierung aufzeigen.
Aktuelle Einschätzungen zur Krankenhauslandschaft erfordern einen Blick auf die Branchenentwicklungen der vergangenen Jahre. Die Anzahl der Krankenhäuser in Deutschland nimmt seit Jahren ab; waren es 1990 noch rund 2400 Krankenhäuser, sind es im Jahr 2020 nur noch 1942. Die privaten Träger steigerten ihren Markanteil von rund 21,7 Prozent im Jahr 2000 auf rund 40 Prozent im Jahr 2020. Parallel zur Verringerung der Anzahl von Krankenhäusern und -trägern stieg die Zahl der Behandlungsfälle. Zeitgleich weiteten die Krankenhäuser ihre ambulanten Versorgungsangebote aus.
Die Ansprüche der Patienten steigen
Die katholischen Krankenhäuser im Erzbistum Köln haben mit einer Konzentration in Klinikverbünde reagiert. Wenige Krankenhausgesellschaften decken mittlerweile mehr als 70 Prozent der katholischen Krankenhauslandschaft ab. Sie haben moderne Aufbau- und Ablauforganisationen mit konzernähnlichen Strukturen und ein deutlich spezialisierteres Leistungsspektrum als vor der DRG-Einführung, also der Fallpauschalen, im Jahr 2004. Ambulant-stationär verbundene Versorgungsnetze sind entstanden und ausgebaut worden; daneben blieben nur einige solitäre Fachkliniken.
Ende der 1990er-Jahre gab es im Erzbistum Köln noch 51 katholische Allgemeinkrankenhäuser und elf Fachkliniken. Im Jahr 2020 sind es infolge von Verkäufen und Schließungen nur noch 36 Allgemeinkrankenhäuser und sieben Fach- beziehungsweise Rehakliniken. Und diese Entwicklung schreitet fort. Zuletzt verkaufte die Cherubine-Willimann-Stiftung drei Krankenhäuser im Erzbistum Köln, gerade tun es die Malteser (S. dazu auch den Beitrag von Thomas Vortkamp auf S. 14ff. in diesem Heft).
Nur noch 36 Allgemeinkrankenhäuser
Infolge der Verkäufe und Schließungen katholischer Krankenhäuser ist (sogar im Rheinland) der Marktanteil katholischer Häuser gesunken. Dadurch gingen Orte der Kirche und der Erfahrung des katholischen Glaubens verloren. Auch führen die Verkäufe dazu, dass die Menschen die Kirche als weniger relevant empfinden und zur Schwächung des Vertrauens in ihre Institutionen. In diesen turbulenten Zeiten zu bestehen, erfordert eine zukunftsorientierte Ausrichtung und den Aufbau einer stabilen Positionierung in der Versorgungsstruktur. Dafür können Verbund- oder Konzernbildungen sinnvoll sein, aber auch sektorübergreifende Kooperationsmodelle.
Wesentlicher Einflussfaktor für Krankenhausschließungen, Fusionen, Kooperationen und Verkäufe ist die Vergütung der Krankenhausleistungen über Fallpauschalen. Daneben sind die landespolitische Krankenhausplanung und die duale Finanzierung (Betriebskosten finanzieren die Krankenkassen, Investitionen werden durch das Land finanziert) von maßgeblicher Bedeutung. Weil eine patientenorientierte Krankenhausbehandlung nur mit zeitgerechter apparativer Ausstattung und baulicher Infrastruktur möglich ist, wird ein Investitionsstau recht bald versorgungsrelevant. Zudem steigen die Ansprüche der Patient(inn)en an moderne Räumlichkeiten, neueste Technik und Behandlungsmöglichkeiten. Auch die digitalen Möglichkeiten verändern die Erwartungen der Patient(inn)en gravierend. Sie fordern zu Recht digitale Lösungen über mobile Geräte für Benachrichtigungen, Arztbriefe und Terminabsprachen. Hierfür braucht es zwingend entsprechende Investitionsmittel. Doch die Kalkulation vieler Krankenhäuser musste im DRG-System zwangsläufig dem erhöhten Kostendruck gehorchen, die Investitionskraft in Kommunikationssysteme zu den Patient(inn)en leidet darunter. Zahlreiche katholische Krankenhäuser und Träger haben einen großen Wandel bewältigt - aber eben auch durch Spezialisierung, Schließungen, Fusionen oder Verkäufe von Betriebsstätten.
Tradition und Lage einzelner Krankenhäuser beachten
Der Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln hat solche Prozesse mit begleitet. In einer vom Kölner Generalvikar eingesetzten Krankenhaus-Kommission zur Bewertung genehmigungspflichtiger Rechtsgeschäfte der Krankenhausträger wurden wiederholt Krankenhausstrategiegespräche und Workshops mit Vertreter(inne)n verschiedener Träger durchgeführt, die der Verbundenheit von Planungsprozessen dienten. Die Bildung größerer Gesellschaften kann aus wirtschaftlichen und medizinischen Gründen sehr klug sein, ebenso wie die Weiterentwicklung von Leistungsspektren zwischen Krankenhäusern. Strukturveränderungen sind allerdings oft auch ein "Politikum". Es gilt Selbstverständnis, Tradition und Lage einzelner Krankenhäuser zu beachten, ebenso die gesundheitspolitisch dominierte Krankenhausplanung und -finanzierung. Auch untersagen die Kartellbehörden sinnvolle Zusammenschlüsse und Kooperationen.
Eine der größten Herausforderungen für die Krankenhäuser ist der Fachkräftemangel. Er wird im Zuge des demografischen Wandels immer schärfer werden und nicht durch das Gewinnen von Personal aus dem Ausland bewältigt. Der Diözesan-Caritasverband unterstützt die katholischen Krankenhäuser im Erzbistum Köln darin, auch zukünftig für Fachkräfte attraktiv zu sein. Gute Arbeitszeitmodelle und einladende Aktionen sollen mehr Frauen und Männer für den Pflegeberuf begeistern, man beteiligt sich an Initiativen zur Personalgewinnung und unterstützt mit "Dialog! Pflege - Bildung - Glaube - Ethik" die katholischen Pflegeausbildungsstätten in der expliziten Einbeziehung und Gestaltung religiöser und ethischer Unterrichtsinhalte.
Orte der Präsenz katholischen Lebens
Krankenhäuser sind nicht nur Orte hoher fachlicher Kompetenz, sondern auch Orte der Präsenz katholischen Lebens, an denen die Gegenwart Gottes erfahrbar und sein Wirken in der Welt sichtbar werden kann. Die existenziellen Erfahrungen von Hilflosigkeit, Verletzlichkeit und Endlichkeit, die für uns alle mit Zeiten von Krankheit und Krankenhausaufenthalt verbunden sind, werfen sehr persönliche Fragen über die Welt, Gott und unseren Glauben auf.
Die Welt bewundert Deutschland für seine Krankenhäuser. Durch die Corona-Pandemie tritt ihre Bedeutung sehr klar vor aller Augen. Die wiederkehrende Behauptung von viel zu vielen Krankenhäusern und angeblich viel zu vielen Behandlungen gerät unter Rechtfertigungsdruck. Will doch momentan wohl keiner mehr der Kosteneffizienz als oberster Maxime eines kommerzialisierten Medizinbetriebs das Wort reden. Mindestens die strategische Bettenreserve für gesundheitliche Gefahrenlagen muss nun offenbar eingepreist werden. Und für Mitarbeitende und den beruflichen Nachwuchs muss der Arbeitsplatz im Krankenhaus persönlich interessant, menschlich berührend und am Wohle der Patient(inn)en orientiert sein, damit sie kommen- und bleiben.
Natürlich kann nicht jeder einzelne Krankenhausstandort im Zuge der Neuaufstellung des Krankenhausplanes in NRW um jeden Preis erhalten werden. Doch es gilt, für eine gute Gesundheitsversorgung mit katholischen Krankenhäusern auch in der Fläche weiterhin Sorge zu tragen, um der Nähe zu den Menschen willen.
Endlich handeln!
Katholische Krankenhäuser: Garant in der Daseinsvorsorge
Nicht jedes Krankenhaus ist um jeden Preis zu retten
Übergeordnete Ziele ermöglichen bedarfsorientierte Spitalplanung
Ausbildung zeitgemäß gestaltet
Über Demokratie sprechen und sie erleben
Berater sind auch „nur“ Männer
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