Die richtige und zukunftsfähige Rechtsform für ambulante Pflegeeinrichtungen finden
Die aktuelle Konsolidierungs- und Konzentrationswelle im ambulanten Pflegemarkt zwingt die Entscheidungsträger verstärkt, die rechtlichen, organisatorischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der eigenen Einrichtung kritisch zu hinterfragen. Durch eine fundierte Wirtschaftlichkeits- und Organisationsanalyse können regel-
mäßig bestehende wirtschaftliche Entwicklungspotenziale aufgezeigt und zusätzliche Überschüsse erzielt werden. Die Beratungspraxis zeigt jedoch, dass die (erfolgreiche) wirtschaftliche Reorganisation zwingend durch eine Überprüfung der rechtlichen Gegebenheiten begleitet werden muss. Zunächst werden die Vor- und Nachteile der gängigen Rechtsformen betrachtet, danach die rechtlichen Rahmenbedingungen von freigemeinnützigen Pflegediensten und wie diese optimal ausgestaltet werden können.
Die Ausgangslage der Pflegedienste
In den letzten Jahren ist deutlich zu erkennen, dass das Wachstum in der ambulanten Pflege fast ausschließlich durch die privaten Einrichtungen generiert wird. Damit verändert sich perspektivisch der Charakter der Anbieterlandschaft deutlich.
Umfassende Wirtschaftlichkeits- und Organisationsanalysen zeigen in der Regel auf, dass die operative und strategische Führung der freigemeinnützigen Sozialstationen nicht immer optimal durch den rechtlichen Rahmen gedeckt wird. In diesem Zusammenhang werden im Wesentlichen die Punkte Entscheidungswege, Haftung der Ehrenamtlichen, Zusammensetzung der Gremien, Sicherung des Vermögens (zum Beispiel Grundstücke, Gebäude etc.) und Professionalisierung in der obersten Leitungsebene sowie die Kooperation mit anderen Rechtsträgern kontrovers diskutiert.
Im Bereich der privaten Pflegedienste stellt sich hingegen oft die Frage, ob und in welcher Form das Unternehmen fortgeführt werden soll. Insbesondere die Einzelunternehmen und Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) sehen sich verstärkt mit den Punkten der eingeschränkten Finanzierungsmöglichkeiten und der uneingeschränkten Haftung mit dem Privatvermögen konfrontiert. Vor diesem Hintergrund werden sowohl die Veräußerung der jeweiligen Pflegedienste als auch die Übertragung des Betriebs auf eine GmbH sowie das klassische Verpachtungsmodell als naheliegende beziehungsweise sinnvolle Alternativen angesehen.
Die kommunalen Träger müssen sich zunehmend der Thematik stellen, inwieweit das Vorhalten von ambulanten Pflegediensten zu den Kernaufgaben der politischen Gemeinden gehört. Darüber hinaus ist zu beobachten, dass die zuständigen Haushalts- und Finanzausschüsse der Rechtsform des Eigenbetriebs zunehmend kritisch gegenüberstehen und die gGmbH vor diesem Hintergrund als eine sinnvolle Alternative betrachtet wird. Im Gesamtmarkt treten die kommunalen Träger nur noch vereinzelt als Anbieter ambulanter Dienstleistungen auf.
Unsicherheiten in der operativen Steuerung
In der derzeitigen Ausgangssituation werden zahlreiche freigemeinnützige Pflegedienste in der Rechtsform des Vereins geführt. Strukturell werden in diesen Fällen die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) vorgesehenen Organe Mitgliederversammlung und Vorstand oft durch ein Aufsichtsorgan (Aufsichtsrat, Verwaltungsausschuss etc.) ergänzt. Das Tagesgeschäft wiederum wird durch die (fest angestellte) Geschäftsführung geleitet, die in der Regel mit umfassender (faktischer/rechtlicher) Vertretungsmacht ausgestattet ist. Erfahrungsgemäß gibt es hierbei in der operativen Steuerung große Unsicherheiten, inwieweit die getätigten Geschäfte durch die internen Vorgaben (Geschäftsordnung, Vorstandsbeschluss etc.) beziehungsweise durch § 30 BGB (Besonderer Vertreter) gedeckt sind. Es zeigt sich verstärkt, dass die operativ handelnden Personen mit den Gegebenheiten unzufrieden sind und eine klare (organisatorische) Positionierung - mit entsprechendem Handlungsrahmen - herbeigeführt werden muss. Hierdurch kann aus Praktikersicht zukünftig sowohl eine Bindung der Führungskräfte (Aufwertung der Position) als auch eine Beschleunigung der Entscheidungswege sichergestellt werden.
Aus Sicht der ehrenamtlichen Vorstände zeigt sich wiederum verstärkt, dass die fachlichen und personellen Ressourcen oftmals begrenzt sind. Unter Berücksichtigung einer stetig steigenden Komplexität der Geschäftstätigkeit in der ambulanten Pflege, verbunden mit einer hohen Personalverantwortung, erwachsen hieraus immer höhere Anforderungen an ehrenamtliche Vorstände, denen es gerecht zu werden gilt. Insbesondere aber muss in diesem Zusammenhang beachtet werden, dass der Vorstand als gesetzlicher Vertreter des Vereins letztlich für die gesamte Geschäftstätigkeit der Einrichtungsleitung verantwortlich ist und haftet. Eine Exkulpation durch Übertragen der Geschäftsführungsaufgaben ist gesetzlich nicht vorgesehen.
Im Rahmen der strategischen Ausrichtung stellt sich in zahlreichen Fällen zusätzlich die Frage, ob und in welcher Form man mit anderen Einrichtungen zusammenarbeiten will und kann. Die Punkte Sicherstellung des Vermögens und zukünftige Einflussmöglichkeiten der Vereinsmitglieder werden dabei kritisch diskutiert und müssen dementsprechend sorgfältig betrachtet werden.
Lösungsansätze für freigemeinnützige Einrichtungen
Fraglich ist, in welcher Organisationsstruktur die Einrichtung zukunftsfähig gestaltet werden kann. In der Beratung haben sich - je nach Ausgangssituation - die Lösungsansätze "Vereins-Modell", "Verein- & -GmbH-Modell" und "GmbH-Modell" etabliert.
Im sogenannten Vereinsmodell wird die bestehende Vereinsstruktur an die tatsächlichen Gegebenheiten angepasst. Die Position des ehrenamtlichen Vorstands wird in eine hauptamtliche Tätigkeit überführt und durch die bisherige Geschäftsführung (Regelfall) ausgeübt. Die bisherigen Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsgremiums besetzen hierbei den verkleinerten und fachlich aufgewerteten Aufsichtsrat neu.
Diese veränderte Vereinsstruktur kann durch eine notariell begleitete Satzungsänderung einfach umgesetzt werden; gleichzeitig reduzieren sich personelle Probleme bei der Gremienbesetzung. In der neuen Organfunktion hauptamtlicher Vorstand können die Führungskräfte die Steuerung und strategische Neuausrichtung der Sozialstation - mit den entsprechenden Rechten und Pflichten - zügig umsetzen. Der ehrenamtliche Aufsichtsrat übernimmt (wie vorher auch) die Wahl, Aufsicht und Beratung des neuen Vorstands. Die Kernziele Haftungsbegrenzung der Ehrenamtlichen und Schaffung qualifizierter Aufsichts- und Leitungsstrukturen können so zielgerichtet und innerhalb kurzer Zeit erreicht werden. Die haftungsrechtliche Absicherung des Vermögens lässt sich hierdurch indes nicht erzielen.
Alternativ kann eine bestehende Vereinsstruktur in eine GmbH in Form der Gesamtrechtsnachfolge umgewandelt werden. Die GmbH kann zusätzlich zur Gesellschafterversammlung und der Geschäftsführung mit einem Aufsichtsrat ausgestattet werden. Die bisherige Einrichtungsleitung des Vereins übernimmt in diesem Modell die Geschäftsführung gemäß den Vorgaben des GmbH-Gesetzes. Sofern der Verein Grundvermögen besitzt, wird durch den Formwechsel keine Grunderwerbsteuer ausgelöst.
Als Nachteil wird teilweise angesehen, dass der Formwechsel keine Haftungstrennung zwischen dem Vermögen und dem operativen Geschäft bewirkt und Veröffentlichungspflichten und gegebenenfalls Prüfungspflichten zur Folge hat.
Zur Sicherstellung des Vereinsvermögens (Trennung von Betrieb und Immobilien) sowie bei "faktischen Übernahmen" durch andere Träger hat sich das Verein-&-GmbH-Modell bewährt. Hierbei kann durch eine Bargründung und eine Betriebsübertragung gemäß § 613?a BGB eine Betriebsgesellschaft gegründet und der bestehende Verein Gesellschafter beziehungsweise Vermieter der GmbH werden. Hinsichtlich der Immobilien bleibt festzuhalten, dass in diesem Modell keine Grunderwerbsteuer anfällt und das Vermögen vom operativen Risiko der ambulanten Pflege getrennt wird. In diesem Zusammenhang sind die Punkte Versorgungsverträge, Zusatzversorgungskasse und Mittelverwendungsrechnung sowie die Refinanzierung der Immobilien individuell zu prüfen. Mögliche Kooperationspartner können sich hier als Gesellschafter der GmbH konzeptionell und wirtschaftlich einbringen.
Welche Vorgehensweise für den freigemeinnützigen Träger richtig ist, kann nur für den Einzelfall entschieden werden. In Tabelle 2 (S. 29) werden wichtige Entscheidungskriterien dafür genannt.
Im Rahmen einer Bestandsaufnahme sollten die Entscheidungsträger die skizzierten Themen kritisch diskutieren und gemeinsam mit einem erfahrenen Berater die gesellschaftsrechtlichen und wirtschaftlichen sowie steuerlichen Handlungsoptionen beleuchten. Schließlich bleibt festzuhalten, dass mit der richtigen Rechtsform die Weichen für die Sicherung der Unternehmenszukunft (neu) gestellt werden.
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